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Kreis Bautzen: Hohe Waldbrandgefahr trotz viel Regen im Frühjahr

Trotz des feuchten Frühjahrs ist die Waldbrandwarnstufe im Landkreis Bautzen bereits hoch. Wie Experten das bewerten und welche Rolle der Klimawandel spielt.

Von Katja Schlenker
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Anfang Juni 2023 gab es einen Waldbrand im Landkreis Bautzen zwischen Oberlichtenau und Haselbachtal. Das Feuer konnte relativ schnell eingedämmt werden.
Anfang Juni 2023 gab es einen Waldbrand im Landkreis Bautzen zwischen Oberlichtenau und Haselbachtal. Das Feuer konnte relativ schnell eingedämmt werden. © Archivfoto: xcitepress

Bautzen. Nach einem eher kühlen und feuchten Frühjahr nimmt der Sommer seit Anfang Juni 2023 langsam Fahrt auf. Die Folge: Die Waldbrandwarnstufe im Landkreis Bautzen ist direkt angestiegen. War es im Frühjahr also gar nicht so regnerisch, wie manche das empfunden haben? Wie ist man im Landkreis Bautzen auf Waldbrände vorbereitet? Sollte man Wälder momentan eher meiden? Sächsische.de hat nachgefragt.

„Das Frühjahr war regional etwas nasser als das Klimamittel, das ist korrekt“, bestätigt Diplom-Meteorologe Sebastian Balders von der Niederlassung Leipzig beim Deutschen Wetterdienst. An der Wetterstation Kubschütz fielen im Februar 2023 zum Beispiel 120 Prozent Niederschlag – also 20 Prozent mehr als normal. Im März 2023 waren es sogar 144 Prozent und im April 128 Prozent.

Mai und Juni viel zu trocken im Landkreis Bautzen

Aber: „Bereits der Mai brachte nur knapp 33 Prozent des Solls an Niederschlag und der aktuelle Monat Juni ist ohnehin viel zu trocken bisher“, resümiert der Experte. Doch wie viel Wasser würden die Böden im Landkreis Bautzen benötigen, um sich von der Trockenheit zu erholen? Das könne man so nicht beantworten.

Was auf jeden Fall nicht helfe, sei Starkregen innerhalb kurzer Zeit, da der trockene Boden viel Niederschlag in kurzer Zeit nicht aufnehmen könne. „Ein im Volksmund geläufiger Landregen – also ein leichter Regen über ein paar Tage – wäre hier eher von Vorteil, ist aber nicht in Sicht“, erklärt Sebastian Balders.

Das bestätigt Sprecherin Christin Gädigk vom Bereich Forstbezirk Oberlausitz beim Staatsbetrieb Sachsenforst: „Die günstigen, von März bis April überdurchschnittlichen Niederschlagsverhältnisse konnten das große Niederschlagsdefizit, welches sich seit 2018 aufgebaut hat, aber nicht ausgleichen. Hierzu müssten deutlich länger deutlich höhere Niederschläge fallen.“

Die Waldbrandgefahrenstufen 3 und 4 seien insbesondere für den nördlichen Teil des Landkreises Bautzen im Juni durchaus üblich, erklärt Sprecher Renke Coordes vom Staatsbetrieb Sachsenforst: „Der Norden des Landkreises Bautzen gehört zur sogenannten Waldbrandgefahrenklasse A, welche Gebiete umfasst, die grundsätzlich besonders waldbrandgefährdet sind.“

Seit 2018 waren vier Sommer zu trocken

Die Gründe liegen in den grundsätzlich höheren Durchschnittstemperaturen und niedrigeren Durchschnittsniederschlägen im Tiefland, den wasserdurchlässigen Sandböden und den weit verbreiteten Kiefernbeständen, deren abgestorbene Nadeln eine relativ hohe Zündbereitschaft zeigen.

Grundsätzlich steige die Waldbrandgefährdung mit dem forstschreitenden Klimawandel. So seien seit 2018 vier Sommer im Vergleich zum langjährigen Mittel zu trocken gewesen. „Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass eine Zunahme der Waldbrandgefährdung eine Zunahme von Waldbränden nicht notwendigerweise bedingt“, erläutert Renke Coordes. „Da fast alle Waldbrände durch fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln von Menschen verursacht werden, muss die Anzahl der Waldbrände nicht mit der Gefährdung steigen, wenn sich alle an die Regeln halten, um Waldbrände zu verhindern.“

Zuletzt brannte der Wald in Mecklenburg-Vorpommern nahe Lübtheen. Einwohner mussten zeitweise ihre Häuser verlassen, weil unter anderem die Ortschaft Volzrade evakuiert wurde.
Zuletzt brannte der Wald in Mecklenburg-Vorpommern nahe Lübtheen. Einwohner mussten zeitweise ihre Häuser verlassen, weil unter anderem die Ortschaft Volzrade evakuiert wurde. © Archivfoto: dpa/Steven Hutchings/TNN

Im Landkreis Bautzen beobachtet man die Situation. Hier wird ein sogenanntes AWFS – ein Automatisches Waldbrandfrüherkennungssystem – betrieben. „An sechs Standorten sind Türme mit Kameras ausgestattet, die ihre Daten über Richtfunk in die Zentrale nach Hoyerswerda senden und dort ausgewertet werden“, erklärt Sprecherin Sabine Rötschke vom Landratsamt. „Zwei weitere Türme sind mit Beobachtern besetzt.“ Brände würden so in der Regel früh erkannt und Einsatzkräfte im Ernstfall rasch alarmiert.

Die aktuelle Lage sei besorgniserregend – „zumal durch die Schadholzberäumung nach den Massenvermehrungen von Borkenkäfern sowohl in der Kiefer, als auch in der Fichte sehr viel brandtaugliches, trockenes Holz in den Wäldern liegt“, teilt die Sprecherin mit. „Fachleute sprechen von einer sehr hohen Brandlast.“ Die Folge: Im Ernstfall kommt es dadurch zu höheren Temperaturen. Brände können sich schneller ausbreiten. Betroffene Fläche sind schlechter zugänglich. Damit steigen die Risiken für die Einsatzkräfte.

Feuerwehr bei Waldbränden im Einsatz

Besonders vorbereitet sind die Feuerwehren auf Waldbrände nicht. Im Ernstfall wird die Standardbeladung eingesetzt. Das gilt auch bei Vegetationsbränden wie jüngst bereits zwischen Oberlichtenau und Haselbachtal aufgetreten. „Teils sind die Fahrzeuge auch mit genormten Beladungssätzen ausgestattet, unter anderem ergänzendem Schlauchmaterial oder Löschrucksäcken“, informiert Sabine Rötschke. „Teils wird Sonderausstattung, zum Beispiel Düsenschläuche oder Hack- und Kratzwerkzeug sowie Schutzbekleidung vorgehalten.“ Ferner gebe es Sonderlehrgänge.

„Grundsätzlich gilt, dass ab der mittleren Waldbrandgefahrenstufe 3 eine erhöhte Wachsamkeit hinsichtlich der Verhinderung von Waldbränden durch das Handeln im Wald oder in dessen Nähe gelten sollte“, erklärt Renke Coordes. „Grundsätzlich wird empfohlen, in den am stärksten waldbrandgefährdeten nord- und nordostsächsischen Kiefernwäldern bei hoher und sehr hoher Waldbrandgefahr der Stufe 4 und 5 die Hauptwege im Wald nicht zu verlassen oder auf einen Waldbesuch zu verzichten.“

Im Sommer 2022 war der umfangreiche Waldbrand in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz bundesweit in den Schlagzeilen. Auch Löschhubschrauber der Bundespolizei waren damals im Einsatz.
Im Sommer 2022 war der umfangreiche Waldbrand in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz bundesweit in den Schlagzeilen. Auch Löschhubschrauber der Bundespolizei waren damals im Einsatz. © Archivfoto: Matthias Rietschel

Dann könne das Betreten des Waldes auch untersagt werden. Jedoch: „Die vor der Wende geltenden Sperrungen von Wäldern bei hoher Waldbrandgefahr werden im Landkreis Bautzen nicht umgesetzt“, sagt Landkreis-Sprecherin Sabine Rötschke. „Der weitaus größte Teil der Bürger ist im Wald zur Erholung unterwegs und hat so auch ein eigenes Interesse an dessen Erhalt.“ Rauchen und offenes Feuer seien im Wald verboten. Ebenso dürften Zufahrten nicht zugeparkt und Waldwege nicht mit Motorfahrzeugen befahren werden.

Klimawandel setzt Wald im Landkreis Bautzen zu

Doch nicht nur Waldbesucher, sondern auch Waldbesitzer können etwas tun: Eine langfristig wichtige Maßnahme, um die Waldbrandgefahr zu reduzieren, sei der Waldumbau, erklärt Christin Gädigk vom Forstbezirk Oberlausitz. Von Nadelholz dominierte Bestände sollen zu strukturreichen Mischbeständen mit hohen Laubholzanteilen umgewandelt werden. Diese weisen eine deutlich niedrigere Waldbrandgefährdung auf und regenerieren im Brandfall schneller.

Weitere prophylaktische Maßnahmen zum Waldbrandschutz werden beim Forstbezirk Oberlausitz im Staatswald umgesetzt. Dort werden zum Beispiel Feuerlöschteiche unterhalten, Wundstreifen entlang von stärker frequentierten Straßen angelegt und Waldbrandschutzriegel in den Wäldern gepflegt. Diese bestehen aus Bäumen, die verhindern sollen, dass Waldbrände sich ausbreiten.

„Im Landkreis Bautzen nimmt der Staatswald aber nur einen kleineren Anteil an der Waldfläche ein“, erklärt Christin Gädigk. „Neben kommunalem und kirchlichem Waldbesitz dominiert hier vor allem der Privatwald.“