Theatersommer: Er ist das Biest von Bautzen
Bautzen. Sieben Leben werden normalerweise nur Katzen zugesprochen. Wenn man Marten Baum beim Erzählen seiner Abenteuer zuhört, bräuchte der junge Mann aber vielleicht noch ein paar mehr. Der 28-Jährige ist Stuntman und derzeit für den Bautzener Theatersommer in der Stadt zu Gast. Dort mimt er das Biest von Bautzen - und damit Sherlock Holmes' Gegenspieler - immer genau dann, wenn's brenzlig wird.
Als Stuntman hat Marten Baum schon gebrannt, ist unzählige Male metertief gestürzt, hat mit und ohne Waffen mehrere Kämpfe ausgefochten. "Ich liebe diesen Beruf, weil er so vielfältig ist", sagt er. Der gebürtige Berliner ist freiberuflicher Stunt-Darsteller. Er kam eher durch Umwege zu diesem außergewöhnlichen Beruf. Eigentlich ist er ausgebildeter Tänzer, als solcher hatte er Engagements beim Bayerischen Staatsballett sowie am Berliner Friedrichstadt-Palast.
Dabei kam er am Rande immer wieder mit Stunt-Darstellern in Kontakt und lernte für einige Aufführungen von ihnen. "Irgendwann merkte ich, dass ich Lust hatte, mehr in dem Bereich zu machen", erzählt Marten Baum. Er begleitete die Stunt-Darsteller bei Filmproduktionen, absolvierte Workshops und probierte sich aus. Schritt für Schritt wandelte sich der Tänzer zum Stuntman. Seit vier Jahren ist sein Leben nun gefährlicher.
Gefährliche Stunts müssen so sicher wie möglich sein
Einen Teil des Sommers verbringt Marten Baum beruflich dieses Jahr in Bautzen, weil er als Stuntman für den Theatersommer gebucht wurde. Noch bis Sonntag wird das Stück "Sherlock Holmes - das Biest von Bautzen" auf der Ortenburg gezeigt. "Ich habe mich im Vorfeld mit Bautzen beschäftigt und find's echt süß hier", sagt der Berliner. Immer abends, gegen 19.30 Uhr zum Vorstellungsbeginn, wird Marten Baum in der Maske verwandelt.
Als schauriges Biest, das die Stadt in Angst und Schrecken versetzt, taucht er mehrmals in dem Stück auf, schlägt um sich, faucht und liefert sich beim Showdown mit Sherlock Holmes einen Kampf auf der Spitze des Reichenturms. Die eigentliche Rolle des Parteisekretärs, der aufgrund eines Serums zum Biest mutiert, besetzt Marian Bulang als Schauspieler des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters.
Als Stuntman bleibt Marten Baum im Hintergrund und ein stummes Double. "Meist ist es ja der Job, eben nicht erkannt zu werden", sagt der 28-Jährige und lacht. Doch bei Kämpfen könne er ein bisschen im Vordergrund stehen - auch, wenn er unerkannt bleiben muss. Beim Theatersommer ist er übrigens nicht nur als Biest zu sehen, sondern auch als Hausmeister und sogar als Sherlock Holmes.
Die Stunts stehen meist im Drehbuch, müssen aber auch vor Ort geprobt werden - denn die Vorstellungen und das Machbare liegen manchmal weit auseinander. "Das Wichtigste ist bei diesem Beruf die Sicherheit. Die Stunts sind gefährlich, müssen aber so sicher wie möglich sein", sagt Marten Baum.
Feuer-Stunt war eine eindrückliche Erfahrung
Dass er trotz der Sicherheitsvorkehrungen einen gefährlichen Job hat, macht Marten Baum sich immer wieder bewusst. "Man muss immer im Hinterkopf haben, dass etwas passieren kann. Der Respekt vor den Stunts ist immer da", sagt er.
Wem Marten Baum irgendwie bekannt vorkommt: Er ist in einigen Produktionen für Netflix, Amazon und ARD oder auch live im Filmpark Babelsberg zu sehen. Außerdem hat er in der deutschen Kriminal-Fernsehserie "Babylon Berlin" in Staffel vier eine Nebenrolle übernommen.
Der Stunt, der ihm bis heute am meisten im Gedächtnis geblieben ist, hat mit Feuer zu tun: Mit einem dicken Schutzanzug bekleidet wurde der Stunt-Darsteller in Flammen gesetzt. "Ich habe damit gerechnet, dass es sehr heiß wird. Doch was mich richtig überrascht hat, war die Lautstärke des Feuers", berichtet er.
Bevor Marten Baum auf die Bautzener Bühne geht, muss er sich innerlich auf die Rolle einstellen - immerhin ist ein Biest nicht alltäglich. "Ich schaue mir den Reichturm an, auf dem alles passiert, und gehe alles nochmal durch", sagt er. 28-mal war er bereits Bautzens Biest, fünfmal wird er es bis zum Ende des Theatersommers am 31. Juli noch sein.