SZ + Bautzen
Merken

In Bautzen sind 28 Kilometer Fußwege sanierungsbedürftig

Monatelang wurden Daten zum Fußgängerverkehr in Bautzen gesammelt. Nun ist klar, wie groß der Sanierungsbedarf bei Gehwegen ist und was das kostet.

Von Katja Schlenker
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Viele Fußwege in Bautzen sind in schlechtem Zustand, wie dieser hier an der Stieberstraße. Eine Fußverkehrsstrategie gibt nun Hinweise, was in der Stadt verbessert werden sollte.
Viele Fußwege in Bautzen sind in schlechtem Zustand, wie dieser hier an der Stieberstraße. Eine Fußverkehrsstrategie gibt nun Hinweise, was in der Stadt verbessert werden sollte. © Archivfoto: Steffen Unger

Bautzen. In der Stadt Bautzen soll etwas zugunsten von Fußgängern bewegt werden. Dazu hat die Stadtverwaltung eine sogenannte Fußverkehrsstrategie erarbeiten lassen. Die wurde nun im Beirat für Stadtentwicklung vorgestellt. Was in dem Papier steht und was daraus folgt.

Warum braucht Bautzen eine Fußverkehrsstrategie?

Seit April 2022 wird an einer Fußverkehrsstrategie für die Stadt Bautzen gearbeitet. Sie soll den Verkehrsentwicklungsplan ergänzen. Das Zu-Fuß-Gehen sei nicht nur gesundheitsfördernd und klimafreundlich, sondern wirke sich auch auf Lebens- sowie Aufenthaltsqualität aus, belebe die Innenstadt und fördere so die lokale Wirtschaft, vor allem Handel und Gastronomie.

Die Strategie zeigt, was gut läuft sowie weiter ausgebaut werden kann und wo Mängel zu beseitigen sind. Sie soll Handlungsanweisungen geben, wie die Stadtverwaltung auch mit begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen effizient und zielgerichtet agieren kann.

Zu guter Letzt ist die Fußverkehrsstrategie eine Grundlage dafür, dass die Stadtverwaltung Fördermittel für geplante Maßnahmen beantragen kann, erklärt Planer René Pessier von der Mobilitätswerk GmbH aus Dresden. Er und sein Team haben das rund 90 Seiten umfassende Papier entwickelt.

Wie ist die Strategie entwickelt worden?

Zum einen hat das Team vom Mobilitätswerk eine Bestandsanalyse durchgeführt. Dabei haben sich drei Bereiche herauskristallisiert, in die Bautzen unterteilt werden kann:

  • Innenstadt
  • innenstadtnahe Bereiche
  • ländliche Bereiche

Alle drei haben unterschiedliche Bedarfe. So gibt es in der Innenstadt tendenziell mehr Fußverkehr als im ländlichen Bereich, wozu unter anderem die vier Ortsteile Kleinwelka, Niederkaina, Salzenforst und Stiebitz gehören.

Zum anderen sind Daten von Nutzern erhoben worden. So ist vom 4. Juni bis zum 4. Juli 2022 eine interaktive Online-Umfrage durchgeführt worden sowie am 16. und 21. Juni 2022 eine analoge Befragung von Bürger auf der Reichenstraße und am Bahnhof. Zusätzlich hat es am 22. und 27. September 2022 Stadtspaziergänge mit den Schwerpunkten Innenstadt, mobilitätseingeschränkte Personen und ländliche Bereiche gegeben.

Aus all diesen Daten und auch Hinweisen vom Beirat für Stadtentwicklung ist am Ende die Fußverkehrsstrategie für die Stadt Bautzen zusammengetragen worden.

Welche Schwerpunkte werden in Bautzen gesetzt?

Fünf Leitziele haben die Experten in dem nun vorgestellten Papier festgelegt. Diese sind:

  • Design für alle – barrierefreie Wege
  • konfliktarme, sichere und bedarfsgerechte Gehwege sowie Querungen
  • belebte und soziale Stadt
  • zusammenhängende Netze für den Fußverkehr – Stadt der kurzen Wege
  • Fußverkehr in den ländlichen Ortsteilen stärken

Aus diesen fünf Leitzielen wiederum leiten sich strategische Handlungsfelder und Handlungsziele ab. So sind bei Punkt 3 „Belebte und soziale Stadt“ zum Beispiel vier strategische Handlungsfelder definiert:

  • Fußverkehrsanteil erhöhen
  • Erhöhung des subjektiven Sicherheitsempfindens
  • Steigerung der Aufenthaltsqualität
  • Unterstützung der lokalen Wirtschaft, Tourismusbranche und Gastronomie
Kopfsteinpflaster in der Bautzener Altstadt wie hier in der Fleischergasse macht es Fußgängern oft schwer, vor allem wenn sie etwa mit Rollator unterwegs sind.
Kopfsteinpflaster in der Bautzener Altstadt wie hier in der Fleischergasse macht es Fußgängern oft schwer, vor allem wenn sie etwa mit Rollator unterwegs sind. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Aus diesen vier strategischen Handlungsfeldern wiederum leiten sich dann die Handlungsziele ab, die in der Fußverkehrsstrategie detailliert erläutert werden:

  • Für Punkt 1 „Fußverkehrsanteil erhöhen“ heißt dies zum Beispiel, ein attraktives Angebot an Gehwegen zu schaffen.
  • Für Punkt 2 werden sichere, gut beleuchtete Grünanlagen und öffentliche Plätze angeregt.
  • Zu Punkt 3 gibt es zwei Handlungsziele – attraktiver Fußverkehr zu allen Jahreszeiten und belebte Fußgängerzonen für alle.
  • Für Punkt 4 werden erlebnisreiche Gehwege und Begegnungsstätten vorgeschlagen.

Mitunter gebe es auch simple Lösungen, erklärt Planer René Pessier. An der Reichenstraße gebe es bereits jetzt an der Seite Bereiche, wo kein Kopfsteinpflaster, sondern Platten verlegt sind. Diese Flächen könnten auch mit Rollstuhl oder Rollator genutzt werden. Das Problem: Aktuell sind diese Bereiche oft als sogenannte Sondernutzungsflächen belegt. Das heißt, Geschäfte präsentieren dort ihre Waren und Gastronomen haben dort Sitzgelegenheiten platziert.

Wie viel muss Bautzen in den Fußverkehr investieren?

Vor allem in der Innenstadt müsse das Ziel sein, den Fußverkehr in Zukunft zu priorisieren – parallel zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), sagt René Pessier. Im ländlichen Raum hingegen müsse man die Bedeutung des Fußverkehrs neu bewerten. Dort liege die Ausrichtung momentan auf dem mobilen Individualverkehr.

Insgesamt 27.852 Meter Gehweg in der Stadt Bautzen haben Sanierungsbedarf. Die Kosten für die Sanierung von Haupt- und Nebenrouten stellen sich wie folgt dar:

  • Innenstadt: 1,14 Millionen Euro
  • innenstadtnahe Bereiche: 5,75 Millionen Euro
  • ländliche Bereiche: 1,47 Millionen Euro
  • insgesamt: 8,35 Millionen Euro

Seine grundsätzliche fachliche Empfehlung laute, ein festes jährliches Budget in den städtischen Haushalt einzustellen, resümiert René Pessier. Außerdem empfiehlt der Experte, diverse Förderprogramme intensiver zu nutzen und sich zunächst auf die Hauptrouten zu fokussieren, die in der Fußverkehrsstrategie definiert sind.

Die Mitglieder im Beirat für Stadtentwicklung stimmten dem Papier letztlich bei zwei Enthaltungen zu. Der Stadtrat wird voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 5. Juli 2023 über die Fußverkehrsstrategie entscheiden.