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Bürgerpolizistin in Bischofswerda: Wie Johnny Depp ihr Leben veränderte

Dana Fröhlich ist in Bischofswerda die neue Ansprechpartnerin in Uniform. Eigentlich wollte sie mal Friseurin werden. Doch eine Fernsehserie brachte sie auf eine andere Idee.

Von Miriam Schönbach
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Die blaue Kladde begleitet Dana Fröhlich bei allen Rundgängen durch Bischofswerda und die Ortsteile. Die Bürgerpolizistin sagt: "Mich darf man immer ansprechen."
Die blaue Kladde begleitet Dana Fröhlich bei allen Rundgängen durch Bischofswerda und die Ortsteile. Die Bürgerpolizistin sagt: "Mich darf man immer ansprechen." © Steffen Unger

Bischofswerda. Dana Fröhlich macht es kurz. „Das ist mein Traumjob. Ich bin gern Bürgerpolizistin, quasi der alte ABV. Mich darf man immer ansprechen“, sagt die Polizeihauptmeisterin, schnappt sich ihre blaue Kladde und stiefelt von der Polizeistation am Bahnhof in Bischofswerda hoch zum Altmarkt. Es geht zum Bürgeramt, in der Mappe liegt die Anfrage einer Behörde zu einer Melderegisterauskunft.

Dana Fröhlich macht ihrem Namen alle Ehre. Freundlich grüßt sie fast jeden, der ihr an diesem Morgen entgegenkommt. Mit manchem hat sie vielleicht die Schulbank gedrückt, andere kennt die 48-Jährige nur vom Sehen. So wie es eben ist, wenn man in der Kleinstadt arbeitet, wo man auch aufgewachsen ist. Am Stadtrand von Bischofswerda steht das Elternhaus. Als Jugendliche lockt sie eigentlich die Ausbildung als Friseurin. Doch dann kommt alles anders.

Polizeiserie weckt den Berufswunsch

Im Fernsehen läuft ab 1990 „21 Jump Street“. Die Polizeiserie gilt als Durchbruch des damals noch unbekannten Johnny Depp. In der Reihe werden junge Polizeiakademie-Absolventen meist verdeckt in Schulen eingesetzt. Die Ermittler klären Straftaten auf und kümmern sich auch um Liebeskummer, Geldmangel, Trunkenheit oder Drogenmissbrauch.

Der Tatort Klassenzimmer in L.A. begeistert die jugendliche Dana Fröhlich. Ihre Ausbildung bekommt sie bei der Bereitschaftspolizei in Dresden, von dort wechselt sie 1995 erstmals in den Streifendienst nach Bischofswerda. Sechs Jahre später geht es in eine zivile Einsatzgruppe der Kriminalpolizei. „Wir haben verdeckte Ermittlungen und Observationen gemacht oder Haftbefehle realisiert“, sagt die Schiebockerin. Nach drei intensiven Jahren kehrt sie in den Streifendienst in ihrer Heimatstadt zurück – und greift im Oktober 2023 nach der Möglichkeit, Bürgerpolizistin zu werden.

Im Bürgerservice im Rathaus ist an diesem Morgen viel Betrieb. Die Polizeihauptmeisterin meldet sich kurz an und verschwindet dann in einem Büro. Für die Melderegisterauskunft braucht sie nur ein paar Minuten. Doch das ist nur ein Teil ihrer Arbeit. „Ich kümmere mich um Nachbarschaftsstreite, bin in Schulen und Kindergärten, aber auch Seniorenheimen. Wir arbeiten mit den Kommunen zusammen, machen Sicherheitsberatungen bei Firmen und bieten Bürgersprechstunden“, zählt Dana Fröhlich nur einige Aufgaben auf. Deshalb muss sie sich jetzt auch sputen.

Sachsen will Anzahl der Bürgerpolizisten erhöhen

In Bischofswerda-Süd wartet im Kinderhaus Sonnenschein schon eine Mitarbeiterin für eine Absprache zu einem Besuch im Polizeistandort Bischofswerda. „Das Spannende an meiner Aufgabe ist, dass wir als BüPos mit allen Altersgruppen zu tun haben. Zugleich wollen wir mit dem Projekt auch zeigen, dass wir als Polizei mit den Leuten Kontakt auf Augenhöhe haben. Schließlich steckt ja auch in jeder Uniform ein Mensch“, sagt die Bürgerpolizistin und läuft schnell wieder Richtung Revier. Die Zeit ist inzwischen knapp. Deshalb wechselt sie nun aufs Polizeiauto.

In Sachsen sind Bürgerpolizisten seit 1997 unterwegs, sie werden oft verglichen mit dem ABV in der DDR. Jener Abschnittsbevollmächtigte war ein Volkspolizist, der für einen Stadtbezirk oder eine Gemeinde zuständig war. In den 1990er-Jahren gibt es die „Polizisten zum Anfassen“ erst in einigen ausgewählten Stadtzentren und Wohngebieten, doch inzwischen ist ihre Zahl angewachsen.

Zu Beginn des Jahres 2024 äußerte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) den Wunsch, im ländlichen Raum noch mehr Bürgerpolizisten einzusetzen. Derzeit kommt auf 8.000 Einwohner ein Bürgerpolizist, perspektivisch könnte jede Gemeinde mit 4.000 bis 5.000 Einwohnern einen bekommen.

35 Bürgerpolizisten im Landkreis Bautzen

Im Landkreis Bautzen sind aktuell 35 BüPos in den Revieren Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda unterwegs. „In der gesamten Polizeidirektion Görlitz sind es 68 Kolleginnen und Kollegen“, sagt Polizeisprecherin Anja Leuschner. Was muss man mitbringen als Bürgerpolizist? Geduld, Kommunikationsfähigkeit und ein Talent zum Schlichten. Wie sie es schafft, zwei Streithähne am Gartenzaun wieder ins Gespräch zu bringen, verrät Dana Fröhlich jedoch nicht. Ihr Aufgabengebiet erinnert heute noch ein bisschen an Fälle wie bei „21 Jump Street“: kleine Straftaten aus Liebeskummer, Geldmangel, Trunkenheit oder Drogenmissbrauch.

An der Sonnenschein-Kita muss auch der BüPo klingeln. „Guten Tag, hier ist die Polizei. Wir sind angemeldet“, sagt die Polizeihauptmeisterin. In der Luft hängt der Duft von Eierragout. 14 Vorschulkinder wollen den Polizeistandort besuchen. „Es geht durchs ganze Revier von der Funkzentrale über die Arrestzelle bis zur Waffenkammer. Selbstverständlich nehmen wir auch die Fingerabdrücke“, gibt Dana Fröhlich einen kurzen Überblick.

Kita-Sozialarbeiterin Julia Lückewerth wünscht sich aufgrund aktueller Vorkommnisse in der Einrichtung noch Ausführungen zum Thema „Wir nehmen anderen nicht die Sachen weg oder machen sie kaputt“. „Das können wir gern einbauen. Es hat ja viel mehr Gewicht, wenn ein Polizist diese Frage thematisiert“, sagt die Bürgerpolizistin. Dann geht’s zurück an den Schreibtisch. Eine Veranstaltung zum Thema Drogenprävention in der Oberschule muss noch vorbereitet werden. Langweilig wird es bei diesem Pensum und der Vielfalt nicht – und zu verstehen ist, dass Dana Fröhlich sagt: „Das ist mein Traumjob.“

Sprechzeiten der Bürgerpolizistin in Bischofswerda: jeden 2. Freitag im Monat von 9 bis 11 Uhr in der Stadtverwaltung Bischofswerda, Altmarkt 1.