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Lauterbach verspricht schnelle Klärung bei Impfstoffmangel

Bei der Impfstoff-Inventur wurde deutlich, dass zu wenig Corona-Vakzine vorhanden sind. Nun will Gesundheitsminister Lauterbach schnell handeln.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verspricht eine schnelle Klärung bei der Impfstoff-Versorgung in Deutschland. Am Dienstag wurde bekannt, dass zu wenig Impfdosen vorhanden sind.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verspricht eine schnelle Klärung bei der Impfstoff-Versorgung in Deutschland. Am Dienstag wurde bekannt, dass zu wenig Impfdosen vorhanden sind. © Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will nach dem überraschend bekannt gemachten Corona-Impfstoffmangel zum Start ins neue Jahr schnelle Klärungen erreichen. Eine Inventur habe ergeben, dass in den ersten drei Monaten 2022 bisher deutlich weniger ausgeliefert werden könne als jetzt wöchentlich verimpft werde, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch.

Wie groß die Lücke konkret ist, ließ das Ressort offen - stellte aber nähere Angaben dazu an diesem Donnerstag in Aussicht. Ärzte reagierten alarmiert, von SPD und FDP kam Kritik in Richtung von Ex-Minister Jens Spahn (CDU). Die Union verwahrte sich gegen Vorwürfe und verurteilte Lauterbachs Vorgehen.

19 Millionen ausgelieferte Dosen noch nicht verwendet

Mit dem Ergebnis der Bestandsaufnahme kurz nach Amtsantritt hat der neue Minister in der wieder hochgefahrenen Impfkampagne jedenfalls viele aufgeschreckt. "Wir haben einen Impfstoffmangel für das erste Quartal", verkündete er am Dienstagabend in den ARD-Tagesthemen.

Und fügte aber gleich hinzu, er arbeite bereits auf allen Kanälen daran, den Mangel zu beseitigen. "Ich hoffe, dass ich da in den nächsten Tagen eine positive Botschaft übermitteln kann."

Doch wie viele Extra-Dosen werden wann und wofür gebraucht? Primär gehe es darum, die ersten Wochen im Januar vernünftig zu gestalten, erläuterte das Ministerium - dann aber auch das ganze erste Quartal.

Weiterhin soll das Ziel von bis zu 30 Millionen Impfungen bis Jahresende verfolgt werden, so Kanzler Olaf Scholz. (Symbolfoto)
Weiterhin soll das Ziel von bis zu 30 Millionen Impfungen bis Jahresende verfolgt werden, so Kanzler Olaf Scholz. (Symbolfoto) © Michael Reichel/dpa-Zentralbild

Und in den Planungen zusammengebracht werden sollen mehrere, teils neue Aspekte: Weiterhin breit angelegte Auffrischimpfungen mit Blick auf die neue Omikron-Virusvariante, aber auch Nachschub für die schon beschlossene erste Impfpflicht für Personal in Pflegeheimen und Gesundheitseinrichtungen sowie eine mögliche allgemeine Impfpflicht.

Weitgehend klar sind die Ziele bis Jahresende. Kanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte das Ziel von bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen. Davon seien 19 Millionen geschafft. Auch Spahn hatte zugesichert, dass dieses Ziel nicht am Impfstoff scheitern werde und dafür noch extra Lieferungen organisiert.

Mit Stand von Montag waren laut Ministerium knapp 19 Millionen ausgelieferte Dosen von Biontech und Moderna noch nicht als verwendet gemeldet. Und mit Stand von Dienstag sollen in den beiden Wochen vom 20. und vom 27. Dezember insgesamt 22 Millionen weitere Dosen nachkommen.

Alte Regierung hinterlasse "leere Vorratslager"

Dazu, wie es 2022 weitergeht, hielt sich das Ministerium mit Verweis auf noch laufende Klärungen vorerst komplett bedeckt. Vom wichtigsten Lieferanten Biontech sollen - nach bisheriger Planung - in der ersten Jahreshälfte jeden Monat 12 Millionen Dosen kommen, aufgeteilt auf Erwachsenen- und Kinderimpfstoff.

Ex-Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte im Sender TV-Phoenix, er gehe davon aus, dass von den Lieferungen im alten Jahr "noch etwas ist, was Anfang nächsten Jahres auch genutzt werden kann". Wenn es hohe Impfbereitschaft gebe, müsse mit den Unternehmen geredet werden, um mehr Impfstoff zu bekommen.

Tatsächlich läuft die lange stockende Impfkampagne auf Rekordtempo von zuletzt mehr als sechs Millionen Impfungen in einer Woche. Um ein ähnliches Niveau zu halten, könnte also mehr Nachschub erforderlich sein als gedacht.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, nannte die Nachricht von Impfstoffmangel da ein "fatales Signal" an alle im vollen Pandemie-Einsatz. Nötig seien Transparenz und vor allem ganz schnell genug Impfstoffe.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Lauterbach auf, die Fakten sofort auf den Tisch zu legen. Der Vorwurf, er betreibe parteipolitische Schachzüge, schade der Impfkampagne, sagte Vorstand Eugen Brysch.

Neuer Streit kochte aber umgehend hoch. "Statt verantwortungsvoll vorzusorgen, hinterlässt die Vorgängerregierung leere Vorratslager", sagte die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus. Dabei habe Spahn immer betont, dass genügend Impfstoff vorhanden sei.

16 Millionen Impfdosen pro Monat erwartet

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nannte den von Lauterbach festgestellten Mangel im ZDF "schwer irritierend". Die Vorgänger im Gesundheitsministerium hätten da offensichtlich "nicht klar Schiff gemacht".

Für die Union sprang der neue gesundheitspolitische Sprecher Tino Sorge (CDU) in die Bresche. "Karl Lauterbach ruft Feuer, um dann Feuerwehr zu spielen – obwohl er weiß, dass es gar nicht brennt", monierte er in einem Schreiben an seine Fraktionskollegen. Ein Blick auf die Fakten zeige, dass dies "ein durchsichtiges politisches Manöver ist, um die SPD von der Großen Koalition abzusetzen", kritisierte Sorge. Spahn habe eine Reihe von Beschleunigungsmaßnahmen für die Impfungen ergriffen.

Im ersten Quartal 2022 seien bereits mehr als 16 Millionen Dosen von Biontech und Moderna pro Monat zu erwarten, erläuterte Sorge. Dies sei auch genug, um bei gut zwölf Millionen ungeimpften Erwachsenen noch Erst- und Zweitimpfungen machen zu können.

Dass auch kurzfristig mehr Nachschub zu organisieren ist, hatte Spahn im Dezember noch selbst gezeigt - etwa mit vorgezogenen Lieferungen der Hersteller oder der Übernahme von Dosen, die andere EU-Staaten gerade nicht nutzen können. Lauterbach will sein Vorgehen am Donnerstag in der Bundespressekonferenz erläutern. (dpa)