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Wie gut wirken die neuen "Totimpfstoffe", Herr Dalpke?

Der Dresdner Virologe Alexander Dalpke erklärt im CoronaCast die neuen Impfstoffe, blickt auf die Lage in Sachsen und ordnet die Gefahr durch Omikron ein.

Von Fabian Deicke
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Der Dresdner Virologe Alexander Dalpke erklärt im CoronaCast die Proteinimpfstoffe von Novavax und Valneva und was von ihnen zu erwarten ist.
Der Dresdner Virologe Alexander Dalpke erklärt im CoronaCast die Proteinimpfstoffe von Novavax und Valneva und was von ihnen zu erwarten ist. © [M] Marijan Murat/dpa/Sächsische.de

Dresden. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit zwei neue Impfstoffe. Das Besondere an den Präparaten der US-Firma Novavax und des französischen Konzerns Valneva: Es handelt sich um Vakzine, die auf konventionelle Weise hergestellt werden. Nicht-Wissenschaftler bezeichnen die Präparate auch als "Totimpfstoffe" und sehen sie als Mittel, um bisher Unentschlossene zur Impfung zu bewegen.

Im CoronaCast bei Sächsische.de erklärt der Dresdner Virologe Alexander Dalpke die Unterschiede zwischen den beiden neuen Impfstoffen und was sie von den bisher zugelassenen Präparaten abgrenzt. Außerdem blickt der Virologe voraus und ordnet die von der Omikron-Variante ausgehenden Gefahren ein.

Eins ist Dalpke, der an der TU Dresden das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie leitet, immer wichtig: die Dinge wissenschaftlich korrekt einzuordnen. "Und da fängt es beim Begriff an", sagt er. Das Wort "Totimpfstoff" könne man tatsächlich nur in Anführungszeichen verwenden, um die beiden neuen von Novavax und Valneva von den bisher zugelassenen mRNA-Impfstoffen zu unterscheiden. "Formal sind das alles tote Impfstoffe, weil darin jeweils vermehrungsfähige Viren fehlen."

Valneva und Novavax - die Unterschiede

Bei Valneva und Novavax, das noch im Dezember zugelassen werden könnte, handele es sich fachlich richtig ausgedrückt demnach um "proteinbasierte Impfstoffe". Doch diese beiden haben untereinander auch Verschiedenheiten. Hier eine Kurzfassung der Erläuterungen des Virologen:

  • Valneva: Bei diesem Impfstoff wird im Labor das Virus künstlich angezüchtet und in einem chemischen Verfahren deaktiviert. Anschließend wird es mit einem Wirkverstärker, einem sogenannten Adjuvant, versehen und verimpft. Klinische Studien zur Wirksamkeit fehlen noch. Allerdings sei beobachtet worden, dass über 95 Prozent der Probanden nach einer Impfung Antikörper bildeten. "Das ist per se erst mal eine gute Aussage."

  • Novavax: "Dieser Impfstoff funktioniert etwas anders", erklärt Dalpke. Dabei werde das Spike-Protein - also das Protein, das verantwortlich für das Eindringen des Coronavirus in den menschlichen Körper ist - gezielt in einer Zellkultur nachgebildet. "In einem speziellen Verfahren wird das gewonnene Protein gereinigt und anschließend ebenfalls mit einem Impfstoffverstärker gespritzt". Im Gegensatz zu dem Präparat von Valneva gebe es für diesen Impfstoff klinische Daten. "Es gibt eine Studie aus Großbritannien, die zeigt eine Wirksamkeit von 89,7 Prozent gegen symptomatische Infektionen und von fast 100 Prozent gegen schwere Verläufe."

Und sollten bisher Unentschlossene nun tatsächlich warten, bis einer der beiden neuen Impfstoffe in Europa zugelassen wird? "Eigentlich lohnt es sich nicht. Viel wichtiger wäre es jetzt, sich impfen zu lassen", sagt Dalpke und verweist auf die nach wie vor rollende Delta-Wella und die schon millionenfach verimpften wie erprobten bisher zugelassenen Präparate. "Aber", schränkt er ein, "wenn trotz wissenschaftlicher Einordnungen weiterhin bei Menschen größere Ängste entgegenstehen, dann ist es natürlich immer noch besser, sich später mit einem der jetzt in Zulassung befindlichen Impfstoffe impfen zu lassen, als es gar nicht zu tun."

Wie viele Impfungen nötig sein werden, um einen ausreichend hohen Impfschutz zu erlangen, sei noch nicht klar. "Nach meinem Kenntnisstand werden auch zumeist zwei Impfdosen notwendig sein." Dalpke geht aber davon aus, dass auch bei den neuen Impfstoffen eine dritte Dosis zum Erreichen einer vollständigen Schutzwirkung erforderlich sein könnte. Genaueres müssten nun Studien zeigen.

Wie stark wirken die Impfungen gegen Omikron-Variante

Ein zweiter großer Aspekt in der neuen Folge CoronaCast sind die von der neue Omikron-Variante ausgehenden Gefahren. In Dresden ist am Montag der ersten Fall in Sachsen bestätigt worden. "Es gibt dennoch in Deutschland bisher nur vereinzelte Nachweise. In anderen Ländern ist die Verbreitung eventuell etwas schneller." Dalpke rechnet nicht damit, dass die Variante binnen kürzester Zeit vorherherrschend werden könnte.

Was die Wissenschaft bisher wisse, sei, dass zweimalige Geimpfte das Virus nicht mehr ausreichend neutralisieren könnten. Sie seien deshalb anfälliger für Ansteckungen und Erkrankungen. "Den Booster, also die Auffrischung, könnte man vor diesem Hintergrund vielleicht auch eher als das Abschließen einer Grundimmunisierung sehen." Dreifach Geimpfte hätten demnach ein geringeres Risiko schwer zu erkranken.

Außerdem Inhalte des Gesprächs:

  • Warum Omikron ansteckender aber offenbar nicht gefährlicher sein könnte
  • Die Inzidenz ist rückläufig: Sehen wir ein Abebben der Welle?
  • Diskussion zur vierten Impfung läuft: Müssen wir uns bald wirklich ständig impfen?

Das Podcast-Gespräch wurde über einen Videoanruf aufgezeichnet. Alle am Gespräch beteiligten Personen saßen ausreichend weit voneinander getrennt an verschiedenen Orten.

Hier sind ergänzende Links zu Themen, auf die in der Folge Bezug genommen wird:

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