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Wuschelkopf der Edeka-Werbung schießt Eigentor

Letzte Woche hat die Plakatfigur die Kaufland-Konkurrenz angezählt, jetzt kritisiert die Dame lange Wege. Dabei gerät sie in Widerspruch zu Edekas eigenem Vorgehen in Glashütte.

Von Franz Herz
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Diese Werbung mit dem Wuschelkopf hat Edeka ganz in der Nähe der Kaufland-Filiale in Dippoldiswalde-Reinholdshain plakatiert.
Diese Werbung mit dem Wuschelkopf hat Edeka ganz in der Nähe der Kaufland-Filiale in Dippoldiswalde-Reinholdshain plakatiert. © Karl-Ludwig Oberthür

Die Edeka-Werbung sorgt diese Woche wieder für Verwunderung im Osterzgebirge. Dieselbe junge Dame mit dem Wuschelkopf und dem gelben Kapuzenpullover, die sich vergangene Woche über Kaufland aufgeregt hat, ist auch diese Woche im Prospekt des Lebensmittelhändlers zu sehen. Jetzt stellt sie fest, dass es ungünstig sei, lange Wege für einen Einkauf zurückzulegen. „Das klingt für mich wie Hohn“, sagt dazu Helmut Geyer aus Glashütte.

Glashütter müssen jetzt weite Wege fahren

Der Uhrenkonstrukteur im Ruhestand war mit seiner Frau Stammkunde bei dem Glashütter Edeka-Markt, der rund einen halben Kilometer von seiner Wohnung entfernt lag. Ende April hat der Markt aber geschlossen. „Wir haben praktisch alles dort geholt“, sagt Helmut Geyer. „Jetzt müssen wir weite Wege fahren.“ Seine Frau ist schon mit dem Fahrrad nach Schlottwitz zu Netto gefahren. Aber das Angebot des Discounters stellte sie nicht zufrieden. Noch können Geyers mit dem Auto zum Einkaufen fahren. „Aber wir müssen auch mal sehen, ob wir mit dem Zug nach Altenberg zum Einkaufen fahren können“, sagt Geyer.

Keine gleichwertige Alternative in der Uhrenstadt

Eine gleichwertige Alternative nach der Schließung des Glashütter Edeka gibt es in der Uhrenstadt nicht. Die nächsten Discounter-Märkte sind in Schlottwitz oder Geising zu finden. Wer seine Besorgungen in einem Einkaufsmarkt mit vollem Sortiment machen will, muss nach Dippoldiswalde, Altenberg oder Heidenau fahren. Lange Wege, das ist genau das, was die Edeka-Werbung als ungünstig darstellt.

Anett Löwe aus dem Glashütter Ortsteil Dittersdorf sagt dazu: „Ich habe vor allem beim Einkaufen die älteren Leute gesehen, die mit ihren Wägelchen gekommen sind. Für die tut es mir echt leid, dass der Edeka jetzt geschlossen hat.“

Niemand mehr unterwegs in der Stadt

Auch im Stadtbild von Glashütte macht sich das Fehlen des Marktes bemerkbar. Eine Mitarbeiterin des Friseurstudios Hautnah beobachtet: „Jetzt sind viel weniger Leute auf der Straße. Es ist wie ausgestorben. Vorher sind vor allem die älteren Leute aus der Oberstadt am Vormittag in den Edeka gegangen. Jetzt ist da kaum noch jemand unterwegs.“

Wenn Edeka dann selbst in seinem Prospekt feststellt, dass lange Wege ungünstig seien, passt das wie die Faust aufs Auge. Die Entscheidung im eigenen Haus, die lange Wege zum Einkaufen erzwingt, widerspricht dem.

Edeka-Pressesprecher Stephan Trutschler sagt: „Diese Werbung passt zugegebenermaßen nicht zur Situation in Glashütte. Wir wären dort aber gerne mit einem Markt geblieben. Es hat sich dort allerdings kein passendes Grundstück für eine Erweiterung gefunden.“

Werbung zählt Kaufland direkt vor der Tür an

Die Edeka-Werbung hat schon vergangene Woche Aufsehen erregt. Damals richtete sie sich direkt gegen den Konkurrenten Kaufland. Dieselbe junge Dame im gelben Pullover meinte, dass es ungünstig sei, dort Mitarbeiter suchen zu müssen. Edeka hat dieses Motiv nicht nur mit seinem Angebotsheft an alle Haushalte verteilen lassen. Es ist auch der direkten Konfrontation nicht aus dem Weg gegangen und hat die Werbeaussage auch noch als Plakatmotiv drucken lassen. In Reinholdshain ist das seit letzter Woche an Bushaltestellen direkt neben der Kaufland-Filiale plakatiert.

Früher war vergleichende Werbung verboten

Diese Art, sich mit dem Wettbewerber direkt zu vergleichen ist in Deutschland relativ ungewöhnlich und war bis zum Jahr 2000 auch als unlauterer Wettbewerb verboten, wie die Industrie- und Handelskammer informiert. Jedoch wurde diese Einschränkung aufgrund einer europäischen Richtlinie gelockert.

Sogenannte vergleichende Werbung, in der jemand auf seine Mitbewerber eingeht, ist jetzt grundsätzlich zulässig, aber mit etlichen Einschränkungen. „Danach ist ein Vergleich beispielsweise verboten, wenn er sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht“, heißt es in einem Informationsschreiben der IHK Dresden. Es kann also nicht jeder nach Belieben über seine Konkurrenten herziehen. Aber das werden die Edeka-Juristen sicher gründlich geprüft haben. Kunden in Glashütte dagegen würden sich freuen, wenn ein neuer Markt schnell geprüft würde.