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Dresdner Stadtrat beendet den Schöffenstreit

Im elften Versuch konnten sich die Dresdner Politiker auf die letzte Vertrauensperson für die Schöffenwahl einigen. Das lag vor allem daran, dass eine Fraktion auf einen eigenen Vorschlag verzichtete.

Von Andreas Weller
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Der Dresdner Stadtrat musste am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, weil eine Wahl zehn Mal gescheitert ist.
Der Dresdner Stadtrat musste am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen, weil eine Wahl zehn Mal gescheitert ist. © Sven Ellger

Dresden. Seit Monaten gibt es Ärger, weil der Dresdner Stadtrat droht, Sachsens Justiz lahmzulegen. Konkret geht es um die Besetzung des Schöffenwahlausschusses, für den der Stadtrat sieben Vertrauenspersonen wählen muss. Da auch nach zehn Anläufen der Vorschlag der Linken immer wieder durchgefallen war, musste Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) für diesen Donnerstag eine Sondersitzung des Rates einberufen. Justizministerin Katja Meier (Grüne) hatte darauf gedrängt.

Als "Kompromiss" hat OB Hilbert für die Wahl am Donnerstag den ehemaligen Direktor der Städtischen Bibliotheken, Arend Flemming, vorgeschlagen. Damit düpiert Hilbert zwar die Linke. Diese erklärte aber zur Sitzung, dass sie auf die Nominierung einer eigenen Kandidatin oder eines Kandidaten verzichtet.

"Mit unserer Entscheidung wollen wir einen konkreten und konstruktiven Beitrag leisten, damit die Arbeitsfähigkeit des Schöffenwahlausschusses hergestellt wird", so Linke-Fraktionschef André Schollbach. "Es geht darum, die Funktionsfähigkeit der Justiz zu gewährleisten. Angesichts dessen habe ich für die weitgehende Passivität des Oberbürgermeisters kein Verständnis." In den Sitzungen zuvor wurden die anderen sechs Vertrauenspersonen vom Rat gewählt, zum Teil auch erst nach mehreren gescheiterten Versuchen, weil es nicht die erforderliche Dreiviertelmehrheit gab. Eigentlich ist es üblich, dass die Vorschläge der Fraktionen jeweils von den anderen mitgewählt werden.

In der Sitzung wurde tatsächlich nur Flemming vorgeschlagen, stand als einziger auf dem Stimmzettel. Er erhielt 59 von 66 Stimmen, damit ist der letzte Platz im Schöffenwahlausschuss aus Dresden nach elf Abstimmungen besetzt. OB Hilbert kommentierte es so: "Wir haben es geschafft."

Bereits Wochen zuvor hatte Sachsens Justizministerin Katja Meier Hilbert geschrieben, dass sie das Wahldesaster "mit großer Sorge" betrachte. Denn die Vertrauenspersonen hätten bereits am 31. Juli gewählt sein sollen. "Die Wahl der Schöffinnen und Schöffen ist ein hochkomplexes Verfahren, bei dem das Zusammenwirken einer Vielzahl von Beteiligten koordiniert werden muss", so die Ministerin.

Die Amtsperiode der aktuellen Schöffinnen und Schöffen endet am 31. Dezember 2023. "Sollten die Schöffinnen und Schöffen der neuen Amtsperiode in Dresden infolge von Verzögerungen im Verfahrensablauf nicht zum 1. Januar 2024 gewählt und in die Schöffenlisten und Geschäftsverteilungspläne aufgenommen worden sein, werden die Schöffengerichte und Strafkammern des Amts- und Landgerichts Dresden ab dem 1. Januar 2024 keine Hauptverhandlungen eröffnen, verhandeln und entscheiden können", erläutert Meier.

Schöffen kommen in Strafverfahren zum Einsatz, das seien "keine Bagatelldelikte". Es drohe in der Landeshauptstadt "nicht nur ein Stillstand der Strafverfolgung im Bereich der mittleren und schweren Kriminalität, sondern möglicherweise auch die Entlassung derartiger Straftaten bezichtigter Beschuldigter infolge überlanger Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft." Das führe zu einem Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in ganz Sachen. Die Ministerin machte deutlich, dass Dresden damit einen geordneten Ablauf der Justiz gefährde.

Auch Dresdens Amtsgerichtspräsident Holger Schindler drückte seine Besorgnis im Laufe des Prozesses aus. Er betonte, dass Vertrauenspersonen ein wichtiges Amt "bei der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Justiz" ausüben. "Diese Tätigkeit ist keine politische, sondern eine parteiübergreifend wichtige", so Schindler. "Denn nur mit ihrer Hilfe können die benötigten Personen in das Schöffenamt gewählt werden." Sie seien ein "unverzichtbarer Teil der Strafrechtspflege in unserer Stadt". Auch er hat OB Hilbert aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Personen vollständig gewählt werden.

Durch die nun erfolgreiche Wahl im Stadtrat können die Fristen wohl eingehalten werden, sodass es im Januar in Dresden neue Schöffen gibt.