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Mit der S-Bahn von Döbeln nach Leipzig?

Auf der Strecke sollen Elektrozüge mit Akkuantrieb fahren. So zumindest der Plan. Die Reaktivierung der Strecke nach Dresden stockt hingegen.

Von Cathrin Reichelt
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Statt mit der Mitteldeutschen Regiobahn könnten Döbelner in Zukunft mit einer S-Bahn nach Leipzig fahren.
Statt mit der Mitteldeutschen Regiobahn könnten Döbelner in Zukunft mit einer S-Bahn nach Leipzig fahren. © Dietmar Thomas

Region Döbeln. Der Bahnverkehr in der Region Döbeln und die Anbindung an die Großstädte ist ein immer wieder heißdiskutiertes Thema. Im Zusammenhang mit dem Kohleausstieg steht jetzt eine neue Möglichkeit im Raum, per Bahn nach Leipzig zu gelangen. Genauer gesagt mit einer S-Bahn.

Es ist das finanziell umfangreichste Projekt zum Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier. Geplant ist der Aufbau eines Fahrzeugpools zur Verlängerung der S-Bahnlinie von Leipzig nach Döbeln.

Die bisher eingesetzten Dieseltriebwagen sollen durch 16 Fahrzeuge mit alternativem, also batterieelektrischem Antrieb ersetzt werden. Die Fahrzeuge könnten ab Ende 2025 zum Einsatz kommen und haben eine Lebensdauer von 24 Jahren. Die Projektsumme beträgt mehr als 100 Millionen Euro.

Viele Frage noch nicht endgültig geklärt

„Durch den Einsatz der Mitglieder des Zweckverbandes für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) und mit einem offenbar sehr guten nachhaltigen Konzept, ist es dem ZVNL gelungen, die Gutachter zu überzeugen und im Werben um Fördermittel einen deutlichen Schritt weiter zu kommen“, erklärt Bernd Irrgang, Geschäftsführer des ZVNL, zu dem Vorhaben.

Jetzt habe der Bund ein Prüfungs- und Veto-Recht. Deshalb könne er zurzeit nicht sagen, wie hoch die Förderung letztendlich ausfallen werde, erklärt Irrgang auf eine Nachfrage von Sächsische.de.

Auch Fragen nach nötigen Arbeiten an der Strecke, wann diese in Betrieb gehen könnte, wie lang die Fahrzeit wäre und in welchem Takt die S-Bahn verkehren wird, ließ der Geschäftsführer „zum Schutz des Verfahrens“ noch unbeantwortet. Nur so viel: Es seien Ausschreibungen in Vorbereitung.

Positives Zeichen für die Region Döbeln

„Insgesamt wurden für das Mitteldeutsche Revier 18 Projekte mit einem Volumen in Höhe von rund 200 Millionen Euro positiv bewertet“, sagte der Vorsitzende des Regionalen Begleitausschusses (RBA) für das Mitteldeutsche Revier Henry Graichen (CDU). Ziel sei es, das Revier bis Ende des nächsten Jahrzehnts zu einer wirtschaftlich starken Region zu entwickeln, betonte Graichen, der zugleich Landrat des Landkreises Leipzig ist.

Auch Graichen verweist auf das Vetorecht des Bundes. „Gibt es keine Einwände, können die Förderanträge anschließend gestellt werden.“ Am 10. November werde der Regionale Begleitausschuss zur zweiten Sitzung zusammenkommen.

Die Ankündigung einer möglichen S-Bahnverbindung wird in der Region Döbeln als positives Zeichen gewertet. „Nachdem es bis jetzt so aussah, dass Döbeln endgültig von den drei sächsischen Metropolen abgeschnitten wird, bietet sich hier eine Lösung an“, meint Unternehmer Wolfgang Müller.

„So gesehen pfeife ich auf das, was der Verkehrsverbund unserer Region bis jetzt plant“, fügt er an. Die S-Bahnverbindung könne Döbeln wieder an die Jahrhunderte alten Verbindungen anschließen, das heißt, an die Zukunftswirtschaftsregion Leipzig. „Die Mitarbeiter des Rechnungshofes werden jubilieren“, so Müller.

Chance für S-Bahn nach Leipzig nicht entgehen lassen

Nun müssten alle politischen und wirtschaftlichen Mandatsträger diese Chance ergreifen und auf der Realisierung des Vorhabens bestehen. „Nicht, dass doch wieder andere Regionen geschicktere Lobbyarbeit betreiben und Döbeln weiterhin verkehrsmäßig abgehängt bleibt“, erklärt Müller.

Auch Rudolf Lehle, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Döbelner Stadtrat, ist der Ansicht, dass der batteriebetriebene, lokal emissionsfreie Bahnverkehr gerade für die Region Döbeln gut in Betracht komme.

Denn die weitgehend nicht elektrifizierte Linie Leipzig-Döbeln-Meißen-Dresden verlaufe wenigstens bis Borsdorf/Sa. unter Fahrdraht. Im Döbelner Hauptbahnhof stehen wieder die 15 Kilovolt-Oberleitung zur Verfügung, um Strom zu laden. Und ab Meißen-Triebischtal hänge ebenso wieder der Fahrdraht.

Betriebskostenverteilung strittig

„Nur betrifft dieser angekündigte Technikeinsatz ausschließlich die derzeit bestellte Verkehrsleistung Leipzig-Döbeln. Wir arbeiten aber mit der kommunalen Ebene daran, auch wieder nach Meißen und Dresden Züge durch den Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) und Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) fahrenzulassen. Erst im Anschluss ist dann die Frage der Antriebstechnik zu klären“, meint Lehle.

Die Strecke nach Meißen mit durchgehenden Zügen nach Dresden habe nach gegenwärtiger Einschätzung eine hohe Priorität, wieder für den Personenverkehr eröffnet zu werden.

Aber finanzielle Fragen zu den Investitions- und vor allem zu den Betriebskosten seien trotz grundsätzlicher und allseits positiver Willensbekundungen noch nicht abschließend geklärt. Strittig sei die Frage der Betriebskostenverteilung zwischen dem Freistaat und den Zweckverbänden.

Hintergrund

  • Nach dem im Vorjahr beschlossenen Kohleausstieg sollen bis 2038 insgesamt 40 Milliarden Euro in die Kohleländer Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg fließen.
  • 26 Milliarden Euro davon gibt der Bund aus – und stimmt sich dafür mit den Ländern über entsprechende Projekte ab.
  • Im Mitteldeutschen Revier sind 18 Projekte mit einem Volumen in Höhe von rund 200 Millionen Euro geplant.