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Giftige Debatte zu Unterkünften für Geflüchtete in Dresden: "Gewaltiger Tiefpunkt"

Die Unterbringung von Geflüchteten in Dresden kostet 42 Millionen Euro mehr als geplant. Obwohl das seit der Entscheidung für Container im Mai klar war, nutzen einige Stadträte die Abstimmung zur Finanzierung, um Stimmung zu machen.

Von Andreas Weller
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In die ehemalige Cityherberge in Dresden ziehen Geflüchtete ein. So sieht es von innen aus - einige Räte bezeichnen das als "Luxus".
In die ehemalige Cityherberge in Dresden ziehen Geflüchtete ein. So sieht es von innen aus - einige Räte bezeichnen das als "Luxus". © Sven Ellger

Dresden. Aufgrund der erneuten Flüchtlingswelle und wegen des Krieges in der Ukraine kommen mehr Menschen nach Dresden als zunächst geplant. Deshalb hat der Stadtrat sich im Mai entschieden, der von der Verwaltung vorgeschlagenen Container-Lösung zuzustimmen.

Jetzt stand die Entscheidung über die Finanzierung an. Konkret ging es um einen rein finanztechnischen Beschluss, festzustellen, dass rund 42 Millionen Euro mehr benötigt werden als zunächst geplant. Ein Teil davon wird Dresden erstattet, aber 4,4 Millionen Euro davon sind noch nicht gedeckt. Im Dresdner Stadtrat wurden Neiddebatten entfacht.

CDU kritisiert "teuerste Variante"

Bereits im Vorfeld der Grundsatzentscheidung zu den Containern hatte die CDU-Fraktion diese Variante abgelehnt. Nun legte Stadtrat Peter Krüger nach, kritisierte die Bundesregierung. "Uns fehlt schlicht das Geld, die Sozialsysteme sind am Ende, aber auch die Gesellschaft. Sie ist gespalten. Der soziale Frieden ist in Gefahr."

Er verwies auf andere dringende Aufgaben wie die Finanzierung der Dresdner Verkehrsbetriebe, marode Straßen und das Klinikum. "Jetzt kommen neue Dinge mit 2.200 Geflüchteten auf uns zu", sagte Krüger. "In der sächsischen Verwaltungsvorschrift steht nicht, dass wir die teuerste Variante nehmen müssen. Leichtbauhallen oder geeignete Zelte hätten die Unterbringungskosten um ein Drittel senken können." Die 42 Millionen Euro werden nicht das Ende sein, fürchtet Krüger. Deshalb sollten Geflüchtete in Dresden so günstig wie nach den Vorschriften möglich untergebracht werden.

Die AfD spielte zusätzlich auf Probleme "mit Messern" an und kritisierte die gerade eröffnete Unterkunft in der ehemaligen "Cityherberge". Das "modernste Flüchtlingsheim der Welt" würde weitere Menschen "anlocken".

"Die Dresdner Bürger vergessen nichts"

Die größte Zuspitzung bei den Redebeiträgen lieferte aber Torsten Nitzsche (Freie Wähler). "Wir vergessen nichts und die Dresdner Bürger vergessen nichts, vor allem nicht wenn, verlogene und verantwortungslose Politik zulasten Dresdner Bürger betrieben wird." Auch er kritisierte die teure "Art der Unterbringung", schließlich haben die Freien Wähler Zeltstädte statt der Container vorgeschlagen, die viel günstiger gewesen wären.

Eine Mehrheit im Stadtrat hätte sich für eine "zu teure Unterbringung" - eben die Container - entschieden. "Wer sich einen Dacia leisten kann, der bestellt sich keinen Mercedes", so Nitzsche. Dann begann auch Nitzsche das Gegeneinanderausspielen: "Die Dresdner Bürger werden sich bei jedem fehlendem Grad in den Schwimmhallen und bei jeder fehlenden Schwimmhalle an die Ausgaben und die damit verbundene Haushaltssperre erinnern. Jede verschobene Sanierung einer Schule oder einer Kita wird sie an diese Ausgaben erinnern. Jede verschobene Maßnahme in der Infrastruktur wird den Dresdnern die unnötigen Mehrkosten für die Unterbringung im Bereich Asyl in Erinnerung rufen."

"Versuch Personengruppen gegeneinander auszuspielen"

Pia Barkow (Linke) nannte die Debatte einen "gewaltigen Tiefpunkt". "Das ist der Versuch, mit Bösartigkeiten Personengruppen gegeneinander auszuspielen." Menschen könnten in Dresden nur das Stadtleben bereichern, wenn sie "unter menschenwürdigen Bedingungen aufgenommen werden".

Die Linke sei eigentlich dafür, dass Geflüchtete in Wohnungen unterkommen. "Das Schlimmste, was man machen kann, ist das Gegeneinanderausspielen. Das befeuert eine negative Kommunikation", so Barkow.

"Dieser Stadtrat spaltet die Gesellschaft"

Die von der CDU beschworene Spaltung der Gesellschaft sei kein "Naturereignis", so Michael Schmelich (Dissidenten). "Dieser Stadtrat selbst spaltet die Gesellschaft. Die Leute kommen übrigens, weil wir mithelfen, einen Teil dieser Welt zu vernichten, nicht wegen unserer angeblichen Luxusunterkünfte."

Tilo Kießling (Linke) wertete die Rede von Nitzsche als "schrecklicher als das, was die AfD abliefert".

Am Ende wurde klargestellt, dass dem Rat gar nichts anders übrig bleibt, als der Vorlage zu den Kosten zuzustimmen, weil die Grundsatzentscheidung dazu bereits im Mai gefallen ist. Änderungsanträge, an der Unterbringung von Geflüchteten etwas zu verschlechtern, wurden abgelehnt und die Vorlage beschlossen.