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Flüchtlingsunterkunft Cityherberge Dresden: Die Skepsis überwiegt

Am Tag der offenen Tür der neuen Flüchtlingsunterkunft ist das Interesse in Dresden groß und kritisch. Nächste Woche ziehen die ersten Bewohner in die „Cityherberge“. Ein Besuch.

Von Alexander Schneider
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Großes Interesse und einige Vorbehalte: Dresdner Besucher am Mittwochnachmittag an der neuen Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Cityherberge.
Großes Interesse und einige Vorbehalte: Dresdner Besucher am Mittwochnachmittag an der neuen Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Cityherberge. © Sven Ellger

Dresden. Am Mittwoch hat die Stadt die neue Unterkunft für Geflüchtete in der ehemaligen Cityherberge präsentiert, bereits in der kommenden Woche werden die ersten 50 Bewohner in der Lingnerallee erwartet.

Schon vor 15 Uhr hat sich eine Menschentraube angesammelt, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie Asylbewerber demnächst hier mitten in der Innenstadt leben werden. Die Skepsis, ist schnell zu spüren, sie überwiegt bei den meisten. Neben Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) und Sozialamtsleiter Christian Knappe, führen an diesem Tag der offenen Tür auch weitere Rathausmitarbeiter und Mitarbeiter des künftigen Betreibers European Homecare die Besucher durch zwei Etagen des markanten Objektes.

"Sind denn schon welche da?", fragt eine Frau noch im Treppenhaus. "Nein", antwortet eine Betreuerin, verweist auf die nächste Woche und erklärt, dass die Flüchtlinge von der Landesdirektion Sachsen zugewiesen würden. Die Unterkunft sei ausschließlich für Männer vorgesehen. Familien sollen in Wohnungen unterkommen.

Am Tag der offenen Tür besichtigen zahlreiche Dresdner die Einrichtung in der Lingnerallee.
Am Tag der offenen Tür besichtigen zahlreiche Dresdner die Einrichtung in der Lingnerallee. © Sven Ellger
Sofas, Tische und Stühle in Rot-Weiß stehen in den Aufenthaltsräumen auf den Etagen.
Sofas, Tische und Stühle in Rot-Weiß stehen in den Aufenthaltsräumen auf den Etagen. © Sven Ellger
TBetten, Tisch und Stühle zählen zur Einrichtung eines Zimmers. Nicht zu sehen: Schrank und Kühlschrank.
TBetten, Tisch und Stühle zählen zur Einrichtung eines Zimmers. Nicht zu sehen: Schrank und Kühlschrank. © Sven Ellger

Keine Spur von Luxus für Geflüchtete

Zunächst sollen bis Ende dieses Jahres 140 Bewohner im ersten und zweiten Obergeschoss einziehen. Es gibt Ein-, Zwei- und Dreibettzimmer, darin einen Kühlschrank, einen Kleiderschrank und einen Tisch mit Stühlen. Hinzu kommen Aufenthalts- und Sanitärräume in den Fluren. Keine Spur von Luxus.

Die Küchen sollen erst Ende 2024 fertiggestellt sein, wenn dann auch das dritte und vierte Obergeschoss hergerichtet sind. 280 Männer werden dann in der ehemaligen Cityherberge leben. Solange die Bewohner nicht selbst kochen können, werden sie drei Mahlzeiten am Tag in der Kantine einnehmen, die ebenfalls von European Homecare-Mitarbeitern betreut wird.

Ein älterer Herr mit Aktenmappe, er hatte schon am Eingang für einen Stau gesorgt, weil er sich von den Wachleuten nicht in seine Tasche schauen lassen wollte, sagt: "Ich will genau wissen, was hier abgeht." Er suche noch Plätze für 200 Menschen, die in Dresden unter einer Brücke lebten. Zwei ältere Damen sorgen sich um die Sicherheit, wenn jetzt so viele Ausländer an einem Ort seien. Sie trauten sich abends auch nicht mehr in die Prager Straße. In dieser Art sind viele Reaktionen der Besucher zwischen dem „zentralen Empfangsbereich“ am Eingang und den Zimmern darüber. Manche fragen, ob das überhaupt sein muss, "so viele Menschen ins Land zu holen" und wer das alles bezahlt, auch der Begriff "Luxusunterkunft" fällt.

Bewohner aus Syrien, Afghanistan, Libanon

Bürgermeisterin Kaufmann stellt sich an diesem Nachmittag auch solchen Fragen – wie schon im Frühjahr etwa beim Tag der offenen Tür in Sporbitz, wo im April Flüchtlinge in einen eilig mit Wohncontainern errichteten Standort einquartiert wurden. Probleme seien keine bekanntgeworden. Kaufmann sagt, sie verstehe, wenn Ängste geäußert würden, sie betont aber, dass die Stadt verpflichtet sei, die Menschen unterzubringen, und sagt klar, dass sie über das Grundrecht auf Asyl nicht diskutiere.

Bereits Anfang der Woche hatte die Stadt mitgeteilt, dass die Einrichtung mit 241 Zimmern und 3.800 Quadratmetern Platz für zehn Jahre gemietet worden sei. Die Mietkosten beliefen sich auf 36.000 Euro monatlich. Die ersten Bewohner sollen aus Syrien, Afghanistan, Libanon, Venezuela und Russland kommen.

Kaufmann verweist auf ein "großes Glück für uns", das die Stadt mit dem Betreiber European Homecare GmbH habe. Das Unternehmen sei bundesweit tätig, die Mitarbeiter, die auch die Standorte in der Bremer Straße, an der Stauffenbergallee und am Hammerweg betreiben, seien "unglaublich pfiffig und erfahren", gerade in der sozialen Betreuung geflüchteter Menschen.

Sie kümmern sich um die Bewohner, helfen bei Sprachproblemen, Deutschkursen, Kontakten zum Jobcenter, Behördengängen oder einfach dabei, sich in der Stadt zurechtzufinden. Geplant ist, dass die Sozialarbeiter auch mit interkulturellen Initiativen und Vereinen der Stadtgesellschaft zusammenarbeiten. So sind auch an diesem Tag einige wenige Dresdner da, die sich nach einem ehrenamtlichen Engagement erkundigen.

Für leichte Aufregung sorgt an diesem Tag auch ein Artikel in einer Boulevard-Zeitung. Die Skulptur einer nackten Frau, "Die Sinnende", sei nach fast 50 Jahren nun wegen der Asylunterkunft vor dem Eingangsbereich "verschwunden". Die Bronzeplastik von Horst Brühmann wurde jedoch "bewusst" in den Innenbereich des Bürokomplexes verlegt, wie Sächsische.de Anfang August berichtete. Das Kunstwerk soll den großen Innenbereich aufwerten – und ist aus der Kantine der Unterkunft noch immer zu sehen.