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Wie gehen Sie mit Hamsterkäufern um, Herr Simmel?

Auch in Dresdner Supermärkten sind einige Produkte knapp. Wie der Ukraine-Krieg die Preise nach oben treibt und ein Dresdner Edeka-Händler um seine Kunden wirbt.

Von Kay Haufe
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Es ist genügend da, auch Mehl, Senf und Öl, sagt der Dresdner Edeka-Händler Peter Simmel in seinem neuen Markt am Wiener Platz in Dresden.
Es ist genügend da, auch Mehl, Senf und Öl, sagt der Dresdner Edeka-Händler Peter Simmel in seinem neuen Markt am Wiener Platz in Dresden. © Christian Juppe

Dresden. Nagelneu ist er, gerade mal seit sieben Monaten offen, der zweite Dresdner Simmel-Markt am Hauptbahnhof. Dazu kommt eine Angebotsvielfalt, die den einen oder anderen Kunden fast erschlägt. Allein 12.000 Produkte sind es im Biobereich, vom frischen Obst und Gemüse bis zu Konserven. Doch auch bei Peter Simmel sind einige Regale leerer als sonst. Bautzner Senf ist nur in Großpackungen zu haben, auch bei Mehl und Raps- sowie Sonnenblumenöl fehlen einige der günstigen Marken. Der erfahrene Edeka-Lebensmittelhändler erklärt, wie das zustande kommt.

"Grundsätzlich gibt es von allen Produkten genug", sagt Simmel. "Nur ist vor allem durch den Ukrainekrieg eine Preisspirale in Gang geraten. Sonnenblumenöl, Mehl und Senfkörner kommen vor allem aus der Ukraine und Russland. Dorthin sind die Lieferverbindungen weitgehend gekappt." In der Folge seien Preise bei Mehl von einst 39 Cent pro Kilo-Tüte oder 79 Cent bei einem Liter Sonnenblumenöl nicht mehr möglich. Es gebe genügend Alternativen, vor allem Olivenöl, aber die Kunden kauften eben verstärkt die Waren, die am preisgünstigsten sind. "Leider wohl auch Öl, um es in ihre Dieselfahrzeuge zu kippen. Dafür habe ich gar kein Verständnis, mit Lebensmittel so umzugehen", sagt der Händler.

Lieferketten gekappt und unbegründet hohe Nachfrage

Doch auch andere Dinge, wie die Herstellung von Verpackungen für Eier, trieben die Preise nach oben. "Das ist energieintensiv und macht keinen kleinen Anteil beim Preis für Eier aus." Die Preisentwicklung sei bei fast allen Produkten da und er müsse auch akzeptieren, dass sich verhandelte Preise von einem Tag auf den anderen bei den Produzenten ändern.

Mit regionalen Erzeugern zusammenarbeiten

Peter Simmel arbeitet deshalb mit vielen Erzeugern aus der Region zusammen, wo er die Haltungsbedingungen der Tiere kennt, wie einem Geflügelhof aus der Nähe von Meerane. "Wir müssen schnellstens von unserem globalen Denken mit Bestpreis-Optik wegkommen", sagt er. Denn letztlich lebten wir Kunden, auch in Dresden, von der Ausbeutung anderer, die Tiefstpreise ermöglichten. "Wir haben überhaupt keine Ahnung, was es kostet, ein Produkt zu produzieren." Simmel appelliert an die Verbraucher, diese Denke schnell zu schnell ändern. "Wenn nicht, bringen wir uns selbst um."

Dass das Bewusstsein der Kunden für gute Lebensmittel aber sehr hoch ist, merkt der Märkte-Chef an der gleichbleibenden Nachfrage nach Bioprodukten. Sie wachse sogar trotz steigender Preise.

Große Lager erzeugen falsche Signale

18 Märkte betreibt der Edeka-Händler in Thüringen und Sachsen, vier in Bayern. Würde es sich da nicht lohnen, Produkte einzulagern, um Preise stabil zu halten? Peter Simmel winkt ab. "Wenn wir jetzt noch anfangen zu bunkern, würden wir den Trend von Hamsterkäufern ja noch verstärken." Aus seiner Sicht müssen Lebensmittel frisch sein, auch Konserven dürften nicht schon ewig gelagert seien. "Und nochmal: es gibt keinen Notstand und es ist auch keiner zu erwarten, es sei denn, Herr Putin dreht ganz durch. Dann haben wir andere Probleme."

Andere Lebensmittelhändler wie Aldi Nord oder Netto sehen das ähnlich. Zwar schwanke der Verkauf einiger Warengruppen, unter anderem bei Speiseölen und Mehl, von Tag zu Tag, sodass sie auch mal kurzzeitig vergriffen sein könnten. Doch grundsätzlich sei genügend Nachschub da, heißt es aus der Presseabteilung von Aldi Nord. Auch bei Netto Marken Discount habe man genügend Alternativen im Angebot, um Engpässe wie bei ukrainischen Sonnenblumenölen auszugleichen. Dank der guten Logistik sei große Lagerhaltung nicht sinnvoll.

Kunden preisbewusster als vor dem Krieg

Eine derart rasante Preisentwicklung wie derzeit hat Peter Simmel in seiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt. Und er glaubt, dass sie weitergehen wird, solange sich die Energiepreise nicht stabilisieren. Dazu kommt die Erhöhung des Mindestlohns in diesem Jahr. Bei den Kunden merke man, dass sie preisbewusster einkauften als vor dem Ukraine-Krieg, auch manchmal weniger.

Zwischen 500 und 600 Kunden kommen wochentags im Durchschnitt in seinen neuen Markt am Hauptbahnhof, 1.500 sind das Ziel. "Aber ein Markt braucht rund drei Jahre Anlaufzeit, die rechnen wir ein. Um Kunden zu gewinnen, schlagen wir keine Preisschlachten, sondern überzeugen mit unserem Team und unserem Angebot", sagt Simmel.

Mit einem Dixie-Weekend im Hauptbahnhof-Markt (Wiener Platz 5) will er am 13. Mai von 16 bis 21 Uhr und am 14. Mai von 12 bis 21 Uhr alle Dresdner und Gäste ansprechen. Fünf Bands spielen vor und auch im Markt, das Parken in der Centergarage und der Eintritt sind frei. Für Kinder sind Überraschungen geplant und es gibt diverse Imbissangebote sowie Verkostungen.

Am 13. und 14. Mai gibt es im und vor dem Simmel-Markt am Wiener Platz eine Dixie-Wochenende. Organsiert und moderiert wird es von Gabriele Kaul, Musiker Roland Zeibig (r.) ist dabei.
Am 13. und 14. Mai gibt es im und vor dem Simmel-Markt am Wiener Platz eine Dixie-Wochenende. Organsiert und moderiert wird es von Gabriele Kaul, Musiker Roland Zeibig (r.) ist dabei. © Christian Juppe

Nach vielen Monaten mit Beschränkungen sei jetzt Gelegenheit, wieder gemeinsam zu feiern, sagt der Händler. Und da Dixie in den Herzen der Dresdner verankert sei, biete sich eine solche Veranstaltung eine Woche vor dem Festival an. Organisiert und moderiert wird sie von Künstleragentin Gabriele Kaul, die dafür besondere Künstler nach Dresden geholt hat wie Blues-Lady Janice Harington oder den Trompeter Terrence Ngassa.