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Gastro: Dieser Chef hat keine Personalangst

Im Restaurant Stresa in Dresden lernen neue Azubis. Wie Chef Sebastian Böhme sie gefunden hat.

Von Julia Vollmer
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Chef Sebastian Böhme (34) und seine Azubis: links: Erik Rettschlag (23), Ali Abas (20),
Chef Sebastian Böhme (34) und seine Azubis: links: Erik Rettschlag (23), Ali Abas (20), © René Meinig

Dresden. An vielen Dresdner Restaurants hängen in diesen Tagen Zettel mit der Suche nach neuem Personal. Köche und Kellner werden dringend gesucht. Seit Jahren herrscht Personalmangel. Einer, der keine Sorgen mit der Suche nach neuen Mitarbeitern hat, ist Sebastian Böhme, Chef im Striesener Lokal Stresa. 

Integration und Besinnung aufs Handwerk

"Mein Team besteht gerade fünf Mitarbeitern, drei Aushilfen und drei Azubis", so Sebastian Böhme. Einer davon, Ali Abas, flüchtete vor drei Jahren aus Afghanistan als damals 18-Jähriger. Nach einem Praktikum im Stresa und Deutschkurs entschied er sich für eine Ausbildung in dem Lokal.

 "Wir engagieren uns seit Jahren im Bereich Integration gemeinsam mit dem Verein Spike", so der 34-Jährige Chef. Warum findet er Azubis, wo es anderen Gastronomen so schwer fällt? "Neben dem Öffnen für Integration ist es , denke ich, auch die Besinnung auf das Handwerk", sagt Böhme. 

Bei ihm und seinem Küchenchef würden die Azubis noch jeden Arbeitsschritt per Hand lernen, Gemüse schnippeln, Fleisch zerlegen und Brot selbst backen. "Nach den Grundlagen kommt dann aber schnell auch mehr Verantwortung dazu und das motiviert die Leute", sagt Böhme, der sein Restaurant 2013 gründete und auf junge, moderne Küche setzt. 

Im Stresa setzt man auf flache Hierarchien, wenn Not am Mann ist, wäscht auch der Küchenchef mit ab. Spaß an der Arbeit vermitteln und auch anständig bezahlen, das ist die Devise vom Lokal-Chef. So findet er sein Personal.

Ausbildungsverträge auf ein Viertel gesunken

Anders sieht es in der ganzen Branche aus. "In allen gastronomischen Berufen fehlen Auszubildende und Mitarbeiter. Derzeit haben wir 400 Ausbildungsvertragsabschlüsse pro Jahr in Dresden, vor ein paar Jahren waren es noch 1.600", sagte schon Dehoga-Chef Axel Klein im Dezember 2019 im SZ-Interview. Wie ernst die Lage ist, berichtete auch Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer. 

Während 2007 noch 629 Azubis in Dresden ihre Lehre zum Koch begonnen haben, waren es 2018 nur noch 83, so Fiehler. Nicht jeder, der anfängt, beendet seine Ausbildung. Die Bestehensquote ist in den letzten Jahren unverändert und liegt bei 80 Prozent. 

Alarm schlägt auch Siri Leistner, Schulleiterin am Berufsschulzentrum für Gastgewerbe in Dresden. Während 2011 noch 192 junge Leute ihre Ausbildung zum Restaurantfachmann oder -frau und 404 Koch-Azubis anfingen, waren es im Schuljahr 2016/17 nur noch 106 Kellner und 266 Köche.

Sternekoch: Servicemann im Montenegro-Urlaub geworben

Die Arbeitsagentur meldete erst Anfang September unbesetzte Lehrstellen in der Gastronomie und Hotellerie. Auch Dresdens Promikoch Gerd Kastenmeier geht jetzt neue Wege, um sich Personal zu sichern. Er stellte Luca Peric aus Montenegro ein. Der ausgebildete Restaurantfachmann und der Inhaber des "Kastenmeiers" im Taschenbergpalais lernten sich im Urlaub kennen.

"Ich war mit Freunden im Urlaub in Montenegro und habe dort den tollen Service von Luca erlebt und ihn gefragt, ob er in Deutschland arbeiten will", so Kastenmeier. Und Luca, der schon lange eine neue Herausforderung suchte, sagte zu. "Ich habe in der Grundschule Deutsch gelernt und über Dresden schon viel gehört", erzählt der 34-Jährige. 

Corona machte den Umzug ein wenig schwieriger, doch seit Juli ist Luca Peric nun Teil des 29 Mann starken Teams im Kastenmeiers. Neben seinem Dienst lernt er Deutsch. Seine Frau und seine Kinder leben noch in Montenegro, sollen aber so bald wie möglich nachkommen. 

"Wenn es in Dresden Probleme mit dem Nachwuchs an Azubis gibt, muss man neue Wege gehen und das habe ich mit dem Personal aus dem Ausland getan", so Kastenmeier. Für ihn arbeiten außerdem Menschen aus Japan, Australien und Kolumbien. 

Und das Personal braucht er. Denn das Lokal läuft auf Hochtouren. "Wir sind gerade jeden Abend ausgebucht und es sind sehr viele Touristen in der Stadt", so der Koch. Dresden profitiere davon, dass die Reisen ins Ausland wegen Corona schwierig sind. 

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