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Grünes Gewölbe: Rückendeckung für SKD-Chefin nach Rechnungshof-Rüge

Der Rechnungshof kritisierte die SKD für ihren Versuch, gestohlene Juwelen aus dem Grünen Gewölbe zurückzukaufen. Nach der Museumsdirektorin Marion Ackermann weist nun auch Dresdens Kulturbürgermeisterin die Vorwürfe zurück.

Von Annette Binninger & Gunnar Saft
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Sachsens Rechnungshof bemängelt beim Einsatz öffentlicher Gelder unter anderem den versuchten Rückkauf des Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens durch SKD-Chefin Marion Ackermann.
Sachsens Rechnungshof bemängelt beim Einsatz öffentlicher Gelder unter anderem den versuchten Rückkauf des Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens durch SKD-Chefin Marion Ackermann. © Archiv: dpa/Sebastian Kahnert

Dresden. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) haben den Vorwürfen des Sächsischen Rechnungshofs (SRH) entschieden widersprochen. Man nehme die am Donnerstag veröffentlichte scharfe Kritik am Versuch der SKD, Schmuckstücke aus dem Einbruch ins Grüne Gewölbe wiederzubeschaffen „verwundert zur Kenntnis“, heisst es in einer Pressemitteilung von SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann und des Kaufmännischen Direktors, Dirk Burghardt, die am Freitag veröffentlicht wurde.

Am Donnerstag hat auch Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch die scharfe Kritik kritisiert. „Bemerkenswert, wie Rechnungshof Sachsen versucht, Kulturpolitik zu machen und die engagierte SKD-Direktorin angreift, obwohl Vorgehen mit Landeskriminalamt (LKA) abgestimmt war“, schrieb Klepsch auf Twitter. „Oder stecken gar andere Motive dahinter?“, schrieb Klepsch weiter.

Der Bericht des Rechnungshofes geht laut Staatlichen Kunstsammlungen „von falschen Grundannahmen aus“ und lasse unter anderem die Urteilsbegründung des Landgerichts Dresden im kürzlich beendeten Prozess gegen den Betrüger außer Acht, der vorgegeben hatte, ein Schmuckstück gegen Geld wiederbeschaffen zu können.

In mehreren Punkten weist die SKD-Spitze die Vorwürfe des Rechnungshofs zurück. So habe es sich bei den Geldern nicht um staatliche Mittel gehandelt, sondern sie stammten von privaten, anonymen Spendern, die durch einen Berliner Anwalt vertreten worden seien. Damit sei klar, dass die SKD nie im Besitz des Geldes gewesen sei und auch nie darüber habe verfügen können. Am Ende sei nicht der Freistaat geschädigt worden, sondern lediglich die private Spender-Initiative. Der Versuch, in Antwerpen Geld gegen Schmuckstück zu tauschen, sei zudem kein „Alleingang“ des Museumsspitze gewesen, sondern zuvor eng mit Sicherheitsbehörden abgestimmt worden. Die drei SKD-Vertreter seien „auf Bitten der Behörden und der Privatinitiative“ nach Antwerpen gereist. Ihre Aufgabe habe lediglich darin bestanden, die Echtheit von möglicherweise vorhandenen Schmuckstücken zu überprüfen.

Sachsens Rechnungshof hatte der Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden schwerwiegende Kompetenzüberschreitungen im Zusammenhang mit dem geplanten Rückkauf von Diebesgut vorgeworfen. Es sei nicht die Aufgabe von Marion Ackermann, „Zahlungen an Kriminelle zu leisten und so kriminelle Strukturen zu unterstützen“, heißt es in dem am Donnerstag vorgestellten Bericht der staatlichen Prüfbehörde.

Der Rechnungshof bezieht sich dabei auf ihren Versuch, für 40.000 Euro den im November 2019 aus dem Dresdner Residenzschloss gestohlenen Bruststern des Weißen Adlers-Ordens mit Hilfe eines niederländischen Mittelmanns zurückzukaufen. Das misslang, da es sich dabei um einen Betrugsfall handelte, für den der Täter mittlerweile rechtskräftig verurteilt ist. Die 40.000 Euro gelten als verloren.

Aus Sicht der Rechnungsprüfer war Ackermann nicht berechtigt gewesen, die genannte Summe für „Transaktionen im kriminellen Milieu“ einzusetzen. Obwohl die Barmittel ursprünglich von privaten Spendern stammen, sei daraus mit der Annahme für einen ganz speziellen Zweck eine staatliche Einnahme und damit staatliches Geld geworden, über das sie in dieser Weise nicht hätte verfügen dürfen. Die Prüfer werfen Ackermann zudem in ihrem Verantwortungsbereich wiederholt Verstöße gegen das geltende Haushaltsrecht vor und kritisieren, diese Praxis innerhalb der SKD lasse „nicht auf eine geordnete Geschäftsführung schließen“.

Die Staatlichen Kunstsammlungen und das für sie zuständige Wissenschafts- und Kulturministerium hatten die Vorwürfe bereits kurz nach Vorstellung des Rechnungshofs-Bericht zurückgewiesen. „Wir teilen die Aussagen des Rechnungshofes nicht und haben eine andere Rechtsauffassung“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Bei dem Geld habe es sich um private Spenden zum Zweck des Wiedererwerbs der beim Juwelenraub gestohlenen Stücke gehandelt. Geschädigter sei daher nicht der Freistaat, sondern die Privatinitiative. Das habe auch das Landgericht Dresden bei seiner Urteilsbegründung gegen den Betrüger festgehalten.

Öffentlich diskutiert werden unterdessen weitere Details des Vorfalls. So hat das Ministerium versichert, über die Antwerpen-Reise von SKD-Mitgliedern, bei der es zur erhofften Rückgabe des Schmucks kommen sollte, als vorgesetzte Behörde vorab nicht informiert gewesen zu sein. Der Rechnungshof erklärte, man habe diese Aussage zur Kenntnis genommen, aber nicht explizit überprüft. Zweifel an der Ministeriumsdarstellung gibt es aber, da die SKD-Führung zuvor immerhin direkt mit dem Landeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft über die Reise beraten hat.

Auf der Mängelliste der obersten Kassenprüfer Sachsens stehen in diesem Jahr aber auch weitere Fälle:

Universitätsneubau Campus Augustusplatz in Leipzig

Auch der teure Neubau des Paulinums an der Leipziger Universität ist ins Visier der Rechnungsprüfer geraten. Kritisiert wird, dass entsprechende Wettbewerbe zur Umgestaltung des Universitätskomplexes ohne Kostenvorgaben ausgerufen worden waren. Damit habe eine "wesentliche Zielvorgabe" gefehlt, weil die Teilnehmer ihre Entwürfe ohne Wirtschaftlichkeitsnachweise einreichen konnten. Letztlich habe sich die Jury dann für einen Entwurf "mit expressiver Architektur und teilweise Unikat-Bauteilen" entschieden und somit die Kostensteuerung des Projektes wesentlich erschwert.

Blick auf das Paulinum in Leipzig.
Blick auf das Paulinum in Leipzig. © Christian Hüller/Universität Leipzig

Das hatte brisante Folgen: Am Ende habe das Paulinum statt der einst geplanten 52 Millionen Euro weit mehr als 117 Millionen Euro gekostet. Stefan Rix, Vizepräsident des Rechnungshofes: „Bei Architektenwettbewerben darf nicht allein die Optik des Entwurfs entscheiden. Wichtig sind auch Kostenbetrachtungen. Nur so kann sichergestellt werden, dass unsere Bauvorhaben nicht nur optisch ansprechend, sondern auch finanziell verantwortungsbewusst und nachhaltig sind.“

IT und E-Government "ohne Plan und Steuerung"

Auch bei der notwendigen Ausstattung der Staatsverwaltung mit Computertechnik hakt es nach Meinung des Rechnungshofes gewaltig. Der Vorwurf: Die Entwicklung von IT und E-Government wird dort seit 2019 nicht mehr strategisch gesteuert. Die Staatskanzlei nutze die vorhandenen Instrumente zur Planung und Steuerung nicht. Eine aktuelle Strategie für IT und E-Government gibt es nicht, lautet das ernüchternde Fazit des Prüfberichts.

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In der Folge würden deshalb jährlich Haushaltsmittel von mehr als 70 Millionen Euro für den Einsatz der IT ohne zentrale Steuerung durch die Staatskanzlei ausgegeben. Dafür gibt es einen deutlichen Rüffel: "Ein fehlender Überblick und eine fehlende Steuerung sind dabei nicht nur unwirtschaftlich, sondern unverantwortlich."

Mangelhaft: Der Radwegebau in Sachsen

Untersucht hat der Landesrechnungshof auch den Umsetzungsstand der Radverkehrskonzeption in Sachsen. Das Urteil fällt negativ aus: Von seinem selbst gesteckten Ziel sei der Freistaat weit entfernt. "Die Zielvorgaben der Radverkehrskonzeption sind nicht im Einklang mit den tatsächlichen Kapazitäten und den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln."

So ergebe sich bereits für die bis zum Jahr 2024 umzusetzenden Baumaßnahmen ein erhebliches Defizit zwischen Haushaltsanschlag und ermittelten Baukosten. Würde man die vom zuständigen Verkehrsministerium angegebenen durchschnittlichen Kosten für einen Kilometer Radweg zugrunde legen, könnten mit den momentan vorhandenen Finanzmitteln lediglich acht (!) Kilometer neue Radwege im Jahr gebaut werden.

Der Rechnungshof rät dem Verkehrsministerium von Minister Martin Dulig (SPD) deshalb, "die Bauprogramme in Zukunft realistisch aufzustellen". Die zu deren Umsetzung erforderlichen Mittel müssten bedarfsgerecht bereitgestellt werden, wenn die Radwege fristgerecht fertig werden sollen. „Der Freistaat muss den Ausbau der Radwege beschleunigen."

Unnötige Ausgaben für Sachverständige

Genauer hingeschaut haben die staatlichen Kassenprüfer diesmal auch bei den Ausgaben für Sachverständige und Mitglieder von Fachbeiräten, die das sächsische Innenministerium in den Jahren 2018 bis 2021 engagiert hatte - damals unter der Führung des einstigen Innenministers Roland Wöller (CDU). Die überwiegende Anzahl der geprüften Verfahren verstößt dabei aus Sicht des Rechnungshofes gegen das Haushalts- oder Vergaberecht, so der Vorwurf.

Als besonders brisant gilt ein Vertrag über 47.600 Euro, den das Ministerium einst mit einer Kommunikationsfirma des früheren sächsischen Regierungssprechers Peter Zimmermann abgeschlossen hatte. Diese sollte dabei mithelfen, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums zu optimieren. Unklar ist jedoch, so die Prüfer, ob dies auch in ausreichendem Maß erfolgt sei. "Insbesondere der Nachweis, dass das Beratungsunternehmen die vertraglich geschuldete Leistung erbracht hat, war für den Zeichner der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit nicht beigefügt."

Der Prüfbericht stellt generelle Mängel auch bei anderen Beraterverträgen fest. "Es fehlen Nachweise in zahlungsbegründenden Unterlagen, Verwaltungsakten weisen Lücken auf und es gab Häufungen von Einzel- bzw. Folgeaufträgen an bestimmte Unternehmen, in denen die Einhaltung des Vergaberechts nicht nachvollzogen werden konnte."

Die Prüfer geben nun eine klare Richtung vor: Die Hintergründe dieser Fälle müssten unbedingt aufgearbeitet werden, um eine weitere Verschwendung zu verhindern. „Das Innenministerium sollte Maßnahmen ergreifen, die Mängel bei der Umsetzung des Vergaberechts bei Ausgaben für Sachverständige zu beheben", fordert der zuständige Rechnungshofdirektor Gerold Böhmer. Und er mahnt einmal mehr sehr eindringlich: "Die Einhaltung des Haushaltsrechts ist von großer Bedeutung, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu wahren und eine effektive und faire Verwendung öffentlicher Gelder sicherzustellen."