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"Ich sehe im Toscana meine Zukunft"

Hinter Clemens Eisold und seiner Familie liegen zwei harte Insolvenz-Jahre. Im Interview spricht der 32-Jährige über seine Pläne für das beliebte Dresdner Café.

Von Kay Haufe
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Clemens Eisold führt das Café Toskana in dritter Generation weiter.
Clemens Eisold führt das Café Toskana in dritter Generation weiter. © Sven Ellger

Dresden. Viele Dresdner konnten es nicht glauben, als im Mai 2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Eisold KG eröffnet wurde. Die Bäckerfamilie aus Radeberg war für ihre hochwertigen Kuchen und Törtchen bekannt, betrieb zahlreiche Filialen in der Stadt. Ihr Flaggschiff, das Café Toscana am Blauen Wunder, war 2016 vom Juniorchef Clemens Eisold neu ausgestattet worden. Inzwischen ist Matthias Wiechert als Investor in die Traditionsbäckerei eingestiegen, der sowohl die Produktion in Radeberg als auch die zehn Eisold-Filial-Standorte und die Cafés an der Uniklinik und am Fetscherplatz fortführt. Clemens Eisold ist seit dem 1. Juli mit seiner neu gegründeten Eisold GenussManufaktur GmbH der neue Inhaber und Betreiber des Cafés Toscana.

Herr Eisold, am Donnerstag hat das Toscana nach der Lockdown-Pause erstmals wieder Gäste empfangen. Wie war es, als Geschäftsführer in den altbekannten Räumen zu stehen?

Ich hatte wirklich Sorge, dass nicht viele Gäste kommen. Immerhin konnten die Restaurants und Cafés schon einige Wochen eher öffnen, aber der Insolvenzverwalter hatte für das Toscana entschieden, den Cafébetrieb bis zum Ende seiner Mietzeit nicht wieder aufzunehmen. Uns kam das entgegen, denn so konnten wir komplett neu durchstarten. Dass am 1. Juli so viele Gäste kamen und einige sogar mit Blumen für uns, war schön und berührend für unser ganzes Team. Einige sagten uns, wie sie sich freuen, dass es jetzt wieder losgeht.

War es eine leichte Entscheidung für Sie, das Café zu übernehmen?

Ja, war es tatsächlich. Mitte Februar war klar, dass meine Familie die Bäckerei nicht weiterführen wird, sondern ein neuer Eigentümer aus der Region, der unsere Firmenphilosophie mitträgt und auch die Filialen erhalten will. Nur das Café Toscana eben nicht. Das war ein glücklicher Umstand und ich habe gleich gesagt, ich möchte im Toscana weitermachen. Nicht nur, weil ich Freude an der Gastronomie und der Selbstständigkeit habe, sondern auch als Weg, uns zu rehabilitieren und den Namen Eisold unternehmerisch weiterzutragen. Geklappt hat es dann auch dank des guten Verhältnisses zum Vermieter. Mein Großvater hat das Toscana 1992 gemeinsam mit meinem Vater übernommen, knapp 30 Jahre später ist es ähnlich mit meinem Vater und mir, der vierten Generation. Auch meine Mutter wird im Büro mitarbeiten und mein jüngerer Bruder im Service aushelfen. Hier sollen die Eisolds weiterhin mit hoher Qualität in Verbindung gebracht werden. Rückmeldungen bestätigen mir außerdem immer wieder, das dieses Café seinesgleichen in der Region sucht.

Sie klingen sehr optimistisch. Woher kommt die Kraft nach der Insolvenz?

Grundsätzlich bin ich ein optimistischer und positiv denkender Mensch. Die Motivation kommt durch die Familie und Freunde, wir driften nicht auseinander. Und tatsächlich hat das Projekt Café Toscana für unsere Familie eine positive, antreibende Wirkung. Es geht weiter, wir stehen wieder auf. Hier sehe ich meine Zukunft als Inhaber. In der Eisold KG arbeite ich neben meinen Eltern außerdem weiter als Angestellter mit Führungsaufgaben.

Dann haben Sie den harten Einschnitt offenbar gut verkraftet.

Eigentlich war die Phase vor der Insolvenz die belastendste für mich und meine Familie. Es hat sich etwa über zwei Jahre bemerkbar gemacht, dass es kritisch wird, aber wir haben versucht, immer weiterzumachen und das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Die Ursachen für die Insolvenz waren vielfältig. Neben großer Konkurrenz und der schnellen Expansion unserer Firma war es auch der Kostendruck. Unser Betrieb arbeitet sehr handwerklich, das kostet Geld und passt nicht zu jeder Filialstruktur. Wir standen unter hohem psychischem Druck. Deshalb fiel erstmal eine Last ab, als der Insolvenzantrag gestellt wurde. Mir war es ein Anliegen, im Toscana zu sein, als die Hiobsbotschaft Insolvenz verkündet wurde.

Das Insolvenzteam um Christian Heintze hat uns seitdem sehr geholfen und unter die Arme gegriffen. Wir wurden von Anfang an in die Sanierung einbezogen, keine Entscheidung wurde getroffen, ohne uns einzubeziehen.

Haben Ihnen viele Café-Mitarbeiter die Treue gehalten?

Trotz Insolvenz haben viele Mitarbeiter zum Unternehmen gestanden. Im Café Toscana haben wir momentan noch rund 70 Prozent unseres alten Teams. Der Rest wurde oder wird in den kommenden Wochen neu eingestellt.

Viele Gastronomen klagen, kein Personal zu finden.

Das trifft für uns zum Glück nicht ganz zu. Den Bewerbern sagen unsere Café-Öffnungszeiten wochentags von 8 bis 18 Uhr und am Wochenende von 9 bis 18 Uhr eher zu. Es sei planbar und besser mit dem Privatleben zu vereinbaren.

Was ändert sich mit ihrer Übernahme im Café?

Während meiner Ausbildung in der Schweiz zum Gastronomen und Hotelier führten mich verschiedene praktische Tätigkeiten nach Frankreich, Brasilien und Hongkong. Nachdem ich 2015 wieder nach Dresden gekommen bin, ist mir unter anderem das sehr breite Sortiment innerhalb unserer Bäckerei aufgefallen. Das ist heutzutage leider allzu oft sehr kostspielig und verbunden mit hohen Retouren, was am Ende auf die Rentabilität drückt. Damals gab es Reibungspunkte mit meinen Eltern, die den Fokus auf ein möglichst breites Sortiment legten. Mein Anliegen war damals wie heute ein kleineres Angebot, dass eher auf Abwechslung über die Woche und das Jahr setzt. So werden wir es auch im Café Toscana handhaben. Die Zeiten von 10-seitigen Speisekarten sind meiner Meinung nach vorbei. Heute muss es schmal, aber dafür umso interessanter sein. In unserer neuen Karte gibt es zum Beispiel zum Frühstück einen leckeren Avocado-Toast mit pochiertem Ei und für den späteren Hunger ein echtes Wiener Schnitzel. Dazu kommt, dass wir zukünftig auch selbst im Café Toscana Süßes produzieren werden.

Es soll eine Backstube im Café geben?

Nicht ganz, die Stärke des Cafés sind nach wie vor die Konditoreiprodukte. Daher richten wir im ehemaligen Lager im Untergeschoss eine kleine Patisserie ein, in der unter Federführung meines Vaters, der Konditormeister ist, exklusive Produkte in gewohnter Eisold-Qualität entstehen. Die gibt es dann auch nur im Café Toscana. Die Kreationen gehen dann direkt aus der Produktion in die Theke. Abhängig davon wie schnell die Geräte geliefert werden, soll der Startschuss im August oder September fallen. Dafür wollen wir für den Beginn zwei bis drei Konditoren einstellen. Aktuell gibt es bereits einige gute Rückmeldungen der Interessenten, aber wir freuen uns nach wie vor über weitere Bewerber. Parallel beziehen wir weiter auch Angebote der Bäckerei Eisold.

Andere Gastronomen am Blauen Wunder klagen über Probleme durch die Poller, mit denen der Weg zur Elbe abgesperrt wurde. Ist das auch für Sie ein Thema?

Ja, definitiv. Die wenigen verbliebenen Parkplätze sind heiß begehrt und reichen zum einen weder für Kunden und Gäste des Schillerplatzes, noch bietet der verbleibende Platz genügend Möglichkeiten für Lieferfahrzeuge, um zu rangieren. Dazu kommt, dass Fahrzeuge immer wieder im Parkverbot abgestellt werden. Hier muss nachgebessert werden. Mitte Juli soll es einen runden Tisch dazu geben.