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Rund 7.000 unbearbeitete Wohngeld-Anträge in Dresden

Nach der Wohngeld-Reform kommen 12.000 berechtige Haushalte in Dresden dazu. Im Rathaus kommt man mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher. Die Betroffenen warten seit Monaten auf das Geld.

Von Julia Vollmer
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Wenn das Geld nicht reicht, können Betroffene Wohngeld beantragen. Doch im Dresdner Rathaus kommt man mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher.
Wenn das Geld nicht reicht, können Betroffene Wohngeld beantragen. Doch im Dresdner Rathaus kommt man mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher. © Monika Skolimowska/dpa

Dresden. Viele Dresdnerinnen und Dresdner arbeiten - und trotzdem reicht das Geld nicht zum Leben. Sie können dann zusätzlich zum Einkommen Wohngeld bei der Stadt beantragen. Auch für Rentner gilt das. Wie hoch die Summe ist, hängt vom Einkommen und Familien- und Wohnungsgröße ab.

Zum 1. Januar traten Änderungen beim Wohngeld in Kraft. Dadurch soll sich laut Stadt die Anzahl der Anspruchsberechtigten verdreifachen und die Höhe des Wohngelds zum Teil verdoppeln. Außerdem wurde Ende 2022 ein zweiter Heizkostenzuschuss eingeführt. Aus diesen Gründen gehen in der Wohngeldstelle aktuell sehr viele Anträge ein. Doch das Personal kommt mit der Bearbeitungen nicht hinterher, das Geld lässt auf sich warten.

Wie viele Anträge sind offen?

Aktuell muss die Stadt mehr als 7.000 offene Wohngeldanträge einräumen. "Die durchschnittliche Bearbeitungszeit liegt derzeit bei rund drei Monaten – Tendenz stark steigend", so die Stadt auf Anfrage von Sächsische.de. Die technische Umsetzung der Wohngeldreform werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Auf die Frage, wann dann das Geld voraussichtlich ausgezahlt wird, heißt es: "Die Stadtverwaltung rechnet aktuell damit, dass das erhöhte Wohngeld Ende Februar ausgezahlt wird". Die Auszahlung des zweiten Heizkostenzuschusses, der bereits Anfang November 2022 beschlossen worden war, sei für Ende März geplant.

Allein im Januar 2023 sind insgesamt 4.669 Anträge in der Wohngeldstelle eingegangen. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 sind damit mehr als das zweieinhalb Mal so viele Anträge eingegangen. Die Erstanträge haben sich im Vergleich dabei mehr als vervierfacht. Das bedeutet, dass in Dresden aller Voraussicht nach 12.000 Haushalte hinzukommen. Dann dürften in Dresden insgesamt 18.300 Haushalte Wohngeld beziehen, so die Stadt.

Was sind die Ursachen für die lange Bearbeitungszeit?

Die Ursache der langen Bearbeitungszeit würden in erster Linie bei der stark gestiegenen Zahl der Anträge liegen, so die Stadt. Mit der Ankündigung des dritten Entlastungspaketes Anfang September 2022, inklusive der Wohngeldreform, seien die Anträge stetig angestiegen.

So schnell habe man jedoch kein neues Personal einstellen können, betont das Rathaus. Erste Neueinstellungen habe es erst im Dezember gegeben, 2022 realisiert werden. Nun kann der Antrag auch digital eingereicht werden.

In der Wohngeldstelle arbeiten aktuell 68 Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter. Mit Stand Anfang Februar waren nur 28 der aktuell 90 für die Umsetzung der Wohngeldreform vorgesehenen Stellen besetzt. In den nächsten Wochen sollen aber weitere Kolleginnen und Kollegen ihren Dienst antreten. Wie viele und wann lässt die Stadt offen.

Wie schlimm ist der Antragsstau für die Betroffenen?

Es gibt in Dresden einige Beratungsstellen für Fragen rund um das Wohngeld, unter anderem bietet das die Caritas an. Dort kennt man das Problem mit den langen Wartezeiten auf das Geld. "Lange Bearbeitungszeiten gibt es schon seit der Corona-Krise. Durch die Erweiterung des Empfängerkreises verschärft sich ein damit schon bekanntes Problem", sagt Sprecher Andreas Schuppert. "Die ohnehin prekäre Einkommenssituation verschlimmert sich. Die fehlenden Euros werden oft über den Dispokredit finanziert. Die hohen Zinsen dafür bergen ein erhebliches Verschuldungsrisiko."

Und es geht noch weiter. Denn die fehlende Bewilligung des Wohngelds führt zu einer Einschränkung weiterer möglicher Leistungen. Der Bewilligungsbescheid für Wohngeld ist zum Beispiel die Voraussetzung für die Beantragung des Kinderzuschlages. "In die Berechnung der Leistungen der Stiftung 'Hilfe für Familie, Mutter und Kind' des Freistaates Sachsen zählt der Anspruch auf Wohngeld als Einkommen, unabhängig davon, ob das Geld tatsächlich ausgezahlt wird", sagt der Caritas-Sprecher.

Erheblich mehr Anfragen zum Wohngeld bekommt auch die Seniorenberatung des Caritasverbandes Dresden. "Die Ratsuchenden fragen nach Information und nach Unterstützung beim Ausfüllen der Formulare", erzählt Schuppert.

Was kritisieren die Stadträte?

"Es muss verhindert werden, dass die Bearbeitungszeit noch länger wird. Die aktuelle Dauer von drei Monaten ist schon schwierig", betont SPD-Stadtrat Vincent Drews. Denn die Menschen bräuchten diese Unterstützung dringend und hätten keine Rücklagen. Gut sei, dass die Anträge nun endlich digital gestellt werden können. "Ich hoffe, dass das die Bearbeitung und Auszahlung deutlich verschnellert."

Linken-Stadträtin Pia Barkow sieht das Problem auch auf Bundesebene. Dass die Wohngeldstelle nun vor einem großen Stapel von Anträgen steht und kaum hinterherkomme, sie zu bearbeiten, sei erwartbar gewesen. "Mich ärgert es total, dass die Bundesregierung vor diesem Hintergrund nicht endlich die Antragsverfahren vereinfacht hat, um die kommunalen Stellen zu entlasten", sagt sie.

Grünen-Stadträtin Tina Siebeneicher betont, "es sollte auf der Seite der Stadt darauf hingewiesen werden, dass Betroffene in einer Notsituation auch einen Vorschuss beantragen können".