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Könnte Dresden eine Umweltzone bekommen?

Nach der Debatte um eine neue Luft-Schadstoff-Verordnung wird in einigen Städten wieder über die Einrichtung von Umweltzonen mit Fahrverboten diskutiert. Drohen auch in Dresden Fahrverbote?

Von Theresa Hellwig
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Könnte Dresden eine Umweltzone bekommen? Durch zwei EU-Debatten rückt die Frage jetzt wieder in den Fokus.
Könnte Dresden eine Umweltzone bekommen? Durch zwei EU-Debatten rückt die Frage jetzt wieder in den Fokus. © Christian Juppe

Dresden. Leipzig hat eine, Dresden nicht. Die Rede ist von einer Umweltzone. Innerhalb dieser dürfen in der Stadt nur Autos fahren, die mit einer grünen Plakette ausgestattet sind; die also bestimmte Schadstoffgrenzwerte einhalten. Durch zwei Debatten auf EU-Ebene ist das Thema jetzt neu in den Fokus einiger Städte gerückt. Hat das auch Folgen für Dresden?

Was wird gerade auf EU-Ebene diskutiert?

Gleich zwei Themen werden gerade auf EU-Ebene diskutiert, die das Thema Umweltzone betreffen. So ging es im Dezember zum einen um eine neue Abgasnorm für Autos. Schon länger hat die EU zudem eine Verschärfung der Vorschriften für Luftschadstoffe auf dem Plan.

So haben sich Ende Dezember 2023 das Europäische Parlament und der Rat der EU auf die neue Abgasnorm "Euro 7" geeinigt. Hierbei geht es um Schadstoffemissionen von Fahrzeugen. Für die wichtigsten Luftschadstoffe sollen künftig strengere Regeln gelten. Neben Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen soll es dabei erstmals auch Regeln für Feinstaub, der durch Bremsen und Reifenabrieb entsteht, geben. Damit betreffen die neuen Regeln auch Elektro- und Wasserstoffautos. Die Grenzwerte für Pkw und Kleintransporter werden dabei nur leicht gesenkt, die für Lkw und Busse stark.

Speziell die Debatte um die Grenzwerte für Luftschadstoffe schwelt schon länger. Hierzu gab es 2022 neue Vorschläge. Diese Debatte ist für Umweltzonen die entscheidendere, weil es hier um die Grenzwerte an Feinstaub und Schadstoffe geht, die eine Stadt einhalten muss.

Derzeit gelten in Deutschland Tages-Grenzwerte für Feinstaubpartikel mit einer Größe von zehn Mikrometer (PM10). Im Jahr darf ein Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht öfter als an 35 Tagen überschritten werden. Der Feinstaubwert für Partikel mit einer Größe von bis zu 2,5 Mikrometer (PM2,5) darf im Jahresmittel nicht mehr als 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft betragen.

Das will die EU-Kommission verschärfen: Nach jetzigem Stand soll der Tagesgrenzwert für Partikel mit einer Größe von zehn Mikrometer dann bei 45 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen und nicht öfter als 18 Mal im Jahr überschritten werden. Die Grenze für den Jahresmittelwert von Partikeln mit bis zu 2,5 Mikrometer soll dann bei zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen. Der Wert soll also um mehr als die Hälfte reduziert werden.

Wie sind die Feinstaubwerte in Dresden?

Den aktuellen Grenzwert von 25 Mikrogramm für PM2,5-Feinstaub hat Dresden im Jahresmittel lange nicht überschritten. Bis zum Jahr 2010 sind die Werte beim Umweltbundesamt online einsehbar: In dieser Zeitspanne war das an der Messstation an der Bergstraße gar nicht der Fall. Die Messstation ist eine von dreien in Dresden; und zwar die am stärksten mit Schadstoffen belastete.

Konkret lag der Jahresmittelwert für PM2,5-Feinstaub an der Messstelle Dresden-Nord im Jahr 2023 bei acht Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, teilt Falk Hofer vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) mit. An der Bergstraße lag er bei neun und an der Messstation in der Winckelmannstraße am Hauptbahnhof ebenfalls bei acht Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Sollten die Grenzwerte auf zehn Mikrogramm im Jahresmittel verschärft werden, sähe es in Dresden schon enger aus. 2023 wäre zwar auch dieser Wert eingehalten worden. In den Jahren 2022 und 2021 lag der Wert aber bei elf, 2020 genau bei zehn, im Jahr davor wieder bei elf Mikrogramm pro Kubikmeter - also über dem möglichen neuen Grenzwert. Noch höher lagen die Werte davor: Zwischen den Jahren 2018 und 2010 kam die Messtelle an der Bergstraße stets auf Werte zwischen 14 und 21 Mikrogramm im Jahresmittel.

Was PM10-Feinstaub anbelangt, hat die Stadt 2023 keine einzige Überschreitung der 50 Mikrogramm-Grenze gehabt. Im Jahr 2022 gab es an zwei Tagen Überschreitungen des Grenzwertes - aber auch nur an einer von drei Messstationen. In den Jahren davor waren die Werte an allen drei Dresdner Stationen überschritten worden, aber jeweils nur an einem bis vier Tagen. Von der Maximalzahl der 35 Tage ist Dresden also in den vergangenen Jahren weit entfernt gewesen. Das sah vor mehr als zehn Jahren noch ganz anders aus.

Wie sind die Feinstaubwerte in Dresden einzuordnen?

Dass die Feinstaubwerte im Jahr 2023 in Dresden so niedrig waren, liegt lauft Falk Hofer vom LfULG am vielen Regen und am milden Winter. In dem Jahr wurden in Dresden die niedrigsten Feinstaubwerte seit Messbeginn aufgezeichnet. "Im Vergleich zu den Konzentrationen von vor zehn Jahren handelt es sich in etwa um eine Halbierung der Werte in Dresden", so Falk Hofer.

Schon jetzt zeichnet sich für 2024 ein anderes Bild: "Bereits im Januar 2024 wurden mehr PM10-Überschreitungstage in Sachsen und Dresden als im gesamten Jahr 2023 registriert", ordnet Falk Hofer ein.

Stichwort Umweltzone: Hat die EU-Debatte Konsequenzen für Dresden?

Auch die Stadt Dresden verweist darauf, dass die Messwerte für Feinstaub in den vergangenen Jahren eingehalten worden sind. Dasselbe gilt für Stickstoffdioxid, also NO2. Dennoch: "Werden die neuen Grenzwerte der EU beschlossen, kommen auf Dresden zumindest bei den avisierten Werten für 2023 bei PM2,5 und NO2 Herausforderungen zu", so Sprecher Alexander Buchmann. Ob eine Umweltzone nötig sei, sollten die Regeln tatsächlich verschärft werden, "werden lufthygienische Analysen zeigen".

Zunächst sei eine Umweltzone aber noch nicht nötig. Denn Dresden habe 2011 den Luftreinhalteplan mit einem Maßnahmenpaket beschlossen. Dazu zählt das Ziel, den motorisierten Individualverkehr - also die Zahl der Autos in der Stadt - zu senken. Zudem soll das ÖPNV-Netz verbessert werden. Eine weitere Maßnahme aus dem Paket ist die Förderung des Fuß- und Radverkehrs und eine intelligente Verkehrssteuerung durch sinnvoll geschaltete Ampelanlagen.

Wie geht es jetzt weiter?

Festgeschrieben ist die neue Abgasnorm noch nicht: Das Europäische Parlament und der Rat haben sich zwar bereits geeinigt. Sie müssen ihre Ziele nun aber noch formell beschließen. Der entscheidendere EU-Vorschlag, also der zu den Luftschadstoffen, hat einen noch weiteren Weg vor sich: Der Rat und das Parlament müssen noch darüber verhandeln. Erst danach kann das Ganze beschlossen werden. Das bedeutet laut Falk Hofer: Die endgültige Fassung mit den tatsächlichen Grenzwerten steht noch nicht fest.

Und auch in der Stadt Dresden wird es nicht von heute auf morgen eine Umweltzone geben: Wenn die neuen Verordnungen beschlossen sind, hat die Stadt Dresden nach eigenen Angaben noch viel Zeit für eine Entscheidung.