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Christi Himmelfahrt am Elbufer: "Männertag in Dresden ist Nostalgie"

Betrunkene Männer mit Bollerwagen und reichlich Bier - dafür ist der Männertag in Dresden eigentlich bekannt. Doch ist das noch so? Wie Dresdner und Gäste den Feiertag an der Elbe verbracht haben.

Von Juliane Just
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Männertag in Dresden mit guter Laune und altem Gefährt: Jan (v.l.), Kay, Dirk, Dirk, Silvio, Torsten und Daniel aus Oschatz genießen ein oder zwei Bierchen am Fährgarten Johannstadt.
Männertag in Dresden mit guter Laune und altem Gefährt: Jan (v.l.), Kay, Dirk, Dirk, Silvio, Torsten und Daniel aus Oschatz genießen ein oder zwei Bierchen am Fährgarten Johannstadt. © René Meinig

Dresden. Da kommen sie schon, die Grüppchen. Gut zu erkennen an den Dreiviertelhosen mit riesigen Taschen am Oberschenkel, meist in geblümten Hawaii-Hemden oder gleich ganz ohne T-Shirt. Und natürlich, das Haupterkennungsmerkmal: der Bollerwagen, bis oben hin mit Bier gefüllt. So stellt man sich den Männertag in Dresden vor. Doch ist das wirklich noch so?

Bereits um 11 Uhr ist an der Elbe an Christi Himmelfahrt einiges los. Radfahrer, Inline Skater, Jogger und Gassigeher sind unterwegs. In Höhe des Rosengartens auf der Neustädter Elbseite wird man am Grillplatz fündig: Eine Gruppe mit Bollerwagen. Die Freunde, die sich aus Dresden kennen, haben sich bestens vorbereitet. Mehrere Kühltruhen mit Eis und einer Menge Bier, Campingstühle, Grill, sogar einen Müllbeutel haben sie dabei.

Die Masse an Ausstattung hat vielleicht auch mit dem kurzen Weg zu tun - vom Bautzener Tor sind sie bis hierher gelaufen, etwa 500 Meter. Für den Transport der Ausrüstung werden die unzähligen Kisten übereinandergestapelt und mit Gurten am Bollerwagen festgezurrt. "Wir sind immer hier an diesem Grillplatz", sagt Roy Streicher. Die jungen Herren kennen sich durch Arbeit und Verwandtschaft, sind seit 2016 gemeinsam am Männertag unterwegs. Nur während der Corona-Pandemie mussten sie notgedrungen pausieren.

Bislang sei noch wenig los an der Elbe, bemerken die Männer. Doch zum Nachmittag wird es meist voller und lauter an den Elbwiesen, das wissen sie aus Erfahrung. Bollerwagen und Musikboxen sehe man inzwischen jedoch weniger am Männertag.

Die Cousins Roy und Philip Streicher (v.l.) und Benjamin Scholz aus Dresden haben es sich an einem der Grillplätze am Rosengarten gemütlich gemacht und allerhand Equipment zur Elbe geschleppt.
Die Cousins Roy und Philip Streicher (v.l.) und Benjamin Scholz aus Dresden haben es sich an einem der Grillplätze am Rosengarten gemütlich gemacht und allerhand Equipment zur Elbe geschleppt. © René Meinig

Urlaub in Dresden: Mit dem Rad nach Pillnitz

Wenige Meter weiter sitzen Heinrich und Bärbel Hauer auf einer Bank und strecken ihre Nasen der Sonne entgegen. Die beiden Hessen machen gerade Urlaub in Dresden. "Wir sind vor zwei Tagen mit dem Wohnmobil angereist", sagt Bärbel Hauer. Seither erkunden sie die Gegend mit dem Rad - am Mittwoch in Richtung Meißen, zum Männertag in Richtung Pillnitz.

"Wir waren vor zehn Jahren zum Männertag in Dresden. Da war Dixieland und überall Männer mit Bollerwagen, das hat uns richtig gut gefallen", sagt Heinrich Hauer. In ihrer Heimat in der Kleinstadt Waldeck sei diese Tradition nicht mehr so ausgeprägt. "Junge Burschen" würden zwar grüppchenweise losziehen, aber Dresden ist eine andere Nummer. Für die 67-Jährige ist der Feiertag ein Spektakel: "Ich schau mir das gern an. Männertag in Dresden ist Nostalgie. Man sollte das aufrechterhalten."

Bärbel und Heinrich Hauer aus Hessen sind zum Männertag mit dem Rad unterwegs. Für sie ist die Männertags-Tradition in Dresden ein richtiges Spektakel, das erhalten bleiben sollte.
Bärbel und Heinrich Hauer aus Hessen sind zum Männertag mit dem Rad unterwegs. Für sie ist die Männertags-Tradition in Dresden ein richtiges Spektakel, das erhalten bleiben sollte. © René Meinig

Männertag wird zum Familientag

Nur einen Katzensprung weiter ist das Filmnächte-Areal. Dort ist Volker Fritz damit beschäftigt, Dinge vom Boden aufzuheben, die seine Kinder aus dem Doppel-Kinderwagen hinauswerfen. Ein Mini-Fußball, ein Spucktuch - es gibt eben immer etwas zu tun. Gemeinsam mit seiner baldigen Frau Katja ist der 69-Jährige hier am Männertag für einen Spaziergang unterwegs.

Die beiden sind aus Rostock angereist und zum ersten Mal in Dresden. "Eine sehr schöne Stadt", beteuern die beiden, während er den Kinderwagen schaukelt, damit der 21 Monate alte Lennard darin nicht unruhig wird. Früher sei er am Männertag oft Fahrrad gefahren, nun gehört der Tag der Familie. "Wir überlegen, heute noch eine Bootsfahrt zu machen", sagt seine 36-Jährige Frau, die wiederum die vier Monate alte Lilly auf dem Arm hält.

Katja und Volker Fritz aus Rostock zeigen der kleinen Lilly und Söhnchen Lennard zum Männertag das Dresdner Königsufer. Sie nutzen den Feiertag, um Zeit mit der Familie zu verbringen.
Katja und Volker Fritz aus Rostock zeigen der kleinen Lilly und Söhnchen Lennard zum Männertag das Dresdner Königsufer. Sie nutzen den Feiertag, um Zeit mit der Familie zu verbringen. © René Meinig

Am Elberadweg sind aber nicht nur Passanten mit Kinder- oder Bollerwagen unterwegs, auch die Polizei bestreift das Elbufer am Männertag. "Bisher ist es ruhig", heißt es von Pressestelle der Polizei am frühen Nachmittag. Die Wasserschutzpolizei sowie Rettungskräfte sind auf der Elbe unterwegs.

Studentinnen picknicken am Dresdner Elbufer

Wer am Elbufer nicht in Bewegung ist, sucht sich ein schönes Fleckchen im Grünen. Vor der Altstadtkulisse haben sich Malin, Lina und Lisa auf einer Decke niedergelassen und ein Picknick aufgefahren, das für eine Großfamilie reichen würde. Muffins, Obstsalat, aufgeschnittenes Gemüse, Baguette und Gummibärchen liegen dort neben Wein, Pfefferminz-Schnaps und Bier. "Wir haben uns abgesprochen, dass jeder etwas mitbringt. Nur die Ausmaße wurden vorher offenbar nicht geklärt", sagt Malin und lacht.

Die drei Freundinnen, alle Anfang 20 und Studentinnen, feiern heute einen "Anti-Männertag" und verbringen den Tag gemeinsam. Ein bisschen picknicken, danach Minigolfen, nur die Abendplanung ist noch offen. Besoffene Männerhorden kennen die jungen Frauen, doch in Dresden sei das "relativ human". Allerdings sind die drei auch frisch vom Mallorca-Urlaub zurück und noch richtig in Partylaune.

Die Studentinnen Malin (v.l.), Lina und Lisa haben zum Männertag ein üppiges Picknick an der Elbe genossen.
Die Studentinnen Malin (v.l.), Lina und Lisa haben zum Männertag ein üppiges Picknick an der Elbe genossen. © René Meinig

Bierzelt-Klassiker im Fährgarten Johannstadt

Auch auf der anderen Elbseite ist die Laune bestens. In Richtung Blaues Wunder, wo der Elberadweg enger wird, staut sich der "Verkehr" an einigen Ecken. Vom Fährgarten Johannstadt, einem Garanten für einen Stopp am Männertag, schallen bereits von weitem Bierzelt-Klassiker. Hier sitzt eine sechsköpfige Männergruppe, die aus Oschatz angereist ist, um Dresden mit dem Rad zu erkunden.

Auf dem Tisch steht eine leere Flasche Kirsch-Schnaps, die frisch gezapften Biere sind bereits halb geleert. Bislang seien es sicher ein bis zwei Bierchen gewesen, rechnen die Herren vor - pro Stopp, wohlgemerkt.

Die Oschatzer gehen den Männertag professionell an - in einer Männertagsgruppe wird jährlich ein Ziel auserkoren, dass das mit dem Rad angefahren wird. Letztes Jahr seien sie auf dem Heiratsmarkt in Collm, nicht weit entfernt von Oschatz gewesen und waren enttäuscht. Corona habe seine Spuren hinterlassen.

Doch Dresden konnte bei den Männern punkten. "Wir würden nächsten Jahr gern wiederkommen. Hier ist einfach mehr los", sagt Jan. Er ist heute mit einem originalen Mifa-Fahrrad, Baujahr 1983, unterwegs. Bis zum nächsten Stopp am Schillergarten sind es zum Glück nur drei Kilometer - dann wartet schon das nächste Bier.