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Zoff um Semperoper-Erweiterung: Anbau soll in 20 Jahren wieder verschwinden

Um nicht schließen zu müssen, braucht die Semperoper in Dresden dringend eine Erweiterung. Wo, darüber ist ein Streit entbrannt. Nun gibt es einen neuen Vorschlag.

Von Dirk Hein
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Die Dresdner Semperoper braucht einen Erweiterungsbau - doch der ist womöglich nicht von Dauer.
Die Dresdner Semperoper braucht einen Erweiterungsbau - doch der ist womöglich nicht von Dauer. © Sven Ellger

Dresden. Der vor 40 Jahren vom Dresdner Architekten Wolfgang Hänsch entworfene Erweiterungsbau der Semperoper muss dringend saniert werden. Um eine vierjährige Schließzeit der Oper zu verhindern, wird ein Ausweichbau benötigt. Weil dieser in den Zwingerpark hineinreichen soll, hat er im Stadtrat bislang keine Mehrheit gefunden. Jetzt liegt ein neuer Vorschlag auf dem Tisch.

Woran ist der Bau bisher gescheitert?

Seit 17 Jahren planen die Verantwortlichen vom Freistaat an einem Erweiterungsbau für die Semperoper. Immer wieder wurden Pläne vorgestellt - und wieder verworfen. Mittlerweile drängt die Zeit. Die Bedingungen im "Hänsch-Bau", dort befinden sich unter anderem Künstlergarderoben, Probensäle und die Masken-Räume, sind nicht mehr zeitgemäß. Internationale Stars sagen der Semperoper ab. Es geht aber auch um Grundsätzliches: "Wir reden nicht mehr nur von den vielleicht besonderen Bedingungen, wie sie Stars sich wünschen, sondern von profanen bauklimatischen und arbeitsrechtlichen Grundsätzen", sagt Stadtrat Tilo Wirtz (Linke).

Im Zwingerpark müssten Bäume für eine Erweiterung der Semperoper gefällt werden.
Im Zwingerpark müssten Bäume für eine Erweiterung der Semperoper gefällt werden. © Sven Ellger

Um sanieren zu können, braucht die Semperoper den Ausweichbau, der wie der Hänsch-Bau einen vor Wind und Wetter geschützten Zugang zum Operngebäude hat. Nur so können Künstler geschminkt und aufgewärmt auf die Bühne. Die laut Freistaat einzige Möglichkeit ist ein Neubau unmittelbar neben dem Hänsch-Bau. Dafür müssten Grünflächen und Bäume im für die Stadt so wichtigen Zwingerpark verschwinden.

Wie begründen die Stadträte ihre Kritik?

"Die Dissidenten sind weiterhin gegen eine Bebauung des Parks - auch als etwas kleiner dimensioniertes Gebäude, als es ursprünglich geplant war", sagt Stadtrat Johannes Lichdi. Aus seiner Sicht habe der Freistaat Alternativen nicht ernsthaft genug geprüft. Laut Lichdi wäre beispielsweise ein Neubau für die Semperoper im Marstall, der einstigen königlichen Stallanlage, wenige hundert Meter entfernt, denkbar.

Dort plane Sachsen ohnehin halbherzig an einem Erweiterungsbau, unter anderem für die Verwaltung der Semperoper. Auf dem Gelände sind zudem die Theaterwerkstätten der Semperoper und des Schauspielhauses untergebracht. Verbunden werden könnte der Neubau laut Lichdi durch einen unterirdischen Gang. "Dafür gibt es zwar Hinderungsgründe wie unterirdische Leitungen. Ich kritisiere aber, dass der Freistaat sich bei allen Lösungen immer zulasten des Zwingerparks ausspricht."

So würde sich der geplante Neubau ins Stadtbild einfügen.
So würde sich der geplante Neubau ins Stadtbild einfügen. © SIB

Thomas Löser (Grüne) bemängelt ebenfalls das lange Zögern des Sächsischen Immobilien- und Baumanagements (SIB) bei den Planungen: "Nur deshalb befinden wir uns jetzt in so einer Zwangslage. Stimmen wir dem Neubau nicht zu, muss die Semperoper lange Zeit schließen. Meine Fraktion hat sich noch nicht entschieden, ob sie das mitträgt."

Auch Torsten Nitzsche (Freie Wähler/Freie Bürger) sagt: "Ich bin gegen den geplanten Neubau in der jetzt vorgeschlagenen Ausdehnung."

Welche Alternative wird nun vorgeschlagen?

Die Grünen kommen nun mit einem alternativen Vorschlag - einem Bau auf Zeit. "Der Stadtrat sollte sich fragen, ob ein zum Beispiel in Holzständerbauweise gebauter Interimsbau für die Semperoper nicht ausreichend ist", sagt Stadtrat Thomas Löser. Er denkt dabei an einen Zeitraum von etwa 20 bis 25 Jahre. Danach müsste der Bau, der am gleichen Ort wie der vom SIB bevorzugte dauerhafte Neubau stehen könnte, komplett zurückgebaut und recycelt werden. Die Fläche würde dann wieder dem Zwingerpark zugestanden.

In der Zwischenzeit müssten Freistaat und Semperoper wichtige Planungen beschleunigen. So soll der ohnehin angedachte Neubau der Semperoper im Marstall kommen. "Dort könnte auch groß gebaut werden, wirklich nach den Wünschen der Oper." Aufgabe der Semperoper wäre es dann, in den vorhandenen Räumen, inklusive saniertem Hänsch-Bau, die eigene Arbeit so zu organisieren, dass durch den Neubau im Marstall ein Erweiterungsbau an der Semperoper unnötig wird. "Die Semperoper müsste nachweisen, dass ihr Betrieb nicht dauerhaft innerhalb des Hänsch-Baus funktioniert", sagt Löser.

Welche Aussicht auf Erfolg hat der neue Vorschlag?

Unterstützung kommt zum Beispiel von den Freien Wählern. "Der Marstall ist die Lösung fast aller Probleme, ein temporärer Bau wäre auch mein Favorit", sagt Torsten Nitzsche.

Mehr Bedenken hat die CDU. "Es braucht das Funktionsgebäude direkt am Opernhaus. Der Eingriff in den Landschaftsraum des Zwingerparks ist unter Berücksichtigung des bestehenden Gebäudes aus meiner Sicht vertretbar", sagt CDU-Stadtrat Mario Schmidt. Wichtig sei, dass der Spielbetrieb der Semperoper durchgängig gewährleistet ist. "Dabei kann ich mir durchaus auch einen längerfristigen Interimsbau vorstellen, wenn das mit den Anforderungen des Opernhauses in Einklang zu bringen ist."