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Statt in den Gulli: Wie Dresden das Wasser bei Starkregen für sich nutzen will

Dresden reagiert auf den Klimawandel. Eine neue Arbeitsgruppe soll den Weg ebnen, damit Regenwasser besser genutzt wird als bisher. Dresden soll zur Schwammstadt werden.

Von Peter Hilbert
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Die Extreme nehmen auch im Dresdner Elbtal zu. Zwar wird es trockener. Wenn Niederschlag fällt, soll es im Sommer aber mit Starkregen häufiger kräftig schütten.
Die Extreme nehmen auch im Dresdner Elbtal zu. Zwar wird es trockener. Wenn Niederschlag fällt, soll es im Sommer aber mit Starkregen häufiger kräftig schütten. © Archiv/Roland Halkasch

Dresden. Wetterextreme nehmen zu. Extrem trockene Sommer und Starkregen sind im Dresdner Elbtal in den vergangenen Jahren viel häufiger geworden. Dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge gehört der Raum Dresden mit zu den trockenen Gebieten im Land. Er lag als einer der wenigen in Ostdeutschland in den vergangenen drei Jahren oft unter dem langjährigen Niederschlagsdurchschnitt von 1961 bis 1990, was als Vergleichsbasis gilt. Bis Ende des Jahrhunderts soll es noch mehr trockene Tage geben.

Schon jetzt regnet es in Sachsen im Vergleich zum Beginn der flächendeckenden Aufzeichnung elf Prozent weniger. Zudem ist die Temperatur um 1,5 Grad gestiegen.

Extreme Trockenheit prägt vor allem in der warmen Jahreszeit immer wieder das Bild am Dresdner Elbufer.Besonders trocken war es in den Sommern von 2018 bis 2020 und im vergangenen Jahr.
Extreme Trockenheit prägt vor allem in der warmen Jahreszeit immer wieder das Bild am Dresdner Elbufer.Besonders trocken war es in den Sommern von 2018 bis 2020 und im vergangenen Jahr. © Sven Ellger

Wenn im Sommer Niederschlag fällt, soll es aber häufiger kräftig schütten, so die Prognose. Das wird auch in einer aktuellen Statistik für Dresden deutlich, erklärt Katja Maerker vom städtischen Umweltamt. Die Expertin kümmert sich um Projekte zum Starkregen. So soll es in Dresden bis zur nächsten Jahrhundertwende jährlich 14 Tage weniger regnen, gleichzeitig sind häufigere Starkregen mit einer Zunahme der Regenhöhe vorausgesagt.

Der Plan: Möglichst viel Regenwasser speichern

Die Stadt Dresden muss viel unternehmen, um besser auf solche Extreme vorbereitet zu sein und somit auch das Stadtklima zu verbessern. Die große Herausforderung ist, die Stadt zukünftig wassersensibel zu entwickeln. Das bedeutet, möglichst viel Regenwasser vor Ort zu speichern. Somit würde Dresden zur Schwammstadt.

Damit kann der natürliche Wasserhaushalt ausgeglichen werden. So steht auch für Trockenzeiten noch ausreichend Wasser für die Natur zur Verfügung. Das führt auch dazu, dass weniger Wasser auf versiegelte Flächen abgeleitet wird, womit der Schutz vor Überflutungen im Starkregenfall verbessert werden kann.

Stefan Trülzsch und Katja Maerker sind in der Arbeitsgruppe zur Schwammstadt. Sie freuen sich, dass beim Ausbau des Promenadenrings am Pirnaischen Platzes neue Wasserspeicher entstehen. Im Bereich hinter ihnen werden Bäume gepflanzt, die sogenannte Rigole
Stefan Trülzsch und Katja Maerker sind in der Arbeitsgruppe zur Schwammstadt. Sie freuen sich, dass beim Ausbau des Promenadenrings am Pirnaischen Platzes neue Wasserspeicher entstehen. Im Bereich hinter ihnen werden Bäume gepflanzt, die sogenannte Rigole © René Meinig

"Wohin mit dem Regenwasser?" Über diese Frage hatten im März Fachleute bei einer Tagung in der Dresdner Ballsport-Arena diskutiert, die die Stadt und die Stadtentwässerung organisiert hatte und zu der 130 Wasserexperten gekommen waren. "Wir haben dabei Strategien für eine wassersensible Stadt entwickelt", erklärt Stefan Trülzsch. Er ist Teamleiter bei der Stadtentwässerung für die Generelle Planung und damit auch für solche Themen zuständig. Er leitet die neue Arbeitsgruppe, in der über den schnellen Weg von Dresden zur Schwammstadt beraten wird. Darin sind Spezialisten der Stadtentwässerung und von sechs städtischen Ämtern aktiv, unter anderem auch Katja Maerker. "Wir haben drei Säulen für unsere Arbeit", erklärt der Arbeitsgruppen-Chef.

1. Säule: Eigentümer zu kleinen Schritten motivieren

Ein erster Schritt ist eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit. "Damit wollen wir den Blick von Bürgern, Investoren und Bauwilligen auf das Problem lenken", sagt Trülzsch. "Das wichtigste Potenzial liegt nicht in den Neubauten, sondern im Bestand." Es gehe vor allem darum, Grundstücksbesitzer dazu zu bewegen, ihren Beitrag zur Schwammstadt zu leisten.

Dabei soll einerseits informiert werden, zum anderen sollen jedoch auch Anreize geschaffen werden. So könnte Regenwasser vom Dach aufgefangen und in Zisternen gespeichert werden, um es zum Bewässern des Gartens oder der Wiese vorm Haus zu nutzen. So würde das Wasser nicht in den Kanal fließen. "Wir prüfen, wie wir Anreize dafür schaffen können", erläutert er.

Das Umweltamt hat bereits ein erstes Projekt mit 31 Gebäuden zum klimaangepassten Bauen und Sanieren abgeschlossen, erklärt Katja Maerker. Untersucht wurde, wie Gebäude klimagerecht angepasst werden können und das Regenwasser am Haus gesammelt und genutzt werden kann.

Dabei geht es jedoch nicht nur ums Speichern des Regenwassers. Denn Hochwasser und Starkregen haben in den letzten Jahren an vielen Gebäuden in Dresden hohe Schäden angerichtet. Zudem sorgt Sommerhitze für teils unerträglich hohe Temperaturen in Innenräumen.

Bei der "Integrativen Bürgerberatung zum klimaangepassten Bauen" (Inklibau) steht vor allem die Frage, wie Eigentümer oder Bauherren ihr Haus an diese klimawandelbedingten Ereignisse anpassen und damit vorsorgen können. Im Internet unter www.dresden.de/inklibau werden dazu für verschiedene Gebäudetypen und klimatische Extreme Anpassungsmaßnahmen aufgezeigt. "Dabei gibt es viele Möglichkeiten, um Schäden zu verhindern", sagt sie. Als Beispiele führt sie den Einbau von Rückstauklappen und das Anbringen von Aufkantungen vor Kellerfenstern an. Das Umweltamt bereitet gerade ein weiteres kostenfreies Beratungsangebot dazu vor.

2. Säule: Planungen ans Schwammstadt-Prinzip anpassen

Bei einem zweiten Schwerpunkt sollen alle Planungsprozesse untersucht werden, wie sie dem Ziel der besseren Nutzung des Regenwassers in einer Schwammstadt angepasst werden können. Das Spektrum soll vom Bebauungsplan über Verkehrs- und Freiflächenplanungen bis hin zum Bau einzelner Häuser reichen.

"Wir prüfen jetzt, wie die Planungen in Dresden ablaufen", verweist Trülzsch auf die nächste Aufgabe. Ermittelt werden soll, was fehlt und welche Satzungen und Richtlinien angepasst oder neu aufgestellt werden müssen. "Im Sommer sollen die ersten Ergebnisse vorliegen", sagt er.

3. Säule: konkrete Regelungen zur Schwammstadt

Im dritten Schritt ist geplant, konkrete Stadtratsvorlagen zu erarbeiten. So könnten auch Modellprojekte für eine umweltfreundliche Nutzung von Flächen entwickelt werden. Einen ersten Plan gibt es bereits fürs neue Gymnasium Linkselbisch Ost (Leo). Das soll ab Anfang kommenden Jahres an der Bodenbacher Straße neben dem Stadion an der Margon-Arena gebaut werden. Dort soll das gesamte Regenwasser auf dem Grundstück zurückgehalten werden. Geplant ist, das Dach, die Fassade und den Pausenhof zu begrünen. In Tiefbeeten und Mulden soll selbst bei Starkregen Wasser zurückgehalten werden können.

Regenversickerungssysteme sollen sowohl auf Freiflächen als auch unter Bäumen am Weg zur Winterbergstraße angelegt werden. Außerdem wird derzeit am Pirnaischen Platz der Promenadenring um die Altstadt weiter ausgebaut. Dabei werden 29 Bäume gepflanzt. Acht davon erhalten mit sogenannten Rigolen Wasserspeicher an den Baumwurzeln.