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Wie der Impfstoff zu Dresdens Ärzten kommt

Rolf Leonhardt beliefert insgesamt 18 Hausarzt-Praxen mit den Corona-Impfstoffen. Doch nicht immer kommt dort die Menge an, die bestellt wurde.

Von Henry Berndt
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Valentin Waldleben arbeitet in der Dresdner Kronen-Apotheke von Rolf Leonhardt. Dort wird Corona-Impfstoff an knapp 20 Dresdner Arztpraxen verteilt.
Valentin Waldleben arbeitet in der Dresdner Kronen-Apotheke von Rolf Leonhardt. Dort wird Corona-Impfstoff an knapp 20 Dresdner Arztpraxen verteilt. © René Meinig

Dresden. 33 Flaschen. Damit begann am 6. April die erste Auslieferung von Impfstoffen durch die Dresdner Kronen-Apotheke. Chef Rolf Leonhardt setzte sich damals noch selbst hinters Steuer, fuhr den Biotech-Impfstoff in die umliegenden Arztpraxen und gab vor Ort gleich Einführungen in den richtigen Umgang.

"Das war ja für alle neu und gerade der Biontech-Impfstoff ist nicht ganz einfach zu verarbeiten", sagt Leonhardt. Im Unterschied zu Astrazeneca muss Biontech vor der Nutzung noch mit Kochsalzlösung verdünnt werden und reagiert sensibel auf Erschütterungen. Aus einer Flasche werden sechs Spritzen aufgezogen.

Zudem galt Anfang April noch die Regel, dass Biontech außerhalb der Kühlung auf minus 80 Grad nur maximal fünf Tage genutzt werden durfte. Das habe die Praxen unter Druck gesetzt und ein sehr effektives Terminmanagement verlangt. Inzwischen wurde der Zeitraum auf 30 Tage erhöht, was die Lage entspannt.

Dirk Keller, Spediteur für den Großhändler Noweda, liefert die Impfdosen in der Kronen-Apotheke ab.
Dirk Keller, Spediteur für den Großhändler Noweda, liefert die Impfdosen in der Kronen-Apotheke ab. © René Meinig

Überhaupt sei das System inzwischen gut eingespielt, das den Großhandel, die Apotheken und die Arztpraxen eng miteinander verbinde. Von Jahresbeginn bis April waren die Apotheken noch außen vor und der Impfstoff ging direkt an die Impfzentren und mobilen Impfteams. Inzwischen aber kommt Rolf Leonhardt und seinen Kollegen längst eine Schlüsselrolle bei der Verteilung zu.

Bis Dienstag 12 Uhr senden etwa 18 Praxen aus der Umgebung ihre Bestellungen an die Kronen-Apotheke auf der Bautzner Straße, die sie spätestens drei Stunden später an den Großhandel von Noweda in Rossau, Landkreis Mittelsachsen, weiterleitet. Am Mittwoch trifft die Lieferung von dort, samt fertig abgepackter Spritzensets, dann an der Apotheke ein und wird nur wenige Minuten später in großen blauen Kühlkisten an die Praxen verteilt, wo die Dosen in den Kühlschränken landen.

Zeitweise nutzte Leonhardt weit über die Hälfte seiner Arbeitszeit für das Planen, Zuweisen und Ausliefern der Impfdosen-Bestellungen, obwohl diese Aufgaben im Vergleich zu anderen Leistungen wie dem Ausstellen von Impf-Zertifikaten relativ schlecht bezahlt würden. "Das ist nicht immer zu 100 Prozent nachvollziehbar."

Flaschenhalter aus dem Hobbykeller

Um die Prozesse zu optimieren, suchte Leonhardt auch selbst nach Lösungen. Für die Portionierung der einzelnen Flaschen holte er beispielsweise aus dem Baumarkt eine große Bauschaumplatte, die er im Hobbykeller zum perfekten Flaschenhalter zurechtbastelte. "Die sind in den Praxen bis heute im Einsatz", sagt er.

Die größte Herausforderung in den ersten Wochen und Monaten: Längst nicht jede bestellte Dosis kam auch in Dresden an. Per E-Mail und SMS blieb Leonhardt ständig mit den Praxen in Kontakt, um die Informationen unmittelbar weiterzugeben. "Ich habe jetzt die Privatnummern von vielen Ärzten und Schwestern", scherzt er.

Weniger zum Lachen war ihm allerdings, als Ende April teilweise nun die Hälfte von 130 bestellten Flaschen geliefert werden konnte. "Das war sicher die schwierigste Phase." Sowohl die Apotheken als auch die Praxen hätten große Flexibilität beweisen müssen, wobei der Ärger der wieder abbestellten Patienten nicht bei Leonhardt ankam.

Der Dresdner Apotheker Rolf Leonhardt ruft die Bürger auf, beim Impfen jetzt nicht locker zu lassen.
Der Dresdner Apotheker Rolf Leonhardt ruft die Bürger auf, beim Impfen jetzt nicht locker zu lassen. © René Meinig

Unabhängig davon teilt er die allgemein spürbare Wut auf das Corona-Management der Politik nicht. "Dass diese Impfstoffe so superschnell und sicher zugelassen werden konnten, war eine riesige Leistung, genauso wie der schnelle Aufbau der Produktionskapazitäten. Das sollte man nicht vergessen."

Wenn es dabei hier und da mal gehakt hat, sei für ihn völlig verständlich. Auch die bundesweite Verteilung der Impfdosen sei letztlich fast immer gerecht vonstatten gegangen, oder zeitnah korrigiert worden.

In dieser Woche kann Leonhardt zum ersten Mal alle von seinen Praxen bestellten rund 1.000 Impfdosen liefern. Der überwiegende Teil ist derzeit Biontech. Johnson & Johnson sei dagegen derzeit überhaupt nicht lieferbar.

Impftermine einfacher zu bekommen

Neben den Allgemeinmedizinern impfen seit Kurzem auch viele Fachärzte mit und erweitern die Möglichkeiten enorm.

Fakt ist: Es wird auch Dresden immer einfacher, einen Impftermin zu bekommen - wenn man denn einen möchte. Nach der wochenlangen Termin-Jagd mit nächtlichen Klick-Marathons am Computer stellt Leonhardt nun einen schleichenden Wandel fest.

In den meisten Praxen seien die Risikopatienten inzwischen durchgeimpft, die Kapazitäten steigen. "Jetzt, wo die Infektionszahlen so stark sinken, sehe ich allerdings die Gefahr, dass viele abschlaffen", sagt der Apotheker. "Dabei kann ich nur appellieren, die Gelegenheit wahrzunehmen. Es besteht kein Zweifel, dass die Impfung die Basis dafür sein wird, mit dieser Pandemie fertig zu werden." Gern wolle er weiter seinen Teil dazu beitragen.