Dresden
Merken

Dresdner Kleingartenstreit: Wie geht es mit dem Kirschbaum weiter?

Auf einer Gorbitzer Parzelle soll ein alter Kirschbaum gefällt werden. Die Pächter weigern sich dagegen. Nun landet die Sache vor Gericht.

Von Nora Domschke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Katja Vogel und ihr Freund Paul Schumann wollen diesen Kirschbaum in einer Gorbitzer Gartensparte vor der Fällung retten. Nun befasste sich eine Richterin mit der Sache.
Katja Vogel und ihr Freund Paul Schumann wollen diesen Kirschbaum in einer Gorbitzer Gartensparte vor der Fällung retten. Nun befasste sich eine Richterin mit der Sache. © Archiv: Sven Ellger

Dresden. Die Enttäuschung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Bis zuletzt hatten Paul Schumann und seine Freundin Katja Vogel gehofft, dass sie den Kirschbaum auf der Parzelle in der Gorbitzer Gartensparte retten können. Doch an diesem Dienstagmorgen wird schnell klar: Die Richterin am Amtsgericht wird ihnen in dieser Sache nicht folgen.

Dass der Kleingartenstreit nun überhaupt vor Gericht landete, hat eine lange Vorgeschichte. Was war passiert? Das Paar hatte im November 2021 die Parzelle im Kleingartenverein Obergorbitz gepachtet - unter der Bedingung, dass sie die Süßkirsche fällen, die auf dem Grundstück steht. Daran geknüpft war, dass der zunächst befristete Pachtvertrag entfristet wird. Dem hat das Paar zugestimmt. Als Schumann sich in jenem Herbst daran macht, die Äste zu verschneiden, merkt er, dass die Kirsche zwar schon recht betagt, aber noch kerngesund ist.

Was dann folgt, ist ein zäher Streit zwischen dem Vereinsvorstand, dem Stadtverband und den beiden Pächtern. Zahlreiche E-Mails werden verfasst, Vor-Ort-Termine vereinbart und wieder abgesagt - die Fronten verhärten sich immer mehr. Trotz etlicher Aufforderungen und einer Abmahnung lässt das Pächterpaar die gesetzte Frist für die Fällung verstreichen, woraufhin der Vereinsvorstand darauf besteht, dass die Parzelle bis Ende Oktober vergangenen Jahres beräumt und übergeben wird.

Richterin: "Sie hätten das nicht unterschreiben dürfen"

Das haben die Pächter auch getan - und setzten nun dennoch große Hoffnung in den Gerichtstermin. Dabei ging es in erster Linie gar nicht um den Kirschbaum selbst, sondern darum, ob die Befristung des Pachtvertrages rechtens ist. Das wollen Paul Schumann und Katja Vogel mit ihrer Feststellungsklage gern klären.

Die Sache ist vertrackt, denn es geht um Details des Pachtvertrages. Wurde die Parzelle als Dauerkleingarten oder als Kleingarten mit Sondernutzung verpachtet? Was hat das wiederum für Auswirkungen auf die Befristung? Und was schreibt das Bundeskleingartengesetz in diesem Falle vor?

Für Richterin Rita Kretzschmar spielt all das keine entscheidende Rolle. Sie verweist auf die Vereinbarung zwischen Verein und Pächtern - ebenso wie Frank Hoffmann, der als Chef des Stadtverbandes Dresdner Gartenfreunde die Gegenseite vertritt und samt Anwalt zur Verhandlung erschienen ist. "Das hätten Sie nicht unterschrieben dürfen", betont die Richterin mehrfach. In dieser Vereinbarung sei alles geregelt.

Dieses Foto vom Dienstag zeigt, dass der Kirschbaum - hier links im Bild vor der dunkelbraunen Hütte - noch auf der Parzelle in der Gorbitzer Kleingartensparte steht.
Dieses Foto vom Dienstag zeigt, dass der Kirschbaum - hier links im Bild vor der dunkelbraunen Hütte - noch auf der Parzelle in der Gorbitzer Kleingartensparte steht. © privat

Auch die Gründe, die für die Fällung angegeben worden seien, sind in den Augen der Richterin nicht relevant. Paul Schumann will sich damit nicht zufriedengeben und verweist wiederum auf einen Passus in der Rahmenkleingartenordnung des sächsischen Verbandes der Kleingärtner: "Alte, größere Bäume von Kern- und Steinobst sind nicht nur alte Nutzpflanzen-Sorten, sondern auch wertvolle Biotope, die durch gute Pflege so lange wie möglich zu erhalten sind."

So lange wie möglich - darauf beruft sich Richterin Rita Kretzschmar. Denn es geht um einen weiteren Aspekt, warum der Kirschbaum wegsoll. Er sei inzwischen sehr groß, zu groß, um die vorgeschriebene Gartenfläche auf der vergleichsweise kleinen Parzelle für den Anbau von Obst und Gemüse nutzen zu können.

Eine Befragung der Nachbarn hätte zudem ergeben, so Frank Hoffmann, dass der Baum auch die benachbarten Parzellen derart beschattet, dass dort ein Anbau in der festgelegten Größenordnung nicht möglich sei. Dem widersprechen Paul Schumann und Katja Vogel und beteuern, dass eben jene Nachbarn entsetzt gewesen seien, dass die Kirsche gefällt werden soll.

Stadtverband: "Wir werden die Sache erneut prüfen"

Letztlich steht in vielerlei Hinsicht Aussage gegen Aussage, Anschuldigungen werden von beiden Seiten geäußert, der Ton wird rauer. Schließlich lenkt Paul Schumann ein. "Wir können das hier abbrechen, denn Sie verstehen unser Anliegen nicht", sagt der 41-Jährige an die Richterin gerichtet. Allen Seiten sei ohnehin klar, dass es einen Weg zurück in den Kleingartenverein Obergorbitz nicht geben wird - zu sehr belastet ist das Verhältnis zwischen Vereinsvorstand und Pächtern.

Hoffmanns Rat, die Klage zurückzuziehen - auch, um Kosten zu sparen, schlägt Paul Schumann in den Wind. Schumann besteht auf einem Urteil, obwohl ihm bewusst ist, dass es wahrscheinlich nicht zu seinen Gunsten ausfallen wird. Richterin Kretzschmar will das Urteil am 10. März verkünden.

Nach der Verhandlung sind Paul Schumann und Katja Vogel enttäuscht. "Ich bin fassungslos, dass der Verein und der Verband so hartnäckig an der Fällung des Baumes festhalten", sagt Schumann.

Auf die Frage, ob der Kirschbaum noch steht und wie es mit ihm weitergeht, bestätigt Verbandschef Frank Hoffmann, dass der Baum noch nicht gefällt wurde. "Wir werden die Sache jetzt erneut prüfen." Und fügt hinzu: "Es hätte längst ein neuer, weniger schnell wachsender Baum gepflanzt werden können." Ob nun ein neuer Pächter gesucht wird und das Prozedere um den Kirschbaum von vorn beginnt, lässt Hoffmann offen.