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Heide-Förster: "Waldbrände sind zu über 90 Prozent fahrlässig oder vorsätzlich verursacht"

Brandgefahr, Trockenheit, abgestorbene Bäume, Schädlingsbefall: Die Dresdner Heide leidet unter vielen Problemen. Die Brände gehen meist vom Menschen aus, sagt einer, der es wissen muss.

Von Kay Haufe
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Im brandenburgischen Jüterbog hat der Wald zwei Wochen lang gebrannt. Auch die Dresdner Heide ist gefährdet.
Im brandenburgischen Jüterbog hat der Wald zwei Wochen lang gebrannt. Auch die Dresdner Heide ist gefährdet. © Archivfoto: Michael Bahlo/dpa

Dresden. Die Bilder aus Jüterbog in Brandenburg waren besorgniserregend. Dort begann am 31. Mai ein Waldbrand auf munitionsbelastetem Gebiet, erst nach zwei Wochen konnte er gelöscht werden. Wenig später brannte es in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern, sogar ein Dorf musste evakuiert werden. Viele Dresdner werden auch noch an die wochenlangen Brände in der Sächsischen Schweiz im Vorjahr denken, als viele Hektar Wald verbrannten.

Zum Glück sind solche Bilder aus der Dresdner Heide bisher eher selten. Doch es gibt sie, wenn auch nicht in dem Ausmaß. Anfang Mai wurden drei Bäume angezündet. Kurz hintereinander hatte es an der Küchenbrücke, am Manfred-von-Ardenne-Ring und an der Fischhausstraße gebrannt. Heiko Müller, der bei Sachsenforst für die Dresdner Heide zuständig ist, vermutet angesichts dieser Serie einen Brandstifter. Bereits im vergangenen Jahr gab es ähnliche Brände.

"Waldbrände sind zu über 90 Prozent fahrlässig oder vorsätzlich verursacht", ist er überzeugt. Wie etwa durch das Anzünden von Bäumen oder achtlos weggeworfene Zigaretten. Mitunter wird sogar im Wald gegrillt, was angesichts der aktuellen Trockenheit schlimme Folgen haben kann und verboten ist. Genau wie das Rauchen im Wald.

"Blitzschläge können auch einen trockenen Baum oder Reisig entzünden. Das habe ich schon erlebt." Dagegen sei es eher unwahrscheinlich, dass Glasscherben einen Brand auslösen. "Probieren sie mal, mit einer Glasscherbe Feuer zu entfachen. Das klappt in den seltensten Fällen." Dennoch ist Glas in der Heide aufgrund von Verletzungsgefahr für Mensch und Tier nicht gern gesehen.

Gravierende Folgen der Trockenheit

Die Trockenheit der vergangenen Wochen hat ihr Übriges getan, dass sich Brände über Totholz und trockenen Waldboden schnell ausbreiten könnten. Auch wenn an diesem Donnerstag nur die Waldbrandstufe 3 für die Dresdner Heide gilt, also mittlere Gefahr. Auf den ersten Blick sieht es zwar gut aus, sattes Grün an Bäumen und Sträuchern ringsherum. Auf den zweiten aber, der weit nach oben geht, wird das Problem sichtbar: Baumkronen, in denen es viele trockene Äste gibt. Vor allem die weit über 100 Jahre alten Buchen sind davon betroffen. "Es kann immer passieren, dass plötzlich große Äste abbrechen", sagt Heiko Müller.

Die Hoffnung nach dem verregneten Monaten Februar bis April, dass es dieses Jahr endlich wieder mehr Wasser für die Heide geben könnte und damit auch die Grundwasserstände wieder ansteigen, hat sich nicht erfüllt. Im Mai fiel in Dresden-Klotzsche nur 15 Prozent Niederschlag im Vergleich zum Mittelwert der vergangenen Jahre. Und auch der Juni liegt derzeit nur bei 35 Prozent des sonst üblichen Regenwertes. Dafür schien die Sonne im Mai mit 128 Prozent deutlich öfter als im Mittelwert. "Der Wasserpuffer aus dem Frühjahr ist komplett aufgebraucht", sagt Müller und zeigt auf eine große Buche. Ihre Rinde hat sich großflächig gelöst. Eine Folge von Wassermangel. "Das kann der Baum nicht reparieren. Dann dringen Weißfäulepilze ein und zerstören ihn."

Heiko Müller vor abgestorbenen Ästen der Buchen am Konzertplatz Weißer Hirsch.
Heiko Müller vor abgestorbenen Ästen der Buchen am Konzertplatz Weißer Hirsch. © Christian Juppe

Die meisten der Buchen rund um den Konzertplatz Weißer Hirsch sind um die 140 Jahre alt. Einige von ihnen haben abgestorbene Äste in den Kronen. "Unsere Mitarbeiter kontrollieren die Bäume regelmäßig, dass von ihnen keine akute Gefahr ausgeht." Im Herbst sollen sie dann beschnitten oder gefällt werden. Derzeit ziehen viele Höhlenbrüter ihren Nachwuchs in den Baumhöhlen groß.

Schädlinge wieder auf dem Vormarsch

Auch der Borkenkäfer ist inzwischen wieder aktiv, auch wenn er dieses Jahr aufgrund des nassen Frühjahres rund drei Wochen später als sonst zu sehen war. Der Schädling befällt vor allem Fichten und Kiefern. Die von der Trockenheit der vergangenen Sommer gestressten Bäume können ihm nicht viel entgegensetzen und gehen ein. Die trockenen Stämme, die teilweise auch zunächst im Wald gelagert werden, entzünden sich schneller als gesunde Bäume. Vor allem im Revier Ullersdorf sind viele Bäume vom Käfer befallen, die aktuell gefällt und abtransportiert werden. Die dortige Revierförsterin kontrolliert fast täglich auf neuen Befall.

Vereinzelt ist auch der Eichenprozessionsspinner in der Heide zu sehen. Seine Raupenhaare sind eine aktive Gefahr für die menschliche Gesundheit. Ab dem dritten Larvenstadium wachsen den Raupen feine Brennhaare, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Dieses Gift kann eine Immunreaktion auslösen. Für den Wald seien die Fraßschäden durch die Insekten laut Sachsenforst bisher unbedenklich. "Wir haben für die Bekämpfung des Schädlings 2022 fast 120.000 Euro ausgegeben. Leider hat das nicht viel gebracht", sagt Müller.

Vielfältige Aufforstung hilft, das Brandrisiko zu senken

Sachsenforst reagiert auf die Probleme vor allem mit gut durchdachten Nachpflanzungen. Denn die Art des Waldes bestimmt mit, wie hoch das Risiko eines Brandes ist. Harzhaltige Nadelbäume sind sehr viel anfälliger für Feuer, dagegen haben Misch- oder Laubwälder kein so hohes Risiko. In der Dresdner Heide werden deshalb unter anderem Eichen, Linden, Bergahorn, Hain- und Rotbuchen, Vogelkirschen sowie seltene Arten wie Elsbeeren, Flatterulmen und Wildbirnen gepflanzt. Allein dieses Jahr haben die Waldarbeiter und Lehrlinge 50.000 Setzlinge gepflanzt, 20 Hektar wurden damit aufgeforstet.

"Aber die Heide wird sich verändern", ist Müller überzeugt. "Es werden mehr Bäume eingehen und sie wird lichter werden. Das hat zur Folge, dass es nicht mehr so geschlossene Baumkronendächer gibt und mehr Regen auf den Boden fällt. Das könnte dem Wald helfen, auch wenn er dann anders aussieht."