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Trockenheit stresst alte Pillnitzer Bäume

Im Pillnitzer Park leiden die jahrhundertealten Baumriesen extrem unter der Trockenheit und es gibt erste Opfer. Wie man die Bäume gegen Sonne und Dürre schützen will.

Von Kay Haufe
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Eva Gruhl und Jan Weber arbeiten in einem Projekt, das helfen soll, die Bäume im Pillnitzer Park besser auf den Klimawandel einzustellen.
Eva Gruhl und Jan Weber arbeiten in einem Projekt, das helfen soll, die Bäume im Pillnitzer Park besser auf den Klimawandel einzustellen. © Sven Ellger

Dresden. Endlich Regen! Nicht nur drei Tropfen, am Donnerstag regnete es tatsächlich nach Wochen der Trockenheit und Hitze mal ergiebig und länger als fünf Minuten. Dennoch kann dieser langersehnte Niederschlag nicht darüber hinwegtäuschen, wie sehr die Dresdner Vegetation leidet, auch im Pillnitzer Schlosspark. Bei den dortigen Bäumen gibt es erste Opfer.

Das prominenteste ist eine der beiden Schwestern-Blutbuchen, die am westlichen Rand des Lustgartens stehen, oder besser gesagt standen. Vom rund 170 Jahre alten Baum ist nur noch ein kurzer Teil des Stammes übrig, der Austrieb blieb schon Frühjahr des Vorjahres aus.

Die stattliche Buche litt bereits seit Jahren unter Wurzelverletzungen vom Wegebau, dem verdichteten Untergrund sowie vor allem unter dem Wurzelparasit Riesenporling. Durch die anhaltende Trockenheit der vergangenen Jahre war sie so geschwächt, dass sie sich nicht mehr gegen den Pilz wehren konnte.

Auch ihr Pendant auf der anderen Seite des Weges ist gefährdet, die Umgebung um den Baum weiträumig abgesperrt. Auf Schildern wird erklärt, weshalb es gefährlich ist, zu dicht an ihre ausladenden Äste heranzutreten: Sie drohen angesichts des Trockenstresses einfach abzubrechen.

"Das geschieht meist an windstillen, heißen Tagen ohne Vorwarnung in den Nachmittagsstunden", sagt Forstwissenschaftler Jan Weber. Er arbeitet gemeinsam mit Landschaftsarchitektin Eva Gruhl am Projekt "Klimawandel in historischen Gärten". Damit sollen die sächsischen Parks und Gärten am Beispiel vom Pillnitzer Park sowie dem Großen Garten besser auf den Klimawandel eingestellt werden.

Diese Blutbuche hat den Kampf gegen den Wurzelparasiten Riesenporling verloren. Ihr Schwesternbaum gegenüber steht noch.
Diese Blutbuche hat den Kampf gegen den Wurzelparasiten Riesenporling verloren. Ihr Schwesternbaum gegenüber steht noch. © Sven Ellger

Strategien gegen Baumverluste

Die beiden Wissenschaftler wissen, dass der Verlust der historischen Gärten droht, wenn nicht gehandelt wird. Dafür aber braucht es konkrete Strategien zum Erhalt der Bäume. Das Vorhaben im Programm "Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel" arbeitet dafür in den drei Modulen Boden-Wasser-Baum, Robotik und Kommunikation.

Gemeinsam mit der TU Dresden, dem Barkhausen-Institut und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg sollen bis Ende 2024 verschiedene Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und Gegeninstrumente erforscht und umgesetzt werden. Untersucht wird unter anderem, wie der Boden durch Pflanzenkohle verbessert werden kann. Diese entsteht, wenn pflanzliches Material verbrannt wird.

Im Großen Garten fällt nicht nur viel davon an, sondern gibt es auch Platz, um beispielsweise Container zur Verbrennung aufzustellen. Analysiert wird jetzt, wie wirtschaftlich die Herstellung der Pflanzenkohle dort sein kann.

Neue, klimafestere Baumarten

Auch die Anpflanzung "klimafester" Bäume könnte eine Möglichkeit sein, historische Parkanlagen zu erhalten. So sollen Baumschulen mit heimischen und zugleich widerstandsfähigen Gehölzen eingerichtet werden. Allerdings sieht der Denkmalschutz vor, dass die Parks das Erscheinungsbild ihrer Entstehungsjahre erhalten sollen.

Eine Blutbuche wäre im Habitus nur schwer durch eine andere Baumart zu ersetzen. Deshalb wächst jetzt ein Zögling von der noch bestehenden Schwestern-Blutbuche in der Branitzer Baumuniversität heran, die sich auf die Erhaltung bedeutender Parkbäume spezialisiert hat. In voraussichtlich sieben bis zehn Jahren kann der junge Baum am Platz der abgestorbenen Blutbuche gepflanzt werden.

Logisch, dass auch die Optimierung des Wasserhaus- und Nährstoffhaushaltes im Projekt eine Rolle spielt. Das könnte unter anderem mit der Entwicklung von Gartenrobotern geschehen, die zur Entlastung der Gärtner führen soll. "Im Pillnitzer Park wird extrem viel Aufwand betrieben, um das Gartendenkmal zu erhalten. Aber angesichts der immer knapper werdenden Ressource Wasser müssen wir auch diskutieren, was passiert, wenn zum Gießen nichts mehr da ist", sagt Eva Gruhl. Auch das soll Teil der Öffentlichkeitsarbeit im Projekt sein, in die die Dresdner einbezogen werden sollen. Bald soll eine Webseite darüber informieren.

Bandagen gegen Sonnenbrand

Im Pillnitzer Park sehen die Besucher auch an anderen Beispielen, wie gefährdet die Bäume sind. Ebenfalls im Lustgarten sind die Äste und der untere Stammbereich einer Farnblättrigen Buche mit grünen Netzen umwickelt. Auch sie ist ein ganz besonderer Baum, der in vielen Gehölzführern steht, vor allem wegen ihres außergewöhnlichen Stammumfanges von 3,95 Metern.

Sie leidet schon seit mehreren Jahren ebenfalls unter dem Riesenporling, hat deshalb schon mal eine Wurzelbehandlung erhalten. Vor wenigen Wochen nun sind aus ihrer Krone große Äste herausgebrochen.

Damit waren plötzlich Bereiche des Baumes der prallen Sonne ausgesetzt, die vorher beschattet waren. "Die Rinde dieser Farnblättrigen Buche ist aber so dünn, dass sie Sonnenbrand bekommen würde. Das würde an den Ästen und am freiliegenden Stamm zu irreparablen Schäden führen. Also wurden Bandagen zur Beschattung angelegt", sagt Jan Weber. Die abgebrochenen Äste liegen noch am Baum, damit die Parkbesucher auch nachvollziehen können, wieg gefährlich der Astbruch ist.

Mehrere Äste der Farnblättrigen Buche wurden mit Bandagen umwickelt, um sie gegen Sonnenbrand der dünnen Rinde zu schützen.
Mehrere Äste der Farnblättrigen Buche wurden mit Bandagen umwickelt, um sie gegen Sonnenbrand der dünnen Rinde zu schützen. © Sven Ellger

Weniger auffällig ist die Fäule im Stamm einer über hundertjährigen Säuleneiche, die im Holländischen Garten des Pillnitzer Parks steht. In diesem Bereich gibt es mehr Bäume, die sich gegenseitig beschatten, dementsprechend geringer ist die Strahlungsintensität der Sonne.

Doch der Baum hat in Augenhöhe eine große Wunde, über die Pilze seit Jahrzehnten in den Stamm eindringen konnten. Jan Weber fasst hinein und zeigt, wie das Holz zerbröselt. Auch von diesem Exemplar sind bereits Äste abgefallen. "Der muss beobachtet werden."

Über diese große Wunde ist ein Pilz in die Säuleneiche im Holländischen Garten eingedrungen und setzt dem Baum zu.
Über diese große Wunde ist ein Pilz in die Säuleneiche im Holländischen Garten eingedrungen und setzt dem Baum zu. © Sven Ellger