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Neuer Mietspiegel in Dresden: Warum jetzt Bußgelder für Mieter drohen

Dresden arbeitet am neuen Mietspiegel. Über 10.000 Menschen müssen dafür Auskunft geben. Antworten sie nicht, müssen sie nun mit einem hohen Bußgeld rechnen.

Von Dirk Hein
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Wer als Mieter seine Mitarbeit am Mietspiegel verweigert, muss zukünftig Strafe zahlen. Daran gibt es Kritik.
Wer als Mieter seine Mitarbeit am Mietspiegel verweigert, muss zukünftig Strafe zahlen. Daran gibt es Kritik. © Marion Doering

Dresden. Für den aktuell gültigen Mietspiegel sind über 16.000 Mieter befragt worden. Detailgetreu mussten sie Auskunft zu ihren Wohnkosten geben. Gefragt wurden sie zum Beispiel nach der Miete, der Wohnungsgröße und wie ihr Badezimmer ausgestattet ist. Diese Daten flossen in den Mietspiegel ein, der wiederum darüber entscheidet, ob und wie stark Vermieter den Wohnungspreis anheben dürfen. Nun wird bereits am neuen Mietspiegel gearbeitet, mehr als 10.000 Menschen werden dafür befragt. Erstmals wird die Teilnahme zur Pflicht. Wer nicht antwortet, soll eine Strafe zahlen.

Warum werden Mietspiegel erstellt?

Der alle zwei Jahre zu erstellende Mietspiegel gibt Auskunft darüber, wie teuer das Wohnen in Dresden ist. Aufgrund der Daten wird die ortsübliche Vergleichsmiete erstellt. Sie gibt an, wie viel eine vergleichbare Mietwohnung in einer vergleichbaren Lage in Dresden kosten darf.

Auf Grundlage dieser Daten und weitere gesetzlicher Reglungen wie der Mietpreisbremse können Vermieter Mieterhöhungen durchsetzen - oder eben nicht. Der Mietspiegel ist darüber hinaus die Grundlage für die Kosten der Unterkunft, die für sozial Schwächere durch die Stadt übernommen werden.

Der aktuelle Mietspiegel gilt seit Anfang 2023 und noch bis Ende 2024. So beträgt zum Beispiel die ortsübliche Vergleichsmiete für eine 28 Quadratmeter große Plattenbauwohnung im 17-Geschosser ohne Balkon durchschnittlich 6,72 Euro pro Quadratmeter. Gegenüber dem Jahr 2020 ist dies eine Erhöhung um 4,8 Prozent.

Weshalb droht plötzlich ein Bußgeld?

Die Bundesgesetzgebung hat sich geändert. So sind Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern nun verpflichtet, Mietspiegel zu erstellen. In Dresden war es bisher kein Problem, ausreichend viele Mieter zu finden, die Auskunft über ihre Wohnung gaben. Obwohl sich reichlich Einwohner weigerten, die Daten preiszugeben. Für den Mietspiegel 2023 wurden 16.131 Mieter und Mieterinnen angeschrieben. Es gingen 5.341 Rückmeldungen ein, von denen 2.558 verwertbar waren.

In kleineren Städten können solche Verweigerungen dazu führen, dass ein Mitespiegel nicht erstellt werden kann. Daher schreibt der Gesetzgeber nun vor, dass eine Geldbuße von bis zu 5.000 Euro erhoben werden kann, falls die Teilnahme an der Befragung verweigert wird.

Dresden will dem nachkommen und die "Kann-Regelung" eher streng auslegen. So soll es zwar keine "zwangsweise Durchsetzung des Auskunftsanspruchs", wohl aber eine "nachträgliche Sanktionierung" geben. Von der Einstellung des Verfahrens soll nur abgesehen werden, wenn der Befragte unter einer stark einschränkenden Krankheit leidet, sich im Krankenhaus befindet oder im Befragungszeitraum längere Zeit nicht in Dresden war.

Dresden will so ebenfalls erreichen, dass weniger Mieter angeschrieben werden müssen, von denen aber mehr Antworten zurückkommen. Dadurch - und womöglich auch durch hunderte Bußgeldbescheide - können zudem Kosten gespart werden.

Kommt das Bußgeld wirklich?

Formal muss über die Änderung der Mietspiegelsatzung der Stadtrat abstimmen. Dort gibt es Widerstand. "Dresden erstellt seit 2002 qualifizierte Mietspiegel. In all diesen Jahren ist nie ein Zweifel an der statistischen Qualität aufgekommen", sagt AfD-Fraktionschef Thomas Ladzinski. Das nun unter Androhung von Bußgeldern zur Antwort gezwungen werde, sei ein "weiterer, inakzeptabler Eingriff in die Freiheitsrechte". Ladzinski vermutet eine "Sanierung des defizitären Stadthaushaltes auf dem Rücken der Dresdner, die besonders sensibel auf das Ausfragen ihrer persönlichen Verhältnisse reagieren". Ein Verzicht aufs das Bußgeld sei durch das Wort "kann" in der Gesetzgebung möglich.

Auch die FDP lehnt das Bußgeld ab. "Die neue Satzung enthält allerlei Nebenbedingungen, die nicht notwendig sind. Der bürokratische Aufwand erhöht sich", sagt Stadtrat Christoph Blödner.

SPD-Stadtrat Vincent Drews legt einen anderen Schwerpunkt. "Die Gesetzesgrundlage auf Bundesebene hat sich geändert, daraus ergibt sich die Teilnahmepflicht. Ich finde es einsichtig, diese dann auch durchzusetzen." Daher sollte Dresden die Möglichkeit eines Bußgeldes "nicht von vornherein ausschließen, Bußgelder jedoch mit Bedacht erheben."

Tina Siebeneicher (Grüne): "Dresden profitiert von einem aussagekräftigen Mietspiegel. So können auch politische Entscheidungen anhand einer objektiven Datengrundlage getroffen werden." Fragebögen müssten jedoch verständlich sein. Wenn Bußgelder angedroht werden, müsse es vorher Anschreiben in einfacher Sprache und mehrsprachig geben.

Im Rathaus selbst sieht man keinen Spielraum, auf das Bußgeld zu verzichten. "Wie diese Ordnungswidrigkeit in Dresden geahndet wird und in welchem Umfang Bußgeldverfahren eingeleitet werden, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Stadtverwaltung." Es handele sich um ein Geschäft der laufenden Verwaltung, "welches nicht der Entscheidungsbefugnis des Stadtrates unterliegt".

Wie läuft die nächste Mietspiegelerhebung ab?

Betroffene Haushalte werden erstmals Anfang 2024 ein Informationsschreiben von OB Dirk Hilbert (FDP) erhalten. Darin wird über die Auskunftspflicht und Möglichkeiten der Hilfe beim Ausfüllen informiert. Im April 2024 erfolgt die erste Aufforderung zum Ausfüllen des Fragebogens, im Mai die erste Erinnerung. Im Juni wird per Postzustellbestätigung gemahnt, später ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.