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Weihnachts-Circus, Fährgarten, Weiße Flotte, Feuerwehr: Dresden im Hochwasser-Modus

Das Hochwasser der Elbe in Dresden steigt weiter an. 6,35 Meter und Alarmstufe 3 sollen erreicht werden. So reagiert die Stadt.

Von Alexander Schneider
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Im Fährgarten Johannstadt liefen die Geschäfte trotz spürbarer Einschränkungen.
Im Fährgarten Johannstadt liefen die Geschäfte trotz spürbarer Einschränkungen. © René Meinig

Dresden. Tausende Menschen sind am Dienstag an die Elbe geströmt, um sich ihren Fluss anzusehen. Das letzte Hochwasser liegt bereits zehn Jahre zurück. Im Sommer 2013 war der Pegel auf deutlich über neun Meter geklettert. Solche Dimensionen werden jetzt jedoch nicht erwartet. Für den am Donnerstag erwarteten Scheitel prognostizieren die Fachleute von der Landeshochwasserzentrale einen Höchstwert von um die 6,35 Meter.

Die unterschiedlichen Prognosen machen auch unter den Schaulustigen die Runde. Was sie sehen, vergleichen sie natürlich mit 2013 und vor allem 2002. Die große Jahrhundertflut, als etwa freiwillige Helfer Tag und Nacht am Theaterplatz Sandsäcke befüllten, liegt schon 21 Jahre zurück. Die Erinnerungen sind wach. Anders als vor zehn Jahren hat nun fast jeder ein Handy gezückt, um die Fluten zu fotografieren und zu filmen.

Erste Sandsäcke werden gefüllt

Das Katastrophenschutzamt der Stadt wird eine technische Einsatzleitung einrichten, um anstehende Maßnahmen besser koordinieren zu können. Dazu zählen etwa Sandsack-Füllstationen, sagte Feuerwehrsprecher Pierre Steffen Bedrich am Dienstag auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. Schon am Dienstag hat die Feuerwehr eine Abfüllstation bei der Stadtteilfeuerwehr Lockwitz eingerichtet, 17 Kameraden füllten die ersten Säcke mit frisch angeliefertem Sand, die an der Elbe verbaut werden sollen.

Bei der Stadtteilfeuerwehr Lockwitz wurde die Sandsackbefüllmaschine in Stellung gebracht. Mit Lkw wurde der Sand angeliefert. Dann begannen 17 Kameradinnen und Kameraden mit ihrer Arbeit und befüllten 2.100 Sandsäcke.
Bei der Stadtteilfeuerwehr Lockwitz wurde die Sandsackbefüllmaschine in Stellung gebracht. Mit Lkw wurde der Sand angeliefert. Dann begannen 17 Kameradinnen und Kameraden mit ihrer Arbeit und befüllten 2.100 Sandsäcke. © Roland Halkasch

Die Entwicklung der Hochwasserprognose wurde am Wochenende mehrfach nach oben korrigiert. Offenbar kam weit mehr Wasser, als man es zunächst erwartet hatte. Neben Regenfällen und einer Schneeschmelze vor allem im Riesengebirge sollen in Tschechien auch Talsperren abgelassen worden sein, vermuten Fachleute in Dresden.

Das führte dazu, dass das Terrassenufer bereits am späten Sonntagabend gesperrt werden musste, weil die Elbe unter der Augustusbrücke auf die Fahrbahn schwappte. Die Feuerwehr begann mit Kontrollen des Ufers, wie es die Alarmpläne vorsehen. Für die Männer und Frauen ist dies Routine.

So rettet sich die Weiße Flotte

Mitarbeiter der Weißen Flotte mussten nachts noch ihr Tickethäuschen sichern, später auch die Schiffe selbst. Fahrten wurden gestrichen, die geplanten Veranstaltungen, wie der "Festtagslunch" sollten jedoch am Anlieger stattfinden. Als die Elbe dann die Stege umspült hatte, wurde auch diese Idee von der Realität überholt. Stattdessen musste die Sächsische Dampfschifffahrt ihre Landküche an der Festungsmauer gegenüber der Anlegestelle und das dazugehörige Lager in Sicherheit bringen. Das berichtete Unternehmenssprecher Christoph Springer.

Das Terrassenufer steht unter Wasser. Die Schiffe der Weißen Flotte sind nicht mehr zu Fuß sicher erreichbar.
Das Terrassenufer steht unter Wasser. Die Schiffe der Weißen Flotte sind nicht mehr zu Fuß sicher erreichbar. © René Meinig

Weniger sichtbar sind die Kräfte im Hintergrund, die Fahrgäste über die aktuelle Lage informieren. "Unser Geschäftsführer Stefan Bloch hat entschieden, dass alle Fahrgäste, die bereits bezahlt haben, ihren Kaufpreis zu 100 Prozent zurückerhalten und für eine andere Tour einen Rabatt von 50 Prozent erhalten." Mit diesen Angeboten dürfte sich der Groll in Grenzen halten. Springer hofft, möglichst schnell wieder Gäste auf den Schiffen begrüßen zu können. Drei Schiffe seien etwa am Silvesterabend für Veranstaltungen gebucht. Wenn es die Umstände zulassen, also wenn die Gäste trockenen Fußes auf die Schiffe gelangen, sollen die Veranstaltungen stattfinden. Wenn auch "nur" am Anleger.

Weihnachts-Circus stark betroffen

Noch stärker als die Flotte hat es den Weihnachts-Circus erwischt. Am Dienstag mussten die Künstler und Mitarbeiter ihre Zeltstadt am Volksfestgelände in der Pieschener Allee sicherheitshalber teilweise abbauen. Die Elbe stand mittags schon auf der Fläche. Wie lange die Pause dauern wird, könne derzeit noch niemand sagen. "Wir wollen auch nicht spekulieren, aber wir hoffen auf das Beste", sagte ein Sprecher. Wer schon ein Ticket für die Show gekauft hat, könne eine spätere Veranstaltung besuchen. "Uns geht es jetzt um die Menschen, die Tiere und die Gäste."

Der Weihnachts-Circus musste seinen Spielbetrieb unterbrechen.
Der Weihnachts-Circus musste seinen Spielbetrieb unterbrechen. © SZ/Alexander Schneider

Alle Hände voll zu tun hatte etwa auch Jens Bauermeister, der Betreiber des Fährgartens Johannstadt. Und zwar aus verschiedenen Gründen: Ab 9 Uhr wurden schon wieder die ersten Gäste bedient. Der Biergarten war zu dieser Zeit schon überschwemmt, aber die Küche geöffnet. Schon ab Sonntag hatte Bauermeister mit rund 20 Helfern begonnen, die Keller leerzuräumen. Am Montag hob ein schwerer Kran die Riesen-Schirme aus dem Biergarten. Auch dort wurde man von den nach oben korrigierten Prognosen überrascht.

Der Flutschutz des Radeberger Spezialausschanks wird in diesen Tagen seine Feuertaufe erleben. 2002 und 2013 etwa hatte man versucht, die Gaststätte an der Festungsmauer vor der Augustusbrücke, sie ist zu einem Symbol im Kampf gegen das Hochwasser geworden, mit einem meterhohen Sandsack-Wall zu schützen. Am Montag errichtete eine Firma die Spundwand vor dem Lokal so, dass Gäste sie weiterhin besuchen können.

Ein kurzes Weihnachtswochenende hatten etwa auch fünf Mitarbeiter vom Brunnenbau Wilschdorf, die in Höhe der Semperoper ein Grundwasser-Einleitungsrohr zurückbauten. Schon seit September werde in den blauen Röhren, die sich quer durch die Innenstadt ziehen, kein Wasser mehr abgeleitet, doch nun stellt auch das leere Einleitungsrohr ein Sicherheitsrisiko dar, erklärt Bauleiter Sven Kästner vor Ort.

Mitarbeiter vom Brunnenbau Wilschdorf mussten in Höhe der Semperoper ein Grundwasser-Einleitungsrohr zurückbauen.
Mitarbeiter vom Brunnenbau Wilschdorf mussten in Höhe der Semperoper ein Grundwasser-Einleitungsrohr zurückbauen. © Alexander Schneider SZ

Auch elbnahe Spielplätze und Sportstätten mussten gesichert werden. Während Jugendliche am Dienstagmittag auf einem Basketball-Feld im Ostragehege noch munter ihre Körbe warfen, haben Mitarbeiter des Sportstättenbetriebs die Umzäunungen abgebaut, damit der Fluss ungehindert durchfließen kann.