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Wie es im Streit um eine Straße für eine Dresdner SED-Funktionärin weitergeht

An der geplanten Lea-Grundig-Straße in Dresden wohnen bereits Menschen. Allerdings hat die Straße noch einen anderen Namen - vielleicht nur vorerst. Denn um die Würdigung der Künstlerin gibt es weiter Uneinigkeit.

Von Andreas Weller
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Künstlerin Lea Grundig (Mitte) aus Dresden war erst Opfer der Nazis und später SED-Funktionärin.
Künstlerin Lea Grundig (Mitte) aus Dresden war erst Opfer der Nazis und später SED-Funktionärin. © ADN/Zentralbild (Archiv)

Dresden. Die neu gebauten Häuser zwischen dem Käthe-Kollwitz-Ufer und der Florian-Geyer-Straße sind bereits fertig und bewohnt. Die Eigentümer und Mieter wohnen aber nicht wie ursprünglich vorgesehen in der Lea-Grundig-Straße.

Den Namen hat der Stadtbezirksbeirat Altstadt als Namen für die Straße vorgesehen, um die in Dresden geborene und 1977 verstorbene Künstlerin Lea Grundig zu ehren. Üblicherweise ist es eine Formsache, wenn Stadtbezirksbei- oder Ortschaftsräte einen Straßennamen vorschlagen. In diesem Fall gibt es aber erhebliche Bedenken und der Zoff schwelt weiter.

Wer war Lea Grundig?

Lea Grundig wurde 1906 in Dresden geboren und unter dem Hitler-Regime als Jüdin und Kommunistin verfolgt. Ihre Kunstwerke wurden als "entartet" diffamiert, 1935 erhielt sie ein Ausstellungsverbot, 1936 wurde sie verhaftet, kam wegen Mitgliedschaft in kommunistischen Organisationen in Haft, konnte schließlich fliehen.

Der erste Teil ihrer Geschichte ist unstrittig. Die Malerin kam 1949 nach Dresden zurück und stieg in der DDR bis zur Präsidentin des Verbands Bildender Künstler der DDR auf und wurde Mitglied im Zentralkomitee der SED. Sie hat die Kultur-Politik und damit den Umgang der DDR mit Künstlern maßgeblich geprägt. Das geht aus einem Gutachten hervor, dass der Kurator des Stadtmuseums Dresden, Holger Starke, erstellt hat.

Warum ist die Künstlerin umstritten?

Kurator Holger Starke ist Mitglied in der Arbeitsgruppe Straßennamen der Stadt. Er hat Bedenken aufgrund der hervorgehobenen Stellung, die Grundig hatte. So sei noch nicht abschließend erforscht, ob beispielsweise Künstler in der DDR durch Grundig an ihrer Arbeit gehindert wurden.

Deshalb gab es bisher keine abschließende Zustimmung für den Straßennamen nach Lea Grundig. Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke) hatte gefordert, den Namen vor der Fertigstellung der Häuser an der Straße festzulegen, weil sonst die Gefahr bestehe, "dass im Jahr 90 nach dem Beginn der NS-Diktatur die Person Lea Grundig ein weiteres Mal Opfer einer politischen Auseinandersetzung in der öffentlichen Debatte wird."

CDU-Stadtrat Mario Schmidt hingegen forderte die abschließende Klärung der offenen Fragen, bevor entschieden wird.

Wie wird Grundigs Vergangenheit aufgeklärt?

So kommt es nun auch. Wie die Stadtverwaltung auf Anfrage von Sächsische.de jetzt mitteilt, wurde festgelegt, dass ein externes Gutachten eingeholt wird. "Vor allem, um das Wirken Lea Grundigs während ihrer Funktionärstätigkeit als Vorsitzende im Verband Bildender Künstler und als Mitglied im Zentralkomitee der SED genauer zu untersuchen."

Dieses Gutachten wurde bereits an der Universität Halle in Auftrag gegeben. Die Stadt rechne Ende Oktober mit dem Ergebnis. Dann komme der Punkt erneut auf die Tagesordnung des Kulturausschusses.

Welche Adresse haben die Anwohner jetzt?

In dem bezogenen Neubau-Komplex an der Straße gibt es vier Eingänge und 120 Wohnungen. Diese haben die befristeten Anschriften Käthe-Kollwitz-Ufer 9, 10, 11 und 12. "Wenn es einen amtlichen Straßennamen für die neue Straße gibt, werden sich diese Adressen noch einmal ändern", teilt die Verwaltung mit. Das habe die Stadt auch den Eigentümern mitgeteilt und die Verwalter des Gebäudes gebeten, darüber auch die Mieter zu informieren.

Die Stadt könne aber noch nicht sagen, wann es zu einer Entscheidung kommt. "Wie und wann der Ausschuss darüber entscheidet, liegt in Entscheidung der Stadträte." Abschließend entscheide der Rat darüber. CDU-Stadtrat Schmidt sagt, es sei gut, sich die Zeit zu nehmen. "Wir wollen es genau prüfen."