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Namensstreit um neuen Rathaus-Platz und Lea-Grundig-Straße in Dresden eskaliert

Gleich zwei Neubenennungen von Straßen enden in Dresden gerade im Streit. Warum es geht und welcher Ausweg denkbar ist.

Von Andreas Weller & Dirk Hein
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Noch stehen hier vor allem Autos, doch der Name für den Platz vor dem Stadtforum in Dresden ist schon jetzt heftig umstritten.
Noch stehen hier vor allem Autos, doch der Name für den Platz vor dem Stadtforum in Dresden ist schon jetzt heftig umstritten. © Matthias Rietschel

Dresden. Meist werden neue Straßen in Plätze in der Landeshauptstadt im großen Konsens benannt. Eine "AG Straßennamen" der Verwaltung prüft mögliche Namen und macht Vorschläge. Die betreffenden Stadtbezirksbeiräte beraten über die Vorschläge und empfehlen dem Rat per Beschluss ihren Favoriten, der Stadtrat stimmt dann überwiegend ohne große Diskussionen zu. In zwei aktuellen Fälle gelingt dies nicht.

Keine Mehrheit für einen "Rudolf-Friedrichs-Platz"

Dresden baut ein neues Rathaus, das Stadtforum. Im Oktober wurde Richtfest für den 123 Millionen Euro teuren Neubau gefeiert. 2025 sollen 1.350 Mitarbeiter einziehen. Durch den Neubau am Ferdinandplatz entsteht ein neuer Platz, der auch einen neuen Namen bekommen soll. Dazu lagen schon Anfang 2022 zwei Vorschläge vor.

Der Vorschlag der Liberalen: Gebrüder-Arnhold-Platz. Konkreter Bezug genommen werden soll dabei auf Max (1845-1908) und Georg (1859-1926) Arnhold. Der Vorschlag der SPD: Ein Benennungskonzept, in dem vor allem der ehemalige Oberbürgermeister Rudolf Friedrichs und die Familie Arnhold berücksichtigt werden soll.

Verwaltung und Stadtbezirksbeirat Altstadt entschieden sich für "Rudolf-Friedrichs-Platz". Im richtungsweisenden Bauausschuss fand dieser Plan nun jedoch keine Mehrheit. "Ich habe Bauschmerzen damit, so ein wichtiges Gebäude nach Herrn Friedrichs zu benennen. Er war nicht lange als OB im Amt und ist keine prägende Gestalt für die Stadt", sagte Stadtrat Holger Hase im Vorfeld der Abstimmung.

Tatsächlich lehnten Grüne, CDU, FDP und Freie Wähler einen Beschluss über die Benennung ab. Nur durch diesen Kunstgriff konnte eine Ablehnung des Namensvorschlages vermieden werden. Das Thema wird jetzt im nächsten Stadtrat final beraten.

Dresdens SPD-Fraktionschefin: "Ich bin fassungslos"

"Die Worte des Stadtrats der FDP hinterlassen mich fassungslos. Würde je jemand auf die Idee kommen, die zweijährige Amtszeit des liberalen OBs Dr. Külz zu diskreditieren, der wie alle seiner Vorgänger in Dresden so geehrt wird", sagt SPD-Fraktionschefin Dana Frohwieser. Rudolf Friedrichs habe in Dresden "ohne Rücksicht auf sich selbst die Versorgungslage stabilisiert und den Wiederaufbau eingeleitet".

Die AfD hätte schon jetzt offen gegen den Namensvorschlag gestimmt. "Schaut man in den Themenstadtplan, heißt der kaum noch wahrnehmbare Weg zwischen Ferdinandplatz und Waisenhausstraße noch immer Viktoriastraße. Das ist ein angemessener Name, der schon lange im Stadtbild vorhanden ist und bleiben kann", so Stadtrat Thomas Ladzinski.

Zoff um verfolgte Jüdin und SED-Funktionärin in Dresden

Für mindestens genauso viel Diskussion sorgt die Benennung der neuen Straße zwischen dem Käthe-Kollwitz-Ufer und der Florian-Geyer-Straße. Der zuständige Stadtbezirksbeirat hat sich für die Dresdner Künstlerin Lea Grundig entschieden. Dass sie von den Nazis als Jüdin verfolgt wurde, sie ein Ausstellungsverbot auferlegt bekommen hat und inhaftiert wurde, wird unstrittig als geeigneter Grund angesehen.

Kontrovers wird Grundigs Wirken zu DDR-Zeiten gewertet. Sie wurde Vorsitzende des Verbands Bildender Künstler der DDR und Mitglied im Zentralkomitee der SED. Auch ein Gutachten brachte keine Erhellung dazu, ob Grundig ihre Position ausgenutzt hat und Künstler in der DDR unter ihr leiden mussten - aber, dass sie sich von der Stasi als "geheimer Informator" hat anheuern lassen.

Wie die öffentliche Schädigung verhindert werden kann

Im Bauausschuss wurde der Kompromissvorschlag der CDU, die vorübergehenden Adressen (Käthe-Kollwitz-Ufer 9, 10, 11 und 12) an den neuen Häusern dauerhaft zu belassen, abgelehnt. Aber auch für die Benennung nach Lea Grundig gab es keine Mehrheit.

Nun stehen die umstrittenen Namensvorschläge im Januar auf der Tagesordnung für den Stadtrat - mit jeweils ablehnender Empfehlung. Das bedeutet, alle genannten Namen könnten öffentlich Schaden nehmen. "Eine politische Auseinandersetzung darum ist nicht gut", sagt Grünen-Stadtrat Thomas Löser. "Die Punkte sollten von der Tagesordnung genommen und in die zuständigen Gremien zurückverwiesen werden, um jeweils einen Konsens zu finden." Für den Platz vor dem Stadtforum wäre er dafür, keine Person zu wählen, sondern etwas wie "Platz der Demokratie" oder "Platz der Republik".