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Dresden will Geflüchtete wieder in der Messe unterbringen

Die Stadt rechnet bis Jahresende mit 2.000 Geflüchteten, die in Dresden untergebracht werden müssen. Bislang fehlt es jedoch an Wohnungen und Heimen. Nun wird auf eine Notlösung zurückgegriffen.

Von Julia Vollmer
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Die Messe Dresden wird erneut als Unterkunft für Geflüchtete hergerichtet - so wie im März, als zahlreiche Menschen aus der Ukraine flüchteten.
Die Messe Dresden wird erneut als Unterkunft für Geflüchtete hergerichtet - so wie im März, als zahlreiche Menschen aus der Ukraine flüchteten. © Sven Ellger

Dresden. Es kommen derzeit wieder täglich Geflüchtete in Dresden an. Vor allem aus Syrien und Afghanistan fliehen die Menschen vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung, aber auch aus anderen Krisenregionen. Doch die Unterbringungskapazitäten in Dresden sind ausgeschöpft.

Kristin Kaufmann (Linke) sagte in ihrem vorerst letzten Interview als Sozialbürgermeisterin in der vergangenen Woche, dass wenn "kein Wunder geschieht" Dresden seine Pflichtaufgabe, die Menschen unterzubringen, wohl bald nicht mehr erfüllen kann.

Kaufmann war wegen des nach wie vor andauernden Debakels um die Wahl der Beigeordneten Ende September vorerst aus dem Amt geschieden. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt angesichts der sozialen Herausforderungen, dass Dresden nun die Sozialbürgermeisterin fehlt.

Wie viele Menschen sind neu nach Dresden gekommen?

In der letzten Septemberwoche wies die Landesdirektion der Stadt 57 Personen neu zu. Herkunftsländer der Geflüchteten waren unter anderem die Ukraine, Libyen, Syrien, Afghanistan, Venezuela und Georgien.

Die Zahlen steigen weiter: In der ersten Oktoberwoche sind es bereits 171 Menschen, die Dresden unterbringen muss. Auch hier kamen sie aus Syrien, Venezuela, Türkei, Afghanistan, Libyen, Libanon, Eritrea, auch aus Russland. Genaue Zahlen, wie viele Menschen aus welchen Ländern fliehen musste, können nicht geliefert werden.

Das Sozialamt geht aktuell von in Summe über 2.000 Neuzuweisungen für das Restjahr 2022 aus. "Für die kommenden Monate wird schwerpunktmäßig mit der Zuweisung von Personen aus den Herkunftsländern Syrien, Afghanistan und Irak gerechnet", so das Amt auf Anfrage.

Wie viele freie Plätze gibt es in den Unterkünften?

Zu Ende September gab es für Geflüchtete lediglich 39 belegbare Plätze, welche ausschließlich in Übergangswohnheimen zur Verfügung standen. Die Wohnungen sind alle belegt.

"Für geflüchteten Menschen aus der Ukraine waren noch 162 Plätze in Übergangswohnheimen und 297 Plätze in Wohnungen belegbar", so das Amt. Warum hier zwischen den Herkunftsländern unterschieden wird, ließ das Amt offen.

Laut Landesdirektion sind in den Erstaufnahmeeinrichtungen von insgesamt 1.730 verfügbaren Plätzen derzeit 963 belegt. "Ein Großteil der freien Plätze entfällt jedoch auf eine vorrangig für die Zwischenunterbringung ukrainischer Vertriebener vorgehaltene Einrichtung der Landesdirektion Sachsen , im Erlwein Forum im Ostra-Areal", so ein Sprecher.

Wo sollen zusätzliche Plätze geschaffen werden?

Da es der Stadt nicht gelungen ist, Heime und Wohnungen zu finden, müssen die Menschen nun wieder in Sammelunterkünfte. "Um die Anzahl der Schutzsuchenden aktuell unterbringen zu können, wird die Nutzung der Messe als Interimsunterkunft für rund sechs Wochen vorbereitet", so die Stadt. Wann die ersten Menschen dort schlafen müssen, ist noch offen.

Man setze aber alles dran, die Messe als Unterbringung nicht längerfristig nutzen zu müssen. Nähere Auskünfte dazu können aufgrund des Planungsstandes nicht erteilt werden. Man sei bestrebt, die Nutzung von Turnhallen für den Schul- und Vereinssport stets zur Verfügung zu stellen. Ausschließen kann es die Stadt jedoch nicht. Zelte schließt die Stadt aber aus.

Auf die Frage nach anderen Objekten wie Heimen und Wohnungen hält sich die Stadt bedeckt und antwortet ausweichend auf die Sächsische.de-Anfrage. Es fänden Verhandlungen mit privaten Eigentümern in Dresden statt. "Zu einzelnen vertraglichen Inhalten oder Verhandlungsständen wird aufgrund der laufenden Verhandlungen und im gegenseitigen Vertragsinteresse keine Auskunft erteilt", heißt es von der Stadt.

Diese Antwort erhielt Sächsische.de bereits bei einer Anfrage im September. Erneut wird auch geantwortet, man "untersuche verschiedene Unterbringungsszenarien", aber ohne konkrete Fakten. Stadteigene Objekte seien nur eingeschränkt verfügbar.

Der Flüchtlingsrat warnt vor einer Unterbringung in Sammelunterkünften. "Trotz jahrelanger Warnungen, dass die Unterbringung von Geflüchteten langfristig gedacht werden muss, entstehen in Dresden immer wieder spontan organisierte Notunterkünfte. So droht Menschen, wie in den vergangenen Monaten, menschenunwürdig und dichtgedrängt in städtischen Turnhallen untergebracht zu werden", so Sprecher Dave Schmidtke. Betroffene verlieren nach der Flucht ihre Chance auf Ruhe und Privatsphäre.

Auch Ausländerrat-Chef Christian Schäfer-Hoch hatte bereits betont, Turnhallen könnten nur das letzte Mittel sein - vor allem im Winter. "Wichtig wäre, gemeinsam mit allen Akteuren neue Strategien zu finden, um Wohnungsgenossenschaften und andere Wohnraumanbieter dazu zu bringen, mehr Wohnraum zur Verfügung zu stellen."