Dresden
Merken

Macht-Poker zwischen Hilbert und Stadtrat von Dresden hat Folgen für Wahlen im Juni

Dresdens Oberbürgermeister will über mehr Geld allein verfügen können. Den Plan hatte der Stadtrat zunächst gestoppt - damit aber auch eine Entscheidung, die dringend getroffen werden müsste.

Von Andreas Weller
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert will mehr alleine entscheiden. Das führt zum Zoff mit dem Dresdner Stadtrat.
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert will mehr alleine entscheiden. Das führt zum Zoff mit dem Dresdner Stadtrat. © Sven Ellger

Dresden. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) darf Ausgaben tätigen, ohne dass er dafür die Zustimmung des Stadtrates braucht. Zumindest bis zu einer gewissen Summe. Die Höhe dieser Summe will der OB nun jedoch heraufsetzen - und dazu braucht er die Zustimmung des Stadtrates. Denn die sogenannte Hauptsatzung muss entsprechend geändert werden. Die Räte hatten das zunächst ausgebremst. Weil parallel dazu auch andere wichtige Änderungen an der Satzung liegengeblieben sind, gibt es nun ein Problem, das die Kommunalwahl im Juni betrifft. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Über wie viel Geld will Hilbert allein verfügen können?

Bisher ist von der Satzung abgedeckt, dass der OB bei Lieferungen und Leistungen an die Stadt Verträge bis zu einer Summe von jeweils 250.000 Euro abschließen darf, ohne die Zustimmung des Stadtrates einholen zu müssen. Diese Summe soll auf 450.000 Euro heraufgesetzt werden. Künftig will Hilbert seinen Spielraum zusätzlich vergrößern, wenn der Stadtrat beschlossen hat, dass eine "Sondersituation" vorliegt. Dann will er über jeweils bis zu fünf Millionen Euro Verträge auch ohne Ratsbeschluss abschließen können. Hilbert sagt, dies diene der "Optimierung des städtischen Krisenmanagements", um dann flexibler handeln zu können.

Auch bei Grundstücksgeschäften will der OB mehr Entscheidungsfreiheit - bisher liegen die Grenzen bei 150.000 Euro bei Verkäufen und 500.000 Euro bei Käufen. Künftig will Hilbert bis zu zwei Millionen Euro über jedes Grundstück auch alleine entscheiden können und für städtische Wohnungsbauvorhaben sogar unbegrenzt. Dazu will er auch für einige andere Entscheidungen über höhere Summen verfügen können als bisher.

Weshalb liegt das Vorhaben auf Eis?

Vielen Stadträten ist das eine zu hohe Verfügungsmasse für Alleinentscheidungen von Oberbürgermeister Hilbert. Nachdem Kritik daran laut geworden war, wurde im zuständigen Ausschuss von den Räten entschieden, dass die Vorlage dazu zunächst nicht im Stadtrat abgestimmt, sondern bis auf Weiteres vertagt wird.

Das bedeutet, es wird zwar hinter den Kulissen verhandelt, bis zu welcher Summe und für welche Entscheidungen dem OB weitergreifende Freiräume als bisher gewährt werden sollen oder nicht - bis zur Entscheidung wird es aber noch eine Weile dauern. Gut möglich, dass der neue Stadtrat, der sich im Spätsommer konstituiert, die neuen Grenzen festlegen wird.

Welches Problem gibt es bei den Wahlen?

Mit der Satzungsänderung soll auch beschlossen werden, wie viele Mitglieder die Stadtbezirksbeiräte künftig haben werden. Es ist vorgesehen, die Anzahl im Stadtbezirk Altstadt von 19 auf 21 zu erhöhen, in Neustadt von 17 auf 19 und in Loschwitz von 11 auf 13. Das ergibt sich aus den gestiegenen Einwohnerzahlen in diesen Stadtbezirken. Weil die Geldproblematik noch nicht gelöst ist, konnte bislang auch nicht über die Sitze abgestimmt werden.

Die Anpassung muss jedoch rechtzeitig vor der Wahl im Juni erfolgen, begründet die für Recht und Ordnung zuständige Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) nun in einer entsprechenden Vorlage. Grundsätzlich könne der Rat zwar die Größe der Beiräte "nach eigenem Ermessen" festlegen, heißt es darin. "Allerdings dürfte ein sachlicher Grund für die unterschiedlichen Größen von Stadtbezirksbeiräten mit vergleichbaren Einwohnerzahlen wie Altstadt und Cotta erforderlich sein", so Jähnigen weiter. Der Stadtrat dürfe aber keinen ungleich behandeln, wenn Sachverhalte vergleichbar sind wie hier. Es gelten die verfassungsrechtlich verbürgten Wahlrechtsgrundsätze, dass Wahlen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim durchgeführt werden müssen.

Die unterschiedliche Behandlung vergleichbar einwohnerstarker Stadtbezirke könne auch erhebliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben, stellt Jähnigen klar. "Wahlberechtigte aus dem Stadtbezirk Altstadt könnten möglicherweise erfolgreich rügen, dass ihre Stimme weniger wiegt als die Stimme von Wahlberechtigten in Cotta, weil ihr Kandidat bei 21 Sitzen in den Stadtbezirksbeirat eingezogen wäre, bei 19 Sitzen jedoch nicht, sodass ihre Stimme letztlich gänzlich unberücksichtigt bleibt", so Jähnigen.

Auch die betroffenen Kandidierenden könnten die Wahl anfechten. Deshalb schließt die Bürgermeisterin daraus: "Das Risiko einer erfolgreichen Wahlanfechtung wegen unterlassener Anpassung der Sitzzahlen in der Hauptsatzung besteht damit in Bezug auf den Stadtbezirksbeirat Altstadt durchaus".

Wie soll das Problem behoben werden?

Um keine aussichtsreichen Wahlanfechtungen zu provozieren, schlägt Jähnigen nun vor, die Hauptsatzung entsprechend anzupassen. Die drei Stadtbezirksbeiräte sollen jetzt als zunächst einzige Änderung mehr Sitze bekommen. Der Rat soll darüber Ende Februar entscheiden, damit es rechtzeitig für die Wahl geändert ist.

Alle anderen Änderungen, inklusive der höheren Finanzfreiheit für OB Hilbert, kommen dann später erneut auf den Tisch.