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OB Dirk Hilbert: "Durch TSMC ist Dresden in der Champions-League angekommen"

Dresden rückt in den Hightech-Fokus. Bis zu 25.000 neue Jobs werden in den nächsten Jahren allein im Norden der Stadt entstehen. Das birgt Chancen und Risiken, sagt OB Dirk Hilbert.

Von Dirk Hein
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OB Dirk Hilbert sieht Dresden auf dem Weg zu einer der wichtigsten Hightech-Städte Europas.
OB Dirk Hilbert sieht Dresden auf dem Weg zu einer der wichtigsten Hightech-Städte Europas. © Sven Ellger

Dresden. Mit dem taiwanischen Unternehmen TSMC baut der weltgrößte Chipkonzern sein neues Werk in Dresden - das erste in Europa. Zehn Milliarden Euro werden investiert. Auch Infineon baut in Dresden und erweitert sein Werk. Fünf Milliarden Euro werden verbaut. 1.000 neue Arbeitsplätze entstehen bis Herbst 2026. Für Dresden ist das eine große Chance - und eine enorme Herausforderung.

TSMC als Aufnahme Dresdens in die Champions-League

Vor allem Ende 2023 haben Rat und Verwaltung in Dresden wichtige Weichen in Richtung Zukunft gestellt. Neben dem Ankauf von über 1.200 Vonovia-Wohnungen samt neuer Baugrundstücke und dem Beschluss über die Bewerbung für die Bundesgartenschau 2033 wird laut OB Dirk Hilbert (FDP) vor allem die Ansiedlung von TSMC Dresden nachhaltig prägen und verändern. "Das ist unsere Aufnahme in die Champions-League der Städte." Wichtig sei es jetzt, die Infrastruktur zu schaffen, um tausenden neuen Beschäftigen das Ankommen in Dresden leicht möglich zu machen.

In einem ersten Schritt will die Stadt zum Beispiel die Internationale Schule in Dresden stärken und erweitern. 2024 soll der Rat dazu einen richtungsweisenden Beschluss fassen. Hilbert glaubt zudem, dass die neuen Großkonzerne auch das Bild der Stadt im Bereich Sport und Kultur ändern werden.

"Das Thema Fachkräftegewinnung wird enorm wichtig werden. Die besten Experten der Welt müssen nach Dresden kommen. Die Sichtbarkeit großer Firmen durch ein Sponsoring in Sport und Kultur wird an Bedeutung gewinnen", sagt Hilbert. Der OB will bei seinem nächsten Treffen mit den Großkonzernen der Stadt exakt das zum Thema machen.

25.000 neue Arbeitsplätze im Dresdner Norden

Entgegen der Prognose aus dem Jahr 2022 wächst Dresden bereits jetzt deutlich schneller als gedacht. Laut der aktuellen Bevölkerungsprognose erreicht die Landeshauptstadt im Jahr 2038 die Marke von 600.000 Einwohnern. Das entspricht einer Steigerung von etwa sechs Prozent. Vergangenes Jahr war hingegen noch ein Rückgang der Einwohnerzahl denkbar. Das ist längst überholt. "Die neue Prognose bildet eher die Untergrenze der Entwicklung ab. Die Zahlen der Statistiker liegen unter meinen Zahlen und weit unter den Prognosen der Industrie", sagt der OB.

Dirk Hilbert selbst rechnet zum Beispiel allein mit etwa 10.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen durch die neuen Ansiedlungen vor allem im Dresdner Norden. Die Industrie selbst spricht laut Hilbert von bis zu 25.000 neuen Arbeitsplätzen im Jahr 2035.

Gedeckt werden soll dieser Bedarf vor allem durch den Zuzug von Fachleuten aus Deutschland, aber auch weltweit. Allein TSMC habe laut Hilbert signalisiert, "mit mehreren hundert Experten und deren Familien" nach Dresden kommen zu wollen.

20.000 neue Wohnungen in Dresden als Potenzial

Bis zu 25.000 neue Beschäftigte und deren Familien müssen in Dresden überhaupt erst einmal wohnen können. "Unsere größte Sorge ist aktuell der fehlende Wohnraum", bestätigt der OB. Im Norden und in der Mitte der Stadt gibt es zwar auf verfügbaren Grundstücken ein Potenzial von 20.000 Wohnungen, nur die will oder kann momentan kaum ein Investor tatsächlich bauen.

Hilbert will daher stärker als bisher gemeinsam mit den großen Firmen das Thema Wohnen angehen. Denkbar seien Abnahme-Garantien von Wohnungen zum Beispiel von TSMC an mögliche Investoren oder der Bau von Werkswohnungen. "Wer 2027 einen Arbeitsvertrag in Dresden unterschreiben wird, der ahnt davon jetzt noch nichts. Ohne Abnahme-Garantien oder Werkswohnungen werden wir jedoch unter dem Bedarf bauen und auf einen massiv überhitzten Wohnungsmarkt zusteuern", sagt Hilbert.

"Es gibt Gespräche mit Karstadt"

Aktuell muss sich das Rathaus, neben dem großen Blick in die Zukunft, aber auch mit der gerade erst verkündeten Insolvenz von Deutschlands letztem großen Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof beschäftigen. "Es gibt Gespräche mit Karstadt. Was wir unbedingt vermeiden wollen, ist ein Leerstand dieses so zentralen und wichtigen Hauses", sagt Hilbert. Inwieweit die Stadt helfen kann und muss, ist noch unklar. Zuletzt Anfang 2023 gab es Berichte darüber, dass die Verwaltung selber in das Haus einziehen könnte. Damals kam die fünfte Etage für Büroflächen der Stadt infrage.

Hilbert selbst schaut zudem mit Spannung auf die Anfang Juni stattfindende Kommunalwahl. Im Anschluss daran will der OB, der noch für fünf weitere Jahre gewählt ist, mit möglichst "nur" drei starken Fraktionen ein Bündnis schmieden und dazu eine feste Vereinbarung über wichtige Ziele für Dresden abschließen.

"Anerkennung und Respekt zolle ich in diesem Zusammenhang vor allem CDU und Grünen für deren in den vergangenen Monaten positive Zusammenarbeit. Ich freue mich, falls wir weiter zusammen Verantwortung übernehmen können". Wer ein dritter oder vierter Partner sein könne, ließ Hilbert offen.