Dresden. Seit Sommer war klar: Der Dresdner Weihnachtscircus wird in diesem Jahr anders. Die Macher sparten schon im Vorfeld nicht mit Superlativen. Die größte Zeltstadt Europas, der zweitgrößte Weihnachtscircus der Welt, die besten Artisten der Welt. Am Freitag feierte der Dresdner Weihnachtscircus auf dem Volksfestgelände an der Marienbrücke seine Premiere und die Artisten durften dem Publikum nach monatelangen Vorbereitungen zeigen, was sie da auf die Beine gestellt haben.
Im vergangenen Jahr zog der Zirkus 82.000 Besucher in die Manege und ist damit ein Garant in der Weihnachtszeit. Insgesamt 37 Künstler aus zehn Nationen sowie 25 Tiere gestalten das Programm in der festlichen Zeltstadt, die 2.400 Besucher fassen kann. Mehrere Kulturen und Kontinente sind vertreten, sogar ein russisch-ukrainisches Paar.
Kleine Gäste mussten vor allem am Anfang tapfer sein, denn da stellten sich die neuen Ausrichter des Weihnachtcircus zeitlich ausufernd vor: die Gebrüder Köllner. Die drei Artisten in sechster Generation einer Zirkusfamilie leiten nun die Geschicke des Dresdner Weihnachtscircus, während der bisherige Chef Mario Müller-Milano mit vertrautem Gesicht der Direktor der Manege bleibt.
"Als eben der Vorhang aufging, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen", sagt Leonard Köllner, der Jüngste des Trios und verspricht nichts Geringeres als den "besten Weihnachtscircus", den es jemals gab. Riesige Sektflaschen und Blumen werden an mehrere Beteiligte überreicht, während die Kleinsten schon unruhig auf ihren Sitzen hin- und herrutschen.
Waghalsige Manöver unter der Zirkus-Kuppel
Doch da geht es endlich los - und wurde grandios wie versprochen. Mehrere Artisten schwebten kurz unter der 15 Meter hohen Decke des Grand Chapiteau. Gleich zu Beginn verzauberte das "Air Trio" aus Russland mit akrobatischen Künsten an Tüchern, meist kopfüber, immer in schwindelerregenden Höhen, drehend mit einer Synchronität, die meisterlich daherkommt.
In den Lüften war außerdem der Künstler Alex Michael aus Brasilien, der sich mit dem Schwungtrapez durch die ganze Manege gleiten ließ und sogar kopfüber an der Decke entlangläuft, als sei das die normalste Art der Fortbewegung. Er schafft dabei mit seinen waghalsigen Manövern die Ah-und-Oh-Momente, wenn der Artist scheinbar fällt und sich dann doch im letzten Moment noch auffängt.
Eines der Highlights der Show ist definitiv die Darbietung des Duos "Flash of Splash". Das Ehepaar verschlingt sich in den Lüften meisterlich ineinander und hält eine Körperspannung, von der Normalsterbliche nur träumen können. Packend wird es, als das Duo den sogenannten "Zahnhang" präsentiert. Des Zahnarztes schlimmster Horror wird hier wahr: Die zarte Frau hängt an einem Seil, das ihr Partner mit seinen Zähnen hält und vollführt kraftvolle Kunststücke. Kein Wunder, dass diese Darbietung mit dem angesehenen Bronzenen Clown auf dem Internationalen Circus-Festival von Monte Carlo ausgezeichnet wurde.
Dresdner Weihnachtscircus lebt von altbekannten Momenten
Und dann gibt es da diese Momente, die schon immer zum Zirkus gehört haben und dadurch irgendwie ein heimeliges Gefühl geben. Was man aus Kindheitstagen kennt, hat sich in all den Jahren nicht verändert. Die Umbaupausen zum Beispiel, die immer live vor Publikum passieren. Keine Special Effects, sondern echte Menschen, die in die Manege laufen, wenn das Scheinwerferlicht erlischt. Oder, dass der Vorhang immer noch von Hand geöffnet wird - egal, ob ein Artist oder ein Elefant in die Manege kommt. Oder Clownerie. Der Italiener Mister Lorenz taucht mehrfach im Programm auf und entzückt die Kleinsten so, dass es in der ganzen Manege kichert.
Schon immer untrennbar mit Zirkus verbunden sind auch Vorstellungen mit Tieren. Das kritisieren vor allem Tierschützer heftig und ließen sich zur Premiere des Weihnachtscircus einen lautstarken Protest von der anderen Straßenseite nicht nehmen. In der Show werden Hunde, Papageien, Pferde sowie drei Asiatische Elefanten in die Manege geführt und zeigen dort einstudierte Kunststücke.
Dabei fällt auf, dass auf einen liebevollen Umgang ohne schwere Ketten, Peitschen oder andere Mittel Wert gelegt wird. Wenn beispielsweise Cvetomira Kirova-Errani vor den drei asiatischen Elefantendamen Baby, Yumba und Mala entlangschwebt und die Tiere sich wie von Zauberhand mit ihr bewegen. Immer wieder legt sie den Dickhäutern ihre Hand auf den Rüssel, die Tiere folgen ihr. Für einen besonderen Moment in der Manege sorgt auch Laura Urunova mit ihrer Papageien-Show.
Highlight beim Dresdner Weihnachtscircus muss ausfallen
Doch am Ende gibt es noch eine große Enttäuschung. Mehrere Artisten in hautengen Kostümen betreten die Manege, doch sie werden heute nicht auftreten. "The Flying Royals" aus den USA haben eine atemberaubende Flugtrapez-Nummer, bei denen die Darsteller mit gekreuzten Flugbahnen spektakuläre Manöver machen. Mit dieser Darbietung haben sie es bis ins amerikanische "Supertalent" geschafft. Traurig, aber wahr: Das Trapez kam erst am Premierentag am Leipziger Flughafen an und konnte nicht mehr aufgebaut werden.
Doch die Artisten versprechen bei dieser Premiere, dass dieses Highlight ab dem kommenden Tag, dem 16. Dezember, zu sehen sein wird. Dafür muss eine Nachtschicht eingelegt werden, damit die Künstler noch proben können - auch das ist ein Beweis, wie inbrünstig und mit welcher Leidenschaft man hier am Werk ist. Die Superlative waren gerechtfertigt. Bunter, größer, spektakulärer - Hut ab, Grand Chapiteau!