SZ + Dresden
Merken

DVB drohen Einnahmeverluste durch das 49-Euro-Ticket

Für 49 Euro im Monat fahren, wohin man will: Das neue "Deutschlandticket" soll die Menschen ab 2023 entlasten. Doch die Dresdner Verkehrsbetriebe haben noch viele fragen - und Befürchtungen.

Von Christoph Springer
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das 9-Euro-Ticket war auch in Dresden ein Renner und führte zu steigenden Fahrgastzahlen. Jetzt soll ein 49-Euro-Ticket kommen. Doch bis zur Einführung sind noch viele Fragen zu beantworten.
Das 9-Euro-Ticket war auch in Dresden ein Renner und führte zu steigenden Fahrgastzahlen. Jetzt soll ein 49-Euro-Ticket kommen. Doch bis zur Einführung sind noch viele Fragen zu beantworten. © Archiv/Rene Meinig

Dresden. Viele Fragen sind noch offen und es sind mehr als beim 9 Euro-Ticket im Sommer: Das neue 49-Euro-Ticket stellt die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) vor Herausforderungen. Das finanziell unter Druck geratene Unternehmen befürchtet mit der Einführung ein noch größeres Loch im Haushalt.

Was ist das 49-Euro-Ticket?

Für 49 Euro sollen man in Deutschland im kommenden Jahr alle ÖPNV-Mittel nutzen dürfen. Also Regionalzüge, Busse, Straßenbahnen und dort, wo es sie gibt, auch für S-Bahnen und U-Bahnen. "Deutschlandticket" ist der offizielle Name des Fahrscheins, den es mindestens digital und im monatlichen Abo geben soll. Ob es das Ticket auch in Papierform am Automaten geben wird, ist eine der Fragen, die bis zur Einführung noch beantwortet werden müssen. Von einer Einführung früh im Jahr 2023 ist die Rede.

Dürfen mehrere Personen mit dem neuen Ticket fahren?

Die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) und der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) warten auf weitere Antworten. Zum Beispiel, welche Mitnahmeregeln es geben soll. Wer in Dresden bisher eine Abo-Monatskarte zum Normalpreis nutzt, die derzeit 17,40 Euro mehr kostet als das geplante "Deutschlandticket", darf täglich zwischen 18 und 4 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen ganztags einen weiteren Erwachs­enen und maximal vier Schüler im Alter von bis zum 15. Geburtstag gratis mitnehmen.

VVO-Sprecher Christian Schlemper sagt, für das 49-Euro-Ticket liefen dazu im Moment noch Gespräche. Sein Kollege Falk Lösch von den DVB nimmt an, dass das künftig weiter nur für die Nutzer von Abo-Monatskarten möglich sein wird, die ausschließlich im VVO-Gebiet gelten.

Diese Frage muss bis zur Einführung des Tickets beantwortet sein. Beim 9-Euro-Ticket lautete die Antwort: Der Fahrschein gilt ausschließlich für eine Person und bei der Papiervariante musste diese Person sogar auf dem Ticket unterschrieben haben.

Wer rechnet am Ende ab?

Geplant ist, den neuen Fahrschein bereits Anfang Januar anzubieten. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) findet das wünschenswert, hält den Zeitpunkt aber für "zunehmend unrealistisch". Eher machbar ist das laut dem VDV zum Ende des ersten Quartals 2023.

Schließlich muss zum Beispiel noch die sogenannte Einnahmeaufteilung geklärt werden. Dieses Wort beschreibt, welcher Verkehrsverbund und welches Nahverkehrsunternehmen am Ende wie viel Geld bekommen wird. Jeder Verbund und jeder ÖPNV-Anbieter, in dessen Region ein Fahrgast mit dem bundesweit gültigen Fahrschein unterwegs ist, hat schließlich einen Anspruch.

Die Höhe dieses Anspruchs zu ermitteln, ist zugleich eine organisatorische und technische Herausforderung - das Geld dann der jeweiligen Institution oder Firma zukommen zu lassen, ebenfalls. Im VVO-Gebiet macht das der Verbund für alle beteiligten Firmen. Das sind unter anderem die DB Regio AG, die DVB, die Regionalbus Oberlausitz GmbH, die Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge GmbH, die Verkehrsgesellschaft Meißen und die Verkehrsgesellschaft Hoyerswerda.

Wird das "Deutschlandticket" ein Verlustgeschäft?

Es gibt die Sorge, dass die Einnahmen der Nahverkehrsunternehmen aus dem Fahrscheinverkauf vor Ort sinken könnten. Einerseits, weil das 49-Euro-Ticket zumindest im Vergleich zur Abo-Monatskarte im VVO-Gebiet preiswerter ist. Das könnte dazu führen, dass weniger hiesige Monatskarten gekauft werden. Andererseits auch, weil nicht mehr - wie bisher - im Zweifel mehrere Fahrscheine für eine überregionale Strecke nötig sind.

VVO-Sprecher Schlemper sagt, weil es solch ein Angebot in dieser Form noch nie gegeben habe, sei "jede Schätzung ein Blick in die berühmte Glaskugel". Falk Lösch sagt, vor der Einführung des 49-Euro-Tickets müsse "die Finanzierung des Basisgeschäfts" geregelt sein, außerdem die "Dynamisierung der sonstigen Kosten". Das heißt, den Dresdner Verkehrsbetrieben ist in erster Linie wichtig, wie das aktuelle finanzielle Loch in ihrer Kasse gestopft und wie mit weiter steigenden Kosten für den ÖPNV umgegangen wird.

Warum immer "das Beste, das Schickste" für Dresden?

Den DVB fehlen pro Jahr um die 80 Millionen Euro. Deshalb hat Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) vor einer Woche angekündigt hat, nicht nur die Ticketpreise, sondern auch die Parkgebühren deutlich anheben zu wollen, um die DVB zu unterstützen. Das hat der DVB Kritik eingebracht, zu viel Geld für neue Fahrzeuge auszugeben.

Von FDP-Fraktionschef Holger Zastrow kassiert Hilbert für seinen Parkgebührenplan ein deutliches Veto. "Wenn man bei der Finanzierung des ÖPNV auf mit einem Finger auf die Autofahrer zeigt, zeigen vier Finger zurück", sagt Zastrow. Er hält nichts vom Parkgebührenplan der Stadtverwaltung und verlangt stattdessen, die Ausgabenseite der Verkehrsbetriebe genauer unter die Lupe zu nehmen.

Beispiel neue Straßenbahnen: Da habe das Unternehmen "den Mercedes unter den Straßenbahnen" bestellt. "Warum immer das Beste, das Schickste, das Feinste, und nicht das, was viele andere Städte machen, was auch den Zweck erfüllt?", fragt Zastrow.

Als Beispiel nennt er Dortmund. Das dortige Nahverkehrsunternehmen hat bei der Firma "Heiterblick" in Leipzig 26 neue Straßenbahnen bestellt und lässt parallel dazu die 64 vorhandenen Bahnen modernisieren. Das kostet rund 200 Millionen Euro. Die DVB haben derzeit 119 sogenannte Stadtbahnen im Bestand und 30 neue bestellt. Die neuen Fahrzeuge kosten inklusive der dafür nötigen Umbauten in den Werkstätten, Service und langfristiger Wartung rund 197 Millionen Euro.