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Neuer Zollhof Dresden bald am Flughafen? Streit um Brummi-Chaos geht weiter

Mehr als 100 Laster verstopfen täglich die Straßen zum Dresdner Zollamt an der Stauffenbergallee. Die Behörde soll umziehen. Nun gibt es einen neuen Standortvorschlag.

Von Dirk Hein
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Im Umfeld des Dresdner Zollamtes nahe der Stauffenbergallee kommt es immer wieder zu riskanten Fahrmanövern. Zu viele Brummis parken an den Straßenrändern.
Im Umfeld des Dresdner Zollamtes nahe der Stauffenbergallee kommt es immer wieder zu riskanten Fahrmanövern. Zu viele Brummis parken an den Straßenrändern. © René Meinig

Dresden. Wie geht es weiter mit dem Dresdner Zollamt? Aktuell liegt es schwer erreichbar in einem Hinterhof an der Hartmut-Dost-Straße nahe der Stauffenbergallee. Brummi-Fahrer, die Waren von außerhalb der EU einführen, müssen sich dort anmelden. Bis zu 70 Laster kommen gleichzeitig und verstopfen die engen Wege und Zufahrten - Tendenz zunehmend. Anwohner schildern die Situation als nicht mehr hinnehmbar.

Doch mit einem Umzug des Zollamts Dresden tut sich die Stadt schwer. Kaditz ist bisher im Gespräch gewesen. Am Mittwoch sollte darüber abgestimmt werden. Doch soweit kam es nicht. Stattdessen liegt wieder ein neuer Standortvorschlag auf dem Tisch.

Welche unterschiedlichen Positionen gibt es zum Zollhof-Umzug?

Nach anderthalb Jahren Diskussionen stand im Bauausschuss am Mittwoch erneut eine Entscheidung über den Umzug nach Kaditz an. Die CDU lehnt diesen weiter ab. Für Stadtrat Veit Böhm reicht die geplante Anzahl an Stellplätzen am vorhandenen P+R-Parkplatz in Kaditz nicht aus. So wurde in den Diskussionen von bis zu 160 abzufertigenden LKW pro Tag und von 110 Lkw als durchschnittlicher Wert, bei einer Abfertigungsdauer von in einer Stunde bis 14 Tage, gesprochen. "Solange nicht 100 Lkw-Parkplätze am künftigen Standort gebaut werden, ist der Bebauungsplan nicht zustimmungsfähig."

Anders sieht das Ulrike Caspary (Grüne): "Wir schulden es den Menschen, die in der Nähe des aktuellen Standorts wohnen und arbeiten, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden und endlich zu einem Beschluss zu kommen." Aus Sicht der Grünen bringt der Vorschlag der Stadt viele Vorteile: Die Nähe zum Autobahnanschluss, ausreichend ausgebaute Straßen und Kreuzungen und Platz für Stellplätze. Zudem befindet sich kein Wohngebiet in unmittelbarer Nähe.

"Wir wissen, dass der Druck auf der Stauffenbergallee hoch ist. Aber ist bringt nichts, Probleme und Gefährdungslagen innerhalb der Stadt nur zu verlagern", sagt hingegen AfD-Rat Thomas Ladzinski. Einen besser geeigneten Standort zu finden sei eine Frage des politischen Willens.

"Wir brauchen eine Alternative zur Stauffenbergallee, nur die muss funktionieren", so Stadtrat Stefan Engel (SPD). Die Verwaltung hätte bisher noch nicht darlegen können, das ausreichend Stellplätze geplant sind. "Passen Lkw nicht mehr auf den Zollhof, dann stehen sie auf der Washingtonstraße. Das muss verhindert werden."

Was hat der Bauausschuss am Mittwoch entschieden?

Der Bauausschuss hat am Mittwoch zwei Stunden intensiv und teilweise nicht öffentlich debattiert. Ein von der Verwaltung gestützter Vorschlag der SPD, das Thema zur neuen Beratung in die Stadtbezirksbeiräte zu überweisen, scheiterte knapp. Dort hätten nochmals in Ruhe neue Fakten der Verwaltung geprüft werden können. Eine finale Entscheidung hätte so vermieden werden können.

Weil damit eine Ablehnung der kompletten Pläne drohte, wurde eine Entscheidung mit den Stimmen von Grünen und Dissidenten in den Stadtrat gehoben. Allerdings gab der richtungsweisende Ausschuss dem Rat ein Votum mit: Auf CDU-Antrag lehnte der Ausschuss mit großer Mehrheit das Gewerbegebiet an der Washingtonstraße ab.

Stattdessen soll OB Dirk Hilbert (FDP) beauftragt werden, aus den bereits geprüften Alternativvorschlägen und aus Parkflächen am Flughafen eine neue Vorzugsvariante zu erarbeiten. Zudem sollen in der Nähe der Stauffenbergallee Interimsflächen für parkende Lkw eingerichtet werden. Ein Umzug des Zollhofes nach Kaditz rückt damit in weite Ferne - eine schnelle Lösung für die Stauffenbergallee jedoch auch. Das letzte Wort hat jetzt der Stadtrat.

Wie schwierig stellt sich die Lage an der Stauffenbergallee dar?

Im Februar 2022 schlugen Anwohner vor Ort erstmals Alarm. In dem kleinen Gewerbegebiet oberhalb der Stauffenbergallee herrscht aus ihrer Sicht das Brummi-Chaos. Objektiv lässt sich das durchaus mit Fakten belegen: Schwere Laster stehen vor Ort im Halteverbot. Weil der Platz kaum ausreicht, muss minutenlang rangiert werden, um enge Kurven zu durchfahren. Müllwagen und Rettungsfahrzeuge haben dann keinen Platz. Das gesamte Gebiet kann nur über eine kleine Straße angefahren werden. Im Umfeld sind im Laufe der Jahre neue Wohnareale entstanden, ein Schulweg führt durch das Gebiet, zwei Kitas sind betroffen.

Rathaus und Politik reagierten damals schnell. Im März 2022 wurde das Thema erstmals im Bauausschuss des Rates behandelt. Die Stadt schlug einen Umzug des Zollamtes in die Nähe des Elbeparks vor. Der Plan der Verwaltung sah vor, den vorhandenen P+R-Parkplatz in Kaditz mit knapp 200 Stellflächen direkt an der Autobahnabfahrt Dresden Neustadt zumindest teilweise zum LKW-Parkplatz für das dort neu zu errichtende Zollamt zu nutzen. Seither wurde beraten, diskutiert - und vertagt.

Auf diese Freifläche unweit des Elbeparkes will das Rathaus den neuen Zollhof bauen lassen.
Auf diese Freifläche unweit des Elbeparkes will das Rathaus den neuen Zollhof bauen lassen. © René Meinig

Was ist bisher passiert?

Der Bauausschuss wollte im März 2022 einer Verlagerung des Zollamtes nach Kaditz nicht sofort zustimmen. Zu groß war die Sorge, den Brummi-Ärger nur in einen anderen Stadtteil zu schieben. Stattdessen wurde das Thema mit Arbeitsaufträgen an das Rathaus vertagt. In der Zwischenzeit hat die Stadt umfangreich nachgearbeitet.

So sollen an der Washingtonstraße 42 Lkw-Stellplätze entstehen. Der P+R-Parkplatz kann mit 198 Stellplätzen erhalten bleiben. Das umliegende Verkehrsnetz wurde nochmals geprüft und als "aufnahmefähig" für die zu erwartenden Schwerlaster bewertet.

Ein Vergleich des bisherigen mit dem geplanten neuen Standort ergab in Kaditz keine "nennenswerten neuen Belastungen". Ein Grund dafür ist die Nähe der ohnehin lauten A4. Die Situation an der Stauffenbergallee würde sich hingegen laut Verwaltung durch den Wegzug des Zollamtes deutlich verbessern.

Alternativstandorte in Hellerberge, Hellerau und Kaditz seien geprüft wurden. Die dafür notwendigen Grundstücke sind entweder nicht zu verkaufen, in der Nähe der Halbleiterindustrie zu teuer, oder es besteht kaum Aussicht auf Baurecht.