Letzte Tatra-Abfahrt in Dresden: Nach 56 Jahren endet eine Straßenbahn-Ära
Dresden. Die Tage für die letzten Tatra-Straßenbahnen in Dresden sind gezählt. Sechs Triebwagen sind laut Angaben der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) noch im Einsatz, dazu fünf Beiwagen. Ihnen bleibt kein Monat mehr auf den Schienen. Dann endet die Ära dieser tschechischen Straßenbahnen in Dresden.
Noch rund vier Einsatzwochen
Schon Ende Mai verabschieden sich die letzten Bahnen aus dem Linienbetrieb, nur zwei Tatras sollen dann noch im Einsatz sein: die Kinderstraßenbahn Lottchen und ein Triebwagen, mit dem Oberleitungen geschmiert und Schienen geschliffen werden können. Fast allen restlichen Tatras droht die Schrottpresse.
Ein Triebwagen in der aktuellen Form - also gelb und mit Polstersitzen - soll überleben. Er kommt ins Straßenbahnmuseum, wo unter anderem schon ein ganzer Tatrazug mit solchen Triebwagen und einem Beiwagen steht, im historischen Rot und Beige und mit Hartschalensitzen, also mit der Ausstattung, mit der die Bahnen in der DDR-Zeit unterwegs waren.
Abschied seit September 2015
Bereits vor mehr als sieben Jahren läuteten die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) das Ende der Tatra-Ära in Dresden ein. Im September 2015 rollte das Unternehmen vor den Augen vieler Schaulustiger einen Tatrazug und eine Niederflurstraßenbahn der zweiten Generation auf die Augustusbrücke. Für Fotos und Videos standen die Bahnen in Fahrtrichtung Goldener Reiter nebeneinander. Das war der offizielle Abschied der Tatras aus dem regulären Linienbetrieb.
Mehr als 570 Triebwagen und 250 Beiwagen hatten die Verkehrsbetriebe davon zu "besten Zeiten". Platz war dafür in mehr Straßenbahnhöfen als heute, unter anderem auch in Bühlau und Klotzsche, lange Zeit in Mickten und Naußlitz und auch im großen Straßenbahnhof Tolkewitz. Der Trend ging damals längst in Richtung Niederflurstraßenbahn, also Fahrzeugen mit ebenerdigem Einstieg, möglichst wenig Stufen im Inneren und durchgehenden Fahrzeugen.
Kaum Platz für Kinderwagen
Immer wieder berichteten die DVB auch schon in den Jahren zuvor, dass die Ersatzteilbeschaffung für die Tatras immer schwieriger wird, einige Wagen dienten auch als Ersatzteilspender. Auch, wenn das technisch vielleicht weiter denkbar ist, entsprechen die Bahnen längst nicht mehr den aktuellen Komfortansprüchen. Es ist zum Beispiel viel zu wenig Platz für Kinderwagen, die man ohnehin nur mit Hilfe mindestens einer weiteren Person in die Straßenbahnen hieven kann. Wer einen Rollstuhl nutzt oder einen Rollator braucht, hat keine Chance, über die hohen Stufen zu kommen.
Täglich neue Tatra-Fotos
Dennoch betrauern Fans den endgültigen Abschied der tschechischen Straßenbahnen aus Dresden. Fast täglich tauchen im Internet neue Fotos von Tatrastraßenbahnen auf, die in der Landeshauptstadt gerade noch im Einsatz sind. Zuletzt sogar eines von dem Triebwagen mit der Nummer 224 269 und dem Hinweis, er werde gerade in Gorbitz neu lackiert. Das könnte bedeuten, dass er es ist, der künftig zum Bestand des Straßenbahnmuseums in Trachenberge gehören wird.
DVB-Sprecher Falk Lösch sagt derzeit nichts zu solchen Gerüchten und verweist auf das Mai-Ende. Dann wollen die DVB dem Museum noch einmal einen Tatra-Triebwagen übereignen - zum Ende der 56-jährigen Ära dieses Straßenbahntyps in Dresden.