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Wie gut ist Dresden für die TSMC-Ansiedlung gerüstet?

Wenn 2.000 Mitarbeiter kommen, werden Wohnungen, Kita-Plätze und leistungsfähige Straßen gebraucht. Kann Dresden das alles bieten? Und wenn nicht, was muss dafür getan werden?

Von Kay Haufe
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Der taiwanische Chipkonzern TSMC will ein Halbleiterwerk in Dresden errichten. Doch wie gut ist die Stadt dafür aufgestellt?
Der taiwanische Chipkonzern TSMC will ein Halbleiterwerk in Dresden errichten. Doch wie gut ist die Stadt dafür aufgestellt? © David Chang/dpa

Dresden. Am Dienstag hat die Firma TSMC bekannt gegeben, dass sie im Dresdner Norden eine neue Chipfabrik bauen will. 2.000 Mitarbeiter sollen dort perspektivisch tätig sein, 200 davon will das taiwanesische Unternehmen selbst mitbringen. Der Spatenstich für den Halbleiter-Hersteller ist für 2024 vorgesehen. Wenn alles gut läuft, könnte ab Ende 2027 die Produktion starten. Aber ist Dresden überhaupt für eine solche Großansiedlung gerüstet?

Gibt es genügend Schul- und Kitaplätze in Dresden?

"Inwieweit diese mit mehreren tausend Arbeitsplätzen und Zuzug verbundene Neuansiedlung zusätzlichen Bedarf an Schulkapazitäten generiert, lässt sich derzeit nicht abschätzen", sagt Bildungsbürgermeister Jan Donhauser (CDU). Die Stadtverwaltung benötige detailliertere Informationen, um die Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur zu analysieren. "Hierfür wird es auch erforderlich sein, Gespräche mit Vertretern der benachbarten Kommunen zu führen, da es sich um eine weitreichende Gemeinschaftsaufgabe für die Stadt-Umland-Region handelt."

Sobald konkrete Bedarfe identifiziert sind, könnte die Stadt agieren. Grundsätzlich stünden im Dresdner Norden folgende Schulen zur Verfügung: 50. Grundschule, 82. Grundschule, 84. Grundschule, 85. Grundschule, Grundschule Weixdorf, Grundschule Langebrück, 82. Oberschule, Oberschule Weixdorf sowie das Gymnasium Klotzsche.

Der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen sieht keine Schwierigkeiten, Kinder von neu hinzugezogenen Familien aufzunehmen: "Aufgrund des Rückgangs der Kinderzahlen haben wir ausreichend Kapazitäten in der Kindertagesbetreuung, insbesondere im Norden von Dresden", sagt die Leiterin. Künftige Ansiedlungen seien unter anderem auch ein Grund gewesen, die Kapazitäten nicht gleichlaufend mit sinkenden Kinderzahlen herunterzufahren.

Sind ausreichend Wohnungen in Dresden verfügbar?

Schon heute ist es für bestimmte Personengruppen schwierig, eine passende Wohnung in Dresden zu finden. Zum Beispiel für Single oder Familien mit mehreren Kindern. Der Wohnungsleerstand lag in Dresden Ende 2022 bei sieben Prozent, das sind rund 21.500 Wohnungen.

Zieht man davon ruinöse oder in Sanierung befindliche Wohnungen ab, erhält man den sogenannten strukturellen Leerstand von drei Prozent, was einer Zahl von rund 9.300 leerstehenden Wohnungen entspricht. Ob diese dann auch den Anforderungen von Neudresdner entsprechen, ist unklar.

Mit Stand März 2023 gab es in Dresden insgesamt 6.450 erteilte Baugenehmigungen für Neubauwohnungen, die noch nicht fertiggestellt waren. Davon waren im März 2023 insgesamt 4.223 im Bau.

Wie gut sind Straßen und Radwege in Dresden ausgebaut?

Um in den Dresdner Norden zu gelangen, ist vor allem die Königsbrücker Straße die Hauptschlagader. Doch diese ist in Teilen marode. Laut Stadtverwaltung ist der Baubeginn vom Albertplatz bis zur Stauffenbergallee für 2025 geplant, gerechnet wird mit einer zweijährigen Bauzeit bis 2028. Die Vorplanungen für den mittleren Abschnitt von der Stauffenbergallee bis zur Fabricestraße laufen derzeit, ein Zeitpunkt, wann gebaut werden kann, sei derzeit noch nicht definierbar.

Was Radwege vom Zentrum bis in den Norden anbelangt, gibt es laut dem Straßen- und Tiefbauamt mehrere Strecken in Nord-Süd-Richtung, die regelmäßig von den Radfahrenden in Richtung Norden genutzt werden. Dank zusätzlichem Personals und mehr Geld konnten Planungen beschleunigt werden, die konzentrieren sich auf die Ertüchtigung vorhandener Abschnitte und auf Ergänzung von Netzlücken. "Dies schließt Zubringerstrecken wie beispielsweise die Karl-Marx-Straße mit ein", so ein Stadtsprecher. Weiterhin wird die Radschnellverbindung zwischen Bahnhof Neustadt und Radeberg geplant.

Folgende Planungsstände gibt es für diverse Nordrouten: Entlang der Königsbrücker Straße und Landstraße sind Netzlücken ab Albertplatz bis Industriegelände zu schließen. Schwerpunkte sind dabei der grundhafte Ausbau der Königsbrücker Straße Süd sowie eine durchgängige Radverkehrsanlage stadteinwärts auf der Königsbrücker Straße Nord ab 2026, abhängig vom Genehmigungsverfahren. Stadtauswärts soll dieser Abschnitt ab Herbst 2023 gebaut werden. Im Jahr 2025 sollen die Kieler und Alexander-Herzen-Straße als Alltagsradverbindungen verbessert werden.

Zu einer möglichen Radschnellverbindung von Dresden, beginnend am Bahnhof Neustadt, über Klotzsche nach Langebrück und weiter bis Radeberg liegt eine abgeschlossene Machbarkeitsstudie und inzwischen auch eine Fördermittelzusage des Bundes für die Planungsleistungen bis zur Genehmigungsplanung vor. Im Sommer des kommenden Jahres sollen die Planungsleistungen nach europaweiter Ausschreibung vergeben werden. Für wesentliche Teile der Verbindung sind Planfeststellungsverfahren notwendig und aufwändige Ingenieurbauwerke wie Unterquerungen von Bahnanlagen und eine Brücke über die Stauffenbergallee zu errichten.

Wie erfolgt die Versorgung mit Wasser und Strom?

Schon heute benötigen die großen Firmen im Dresdner Norden viel Wasser. Prognosen zufolge könnte sich der Wasserbedarf für die Industrie in der Region Dresden bis 2030 verdoppeln. Um die steigende Nachfrage der Halbleiterfirmen zu befriedigen, plant das Unternehmen Sachsen-Energie laut Sprecherin Viola Martin-Mönnich ein innovatives Industriewassersystem.

"Aktuell laufen umfangreiche Planungen und Voruntersuchungen zu dem hochkomplexen Infrastruktur-Vorhaben. Dieses soll die Industriewasser- und Trinkwasserversorgung der Landeshauptstadt komplett voneinander entkoppeln." Schon heute nutze Infineon Wasser aus Anfang 2023 fertiggestellten Brunnen am historischen Wasserwerk Saloppe.

Auch der umfangreiche Genehmigungsprozess für die zweite Schiene des Industriewassersystems hat bereits begonnen. "Erst wenn vonseiten der Behörden 'grünes Licht' für die in Planung befindliche technologische Lösung gegeben wurde, können Details veröffentlicht werden", so die Sprecherin. Bis die geplante Anlage fertiggestellt ist, wird die steigende Nachfrage der Wirtschaft aus den bestehenden vier Wasserwerken in Coschütz, Hosterwitz, Tolkewitz und der Dresdner Albertstadt gedeckt, die zu diesem Zweck ertüchtigt wurden und werden.

Parallel zur Wasser-Infrastruktur ertüchtigt Sachsen-Energie das Stromnetz, um es an den steigenden Energiebedarf und die zunehmende Einspeisung Erneuerbarer Energien anzupassen. "Dazu ist ein neues 380/110 kV-Umspannwerk im Dresdner Norden geplant. Die Abstimmungen dazu laufen zurzeit", sagt Martin-Mönnich.

Welche erneuerbaren Energien werden in Dresden genutzt?

Im Vorfeld der Entscheidung von TSMC hätten intensive Gespräche auch zu Fragen der Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt- und Klimaverträglichkeit der künftigen Energieversorgung am Standort Dresden stattgefunden, erklärt die Sprecherin. Hauptthema sei dabei die Herstellung ausreichend dimensionierter Netzanschlüsse gewesen, die der Dresdner Energieversorger mit Partnern gewährleisten will.

"Sachsen-Energie stellte dar, wie klimaneutrale Stromlieferungen aus bestehenden Anlagen und durch Neuinvestitionen, auch mit Partnern, auf einem Niveau erzielt werden können, das im internationalen Maßstab bestehen kann." Jetzt müssten diese Projektionen durch entsprechende Planungen und Investitionen, im besten Fall in der Dresdner Region, untersetzt werden, um das TSMC-Anliegen nach Nutzung erneuerbarer Energien bei der Chipfertigung mit dem Beginn der Produktion bedienen zu können.