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Zu wenig Polizei für Corona-Demos in Dresden

Die Dresdner Polizei kommt an Grenzen. Die Beamten wollen handlungsfähig gegen die illegalen Corona-Proteste sein. Das hat andernorts Folgen.

Von Christoph Springer
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Wenn die Polizei wie hier auf der Oskarstraße am Montagabend massiv im Einsatz ist, können anderswo Beamte fehlen.
Wenn die Polizei wie hier auf der Oskarstraße am Montagabend massiv im Einsatz ist, können anderswo Beamte fehlen. © SZ/Christoph Springer

Dresden. Es war Absicht und zudem der Tatsache geschuldet, dass die Polizei an ihren personellen Grenzen angelangt ist. Zwei illegale Versammlungen mit rund 300 sogenannten Spaziergängern hatten die Polizei in Dresden am Montagabend im Griff.

Bei mindestens zwei weiteren mit etwa 700 Teilnehmern war sie nicht vor Ort und drei weitere mit insgesamt rund 330 waren den Beamten zwar bekannt, wurden aber nur im Blick behalten oder höchstens mit geringem Aufwand begleitet. Das heißt, sie wussten von insgesamt sieben Versammlungen mit alles in allem über 1.300 Spaziergängern. Aber nur bei zwei davon haben sie erwartungsgemäß eingegriffen.

Mehr als 120 Verfahren eingeleitet

Ist das eine Kapitulation vor den Corona-Leugnern und Impfgegnern? Das nicht, denn dort, wo die Beamten im Einsatz waren, haben sie durchgegriffen. Von fast 100 Teilnehmern des "Spaziergangs" in Strehlen haben sie am Montagabend die Personalien aufgenommen und Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten gegen sie eingeleitet. Gegen weitere knapp 30 in Blasewitz.

Die Abwesenheit der Beamten anderswo war selbst für die Teilnehmer der illegalen Versammlungen eine Überraschung. "Die ganze Zeit überhaupt keine Polizei", stellte einer davon nach dem Rundgang durch Laubegast ungläubig fest. Das war am Montagabend kurz nach 19 Uhr an der Ecke Leubener Straße/Österreicher Straße. Gerade war der dortige "Spaziergang" zu Ende gegangen. Zwar hatten die Teilnehmer vorübergehend den Verkehrsfluss auf der Österreicher Straße, der Salzburger Straße und der Leubener Straße behindert. Doch sie waren auch eine lange Strecke weitgehend unbemerkt durch das Wohngebiet zwischen diesen Straßen gelaufen.

Ebenso in Bühlau an der Bautzner Landstraße: Bis zu 400 Menschen sind dort stadteinwärts unterwegs gewesen. Sie begegneten dabei dem Autokonvoi der "Querdenker" der an diesem Abend nach Bautzen fuhr. Die Polizei war da zwar dabei, die Fußgänger spielten für die Beamten aber keine Rolle. Sie hatten die Aufgabe, den Konvoi zu begleiten.

Handlungsfähig sein, statt nur zu begleiten

Die Ursache für die Abwesenheit der Polizei bei mehreren "Spaziergängen" war ihre Lagebeurteilung in Verbindung mit den personellen Möglichkeiten. Nach den Erfahrungen aus den vergangenen Wochen seien die örtlichen Schwerpunkte der Schillerplatz und der Wasaplatz gewesen, sagt Sprecher Marko Laske.

Eine Entscheidung, die richtig war, wie sich am Montagabend herausstellte. "Daran gekoppelt ist selbstredend auch der Einsatz unserer personellen Ressourcen", so Laske weiter. Das heißt nichts anderes als das: Weil viele Beamte für diese zwei Orte gebraucht wurden, gab es nicht mehr genug für andere illegale Versammlungen in Dresden.

Zudem waren weitere Polizisten der Polizeidirektion Dresden (PD Dresden) und der Bereitschaftspolizei im Einsatz, weil im Dienstgebiet der PD insgesamt wenigstens 30 solche nicht erlaubten Versammlungen stattfanden, die meisten davon im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge.

"Mit Blick auf die Vielzahl der Protestaktionen ist ein Einsatz der polizeilichen Ressourcen im Sinne eines 'Gießkannenprinzips' nicht sinnvoll", erklärt Laske, "zumal der Anspruch an die Polizei besteht, vor Ort handlungsfähig zu sein". Das heißt, die Beamten legen Wert darauf, illegale Versammlungen nicht nur zu begleiten, sondern auch beenden zu können, so wie die in Strehlen und Blasewitz. Andere wurden deshalb am Montag nicht begleitet und schon gar nicht beendet.

Jeden Tag illegale Versammlungen?

Ein weiteres Problem, das die Polizei zusätzlich fordert: Jeden Tag muss sie derzeit mit illegalen Versammlungen rechnen. Sie werden höchstens im Internet angekündigt, dann muss die PD-Führung schnell reagieren: Sie muss einsatzbereite Trupps aktivieren, die sie dann zum Ort des "Spaziergangs" lotst und die dort schließlich die nötigen Maßnahmen ergreifen.

So, wie am Dienstagabend, als erneut illegale Versammlungen stattfanden, wieder auf dem Schillerplatz und dieses Mal auch auf dem Dr.-Külz-Ring. Beide Treffen mit insgesamt etwa 80 Teilnehmern wurden beendet und Verfahren gegen 14 sogenannte Spaziergänger eingeleitet. 65 Polizisten waren im Einsatz.

Dass nun in Sachsen darüber diskutiert wird, die Einschränkungen des Versammlungsrechts zu lockern, wieder größere Demonstrationen zuzulassen und damit an solchen Abenden vielleicht weniger Einsatzorte im Blick haben zu müssen, will Laske nicht kommentieren. Das sei Sache des Gesetzgebers, sagt er und deutet damit an: Aufgabe der Polizei ist es am Ende, die gesetzlichen Regelungen durchzusetzen. Am vergangenen Montag ist ihr das in Dresden an zwei von sieben Orten gelungen.