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Campuslinie startet mit Tunnelbau: Dresden forciert Fernwärme-Ausbau

2.000 Dresdner haben sich mit Fragen zum Fernwärme-Ausbau an den Energieversorger Sachsen-Energie gewandt. Hier sind die Antworten: Wie es mit dem Ausbau weitergeht.

Von Peter Hilbert
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Rutger Kretschmer (l.),  Thomas Dorn und Franziska Graube-Kühne von Sachsen-Energie haben eine große Aufgabe an der Nossener Brücke vor sich. Denn dort beginnt dieses Jahr der Bau eines Fernwärmetunnels unter der Bahnstrecke.
Rutger Kretschmer (l.), Thomas Dorn und Franziska Graube-Kühne von Sachsen-Energie haben eine große Aufgabe an der Nossener Brücke vor sich. Denn dort beginnt dieses Jahr der Bau eines Fernwärmetunnels unter der Bahnstrecke. © Sachsen-Energie/Oliver Killig

Dresden. Betonkrebs und starke Risse – solche und andere Schäden weisen die vier Bauwerke der Nossener Brücke auf. Mit der künftigen Straßenbahnstrecke auf der Campuslinie zwischen Löbtau und der Südvorstadt sollen diese Probleme gelöst werden. Denn dafür sollen komplett neue und breitere Brücken zur Nürnberger Straße gebaut werden. Zum Auftakt wird der Energieversorger Sachsen-Energie einen Fernwärmetunnel unter der Bahnstrecke bauen, erklärt Rutger Kretschmar, Bereichsleiter für Kraft und Wärme von Sachsen-Energie. Es ist eine Baustelle von vielen im Zuge des Fernwärme-Ausbaus der Stadt.

Mit seiner Abteilungsleiterin Franziska Graube-Kühne, die für Technik zuständig ist, und Thomas Dorn, der sich um das Projektmanagement beim Fernwärmebau kümmert, hat er sich an diesem Tag auf der Nossener Brücke getroffen, um die Vorbereitungen zu inspizieren. Die Fachleute erläutern, wie dieses Großprojekt umgesetzt - und wie der Dresdner Fernwärmeausbau jetzt stark forciert werden soll.

Ein Blick in die Röhre des Fernwärme-Elbtunnels neben der Marienbrücke. So wird auch der 230 Meter lange neue Tunnel an der Nossener Brücke aussehen. Das heiße Wasser vom Kraftwerk strömt durch eine Leitung durch die Röhre hindurch und aus den Häusern dur
Ein Blick in die Röhre des Fernwärme-Elbtunnels neben der Marienbrücke. So wird auch der 230 Meter lange neue Tunnel an der Nossener Brücke aussehen. Das heiße Wasser vom Kraftwerk strömt durch eine Leitung durch die Röhre hindurch und aus den Häusern dur © Peter Hilbert

Ein Großprojekt: 230 Meter lange Röhre unter Bahnstrecke

"Der Auftrag wird derzeit vergeben, sodass der Bau zur Jahresmitte beginnen kann. Wir wollen rund 25 Millionen Euro dafür investieren", sagt Kretschmer zum Fernwärmetunnel. In der Fachsprache wird er Düker genannt. Das kommt aus dem Holländischen und bedeutet Taucher. Nötig ist er, da die derzeitige Fernwärmebrücke dem neuen, breiteren Verkehrszug der Campuslinie im Wege wäre. Mit 230 Metern wird der Tunnel etwa so lang wie der 2020 in Betrieb genommene unter der Elbe neben der Marienbrücke.

Diese alte Fernwärmebrücke muss verschwinden, da sie der neuen, breiteren Nossener Brücke im Zuge der Campuslinie im Wege wäre.
Diese alte Fernwärmebrücke muss verschwinden, da sie der neuen, breiteren Nossener Brücke im Zuge der Campuslinie im Wege wäre. © Sachsen-Energie/Oliver Killig

Sichtbar ist jetzt bereits eine neue provisorische Fernwärmebrücke neben der Zwickauer Straße. Deren Bau war nötig, da die im Untergrund verlaufende Leitung wegmusste. Denn dort ist eine 20 Meter tiefe Baugrube geplant, die das Ziel für die Tunnelbohrer wird, erklärt Bau-Abteilungsleiter Dorn. Das Pendant liegt auf der anderen Seite der Bahnstrecke am Heizkraftwerk. Dort wird die Tunnelbohrmaschine eingehoben.

So wie auf dieser Visualisierung von der Baustelle neben der Marienbrücke wird auch der Tunnelbau an der Nossener Brücke funktionieren. Hydraulikpressen drücken den Bohrer voran und die Betonfertigteile in die Röhre.
So wie auf dieser Visualisierung von der Baustelle neben der Marienbrücke wird auch der Tunnelbau an der Nossener Brücke funktionieren. Hydraulikpressen drücken den Bohrer voran und die Betonfertigteile in die Röhre. © PR-Visualisierung Eiffage

Mit einer großen, propellerartig rotierende Scheibe werden Erde und auch Gestein abgetragen, mit einem Ton-Wasser-Gemisch unter Druck ausgespült und letztlich über das Loch und Rohre abtransportiert. Hydraulikpressen drücken den Bohrer voran und auch die Betonfertigteile in die Röhre. Auf diese Weise wird der drei Meter hohe begehbare Tunnel wachsen, der mit zwei Fernwärmeleitungen ausgestattet Ende 2026 in Betrieb gehen soll.

Fernwärme-Netz in Dresden wächst: Schon 647 Kilometer lang

In den vergangenen Jahrzehnten wurde viel erreicht. Seit der Wiedervereinigung ist das Dresdner Fernwärmenetz um 393 auf 647 Kilometer erweitert worden, erläutert Fernwärme-Gruppenleiter Swen-Sören Börner, der für den Vertrieb zuständig ist. Im vergangenen Jahr wurden 180 neue Gebäude ans Netz angeschlossen, unter anderem in Löbtau-Süd.

Mit Fernwärme beheizt werden jetzt in Dresden rund 132.000 Wohnungen in 8.417 Häusern. Diese Strategie wird die Sachsen-Energie künftig noch forcieren. Laut dem entsprechenden Gesetz muss die kommunale Wärmeplanung spätestens 2026 fertig sein.

Dresdner Hausbesitzer wollen Klarheit

Das sei dringend nötig. Nach der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgelösten Debatte um das Heizen mithilfe Wärmepumpen hätten sich über 2.000 verunsicherte Dresdner Gebäudeeigentümer an die Sachsen-Energie gewandt, so Börner. Sie wollten wissen, ob sie noch ans Fernwärmenetz angeschlossen werden oder künftig in Wärmepumpen oder andere Energiequellen investieren müssen.

"Bis Ende dieses Jahres steht fest, wer in Dresden noch Fernwärme bekommen kann", versichert Bereichsleiter Kretschmer. Auf einer Karte hat die Sachsen-Energie die Gebiete mit möglichem Anschluss ausgewiesen – die vorhandenen, elf neu geplante und weitere, deren Anschluss derzeit geprüft wird. Die Fernwärmekarte ist im Internet unter www.drewag.de, Stichwort Fernwärme, abrufbar.

Am Kraftwerk Nossener Brücke wird der Bau des Fernwärmetunnels bereits vorbereitet.Für ihn investiert die Sachsen-Energie rund 25 Millionen Euro.
Am Kraftwerk Nossener Brücke wird der Bau des Fernwärmetunnels bereits vorbereitet.Für ihn investiert die Sachsen-Energie rund 25 Millionen Euro. © Sachsen-Energie/Oliver Killig

Als Beispiele für die elf neuen Fernwärmegebiete führt Technik-Abteilungsleiterin Graube-Kühne drei Gebiete an. In Cotta soll das Gebiet zwischen dem Gymnasium in Altcotta und der Coventrystraße ab diesem Jahr mit neuen Leitungen angeschlossen werden und in Löbtau-Süd zwischen Annenfriedhof und Saalhausener Straße ab 2025. Geplant ist zudem, dass das Gebiet in Trachenberge zwischen Großenhainer und Radeburger Straße ans Fernwärmenetz kommt.

Die Sachsen-Energie hat jetzt intern eine Fernwärme-Initiative gegründet, um bis 2035 mit vielen zusätzlichen Fachkräften das Netz auszubauen und mit grüner Wärme zu dekarbonisieren, erklärt Kretschmer. Wurden bisher bis zu 150 Gebäude jährlich ans Netz angeschlossen, so sollen es künftig bis zu 300 werden.

Auch die jährlichen Investitionen für den Ausbau werden deutlich erhöht. Wurden 2023 noch 26 Millionen Euro dafür investiert, so sind es in diesem Jahr bereits 34 Millionen Euro.

Elberadweg muss wieder umverlegt werden

Fortgesetzt wird dieses Jahr die Verlegung einer neuen, größeren Fernwärmeleitung am Königsufer zwischen Augustus- und Marienbrücke. "Wir beginnen, sobald das Hoch- und das Grundwasser wieder gesunken sind", erklärt Abteilungsleiter Dorn. Dabei muss der Elberadweg wieder umverlegt werden.

Als weitere Baustelle kündigt seine Kollegin Graube-Kühne die Stauffenbergallee an, wo im Zuge der Fahrbahnsanierung zwischen Rudolf-Leonhard-Straße und Zufahrt zum Hauptzollamt eine größere Leitung verlegt werden soll. Sie wird dann später noch bis zum Hammerweg fortgeführt. Dort ist ein Heizwerk geplant, in dem nicht recycelbare Stoffe, wie zum Beispiel Holz oder Windeln, verbrannt und damit Strom und Heißwasser fürs Fernwärmenetz erzeugt werden. Geplant sind auch weitere Vorhaben.