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Kein gutes Gefühl bei diesem „Tatort“ aus Zürich

Der Fall "Blinder Fleck" nimmt beängstigend vorweg, was alsbald Wirklichkeit sein dürfte: Der Himmel gehört zukünftig den Drohnen.

Von Bernd Klempnow
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Betreibt Nachforschungen in einem Rüstungsbetrieb, der Drohnen jeder Art produziert und entwickelt: Kommissarin Tessa Ott (Carol Schuler).
Betreibt Nachforschungen in einem Rüstungsbetrieb, der Drohnen jeder Art produziert und entwickelt: Kommissarin Tessa Ott (Carol Schuler). © ARD

Wieder einmal brach der „Tatort“ aus Zürich mit „Blinder Fleck“ aus dem gängigen Sonntagskrimi-Schema aus. Weil er sich mit einem Thema beschäftigt, was hierzulande kaum einer auf dem Schirm haben dürfte: die Nachwirkungen der Kriege der letzten Jahrzehnte in Europa. Denn Frieden finden die Beteiligten und die Betroffenen von Kriegsverbrechen – wie in dem Fall im ehemaligen Jugoslawien der 1990er-Jahre – nie. Man bekam beim Auflösen des gut gebauten und lange rätselhaft bleibenden Dreifachmordes eine Ahnung, was möglicherweise einmal zwischen Ukrainern und Russen passieren könnte. Mehr als der eigentliche Krimi aber waren es zwei Aspekte, die diesen Film so eindrücklich machten. Denn „Blinder Fleck“ ging ans Herz und ließ den Puls steigen.

Für Emotionen sorgte die Darstellerin des den Mordanschlag überlebenden Mädchens Ella. In Maura Landerts ausdrucksstarkem Gesicht spielten sich jene Dramen ab, über die Ella nicht sprechen konnte und lange Zeit stumm blieb. Mauras unglaublich große, intensive Augen waren magisch. Kein Wunder, wenn in der sonst so kühlen Kommissarin Isabelle Grandjean offenbar aufgestaute Muttergefühle aufbrachen und sie sogar die Ermittlungen vernachlässigte. Für den erhöhten Puls wiederum sorgten Drohnen. Jene, die es schon gibt, die effektiv und vielseitig als Überwachungsgeräte und mehr dienen können. Und jene, die offenbar gerade oder bald entwickelt werden könnten.

Wie der technikverliebte Firmenchef Ken Rumpf mit breitem US-Akzent seine drohnengestützten Drohnensysteme grinsend vorführte, war schon beängstigend. Weil er damit ankündigte, was alsbald unser Leben beeinflussen dürfte: die Gefahr der totalen Überwachung und Einflussnahme – im Positiven wie Negativen. Zumal am Filmende demonstriert wurde, wie leicht jede Drohne auch zur realen Waffe umgebaut werden kann.

Verstärkt wurde dieses Gefühl der Ohnmacht beim Zuschauer, weil die Kamera öfter aus der Perspektive einer Drohne filmt. Leise surrend und mit einer Zielscheibe im Visier steuert sie durch Zürich und Umgebung die Akteure an. Der Gruseleffekt funktionierte. „Ich hatte vor einer Drohne mehr Angst als vor einem Menschen“, bilanzierte Kommissarin Tessa Ott.