Für alle Dresden-Kenner, die gerätselt haben, wo sie wohl stehen könnte, diese spektakuläre Villa, die einem in diesem Psycho-Krimi das Gruseln gelehrt hat: Gedreht wurden diese Szenen gar nicht in Dresden, sondern in Markkleeberg bei Leipzig. "Etwas Schummeln gehört dazu", hatte Martin Brambach alias Kommissar Schnabel im SZ-Interview verraten.
Beim "Tatort" aus Dresden spielte Dresden keine Rolle
Dresden spielte in diesem Dresden-Tatort ohnehin keine Rolle – und das war ganz gut so. Das Ermittlertrio in seiner mal herzlichen, mal spannungsgeladenen Dreiecksbeziehung, hat sich längst vom Lokalkolorit emanzipiert. Und gleichzeitig als eines der besten Tatort-Teams profiliert. Auch dieser Fall war wieder ein komplexer Thriller, fesselnd, großartig besetzt, stark inszeniert, thematisch relevant und unter die Haut gehend.
Was für ein Drahtseilakt, bei einem solch erschütternden Thema nicht auf skurrile Szenen zu verzichten wie das Geburtstagsständchen am Einsatzort und das Damenkränzchen mit selbst gebackenem Kuchen und alkoholfreiem Sekt. Und dann diese wie so oft spektakulären Drehorte. Nicht nur das "Kalte Haus", das fürchterliche Geheimnisse birgt, auch der Stollen, in dem keine menschliche Leiche liegt, sondern ein toter Hund.
Viel Blut, aber keine Leiche. Eine Vermisste, die weder ermordet noch entführt wurde, sondern einen perfiden Plan ausgeheckt hat, um ihrem Gatten zu entkommen. Ein einflussreicher Geschäftsmann, der nicht nur cholerisch, sondern auch gewalttätig ist: all das fügt sich zu einem Fall, der an den Nerven zehrt.
Kommissarin Gorniak wird getriggert
Die Stärke des Films liegt darin, dass das Thema häusliche Gewalt nicht plakativ und eindimensional dargestellt wird, sondern in seiner Vielschichtigkeit und Abgründigkeit. Kommt in den besten Familien vor. Dieser Simon Fischer, stark gespielt von Christian Bayer, ist nicht nur ein fieses Arschloch, sondern eine gespaltene Persönlichkeit, die trotzdem nicht zum Opfer taugt. Wie sich die toxische Beziehung dem Zuschauer erst allmählich offenbart, wie die vielen Finten auf falsche Fährten führen und schließlich in einem spektakulären Showdown enden, das war schon stark gemacht.
Anscheinend geht es aber im Tatort nicht mehr, ohne dass mindestens eine Ermittlerin vom Fall persönlich betroffen ist. Kommissarin Gorniak wird von den Vorkommnissen getriggert, weil sie als Kind Gewalt in der Familie erfuhr. Welch Zufall. Aber hätte es das unbedingt gebraucht?