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Apfelwickler verderben die Apfelernte in Sachsen

Brigitte Koch aus Chemnitz ärgert sich über wurmstichige Früchte – ein verbreitetes Problem in Sachsen. Was gegen den Befall hilft.

Von Susanne Plecher
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Eine Apfelwickler-Raupe frisst sich durch das Apfelgehäuse.
Eine Apfelwickler-Raupe frisst sich durch das Apfelgehäuse. © dpa

Von außen knackig-appetitlich, innen bräunlich-matschig. „So sieht fast jeder Apfel aus, den ich aufschneide“, sagt Brigitte Koch enttäuscht. „Sie sind wurmstichig, das stört mich.“ Dabei hatte sich die Chemnitzerin auf eine reiche Ernte gefreut.

Im Frühjahr hatte ihr alter Apfelbaum, ein Schöner aus Boskoop, nach einigen mäßigen Jahren endlich wieder üppig geblüht. „Die Äpfel schmecken herrlich, leicht säuerlich, frisch, fruchtig. Am besten sind sie nach Weihnachten“, sagt sie. Um im Herbst viele davon ernten zu können, hatte die 81-Jährige im Sommer etliche Gießkannen voll Wasser zum Baum geschleppt und ihn so durch die trockensten Tage gerettet.

Nun, da die Ernte unmittelbar bevorsteht, muss sie feststellen, dass sie damit eher dem Apfelwickler als sich selbst etwas Gutes getan hat. Denn zuständig für die Schadstellen an ihren Äpfeln sind die Maden des kleinen Schmetterlings.

Von außen sieht der Boskoop von Brigitte Koch aus Chemnitz zum Anbeißen aus. Doch viele Äpfel sind von Maden befallen.
Von außen sieht der Boskoop von Brigitte Koch aus Chemnitz zum Anbeißen aus. Doch viele Äpfel sind von Maden befallen. © Toni Söll

Woran erkennt man den Apfelwickler?

Der Apfelwickler ist neben dem Frostspanner, der Gespinstmotte, der Mehligen Apfelblattlaus, dem Apfelblütenstecher und der Apfelsägewespe nur ein Insekt, das es auf Baum oder Früchte abgesehen hat. Gelbgrau sehen die Falter aus. An den Vorderflügeln haben sie kupferfarbene Bänder, wie die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft informiert.

Etwa zehn Tage bis einen Monat nach der Blüte im Mai und Juni umschwirren sie die Bäume in der Dämmerung und vermehren sich. Die Weibchen legen auf den noch kleinen Früchten ihre Eier ab. Nach etwa einer Woche schlüpfen aus ihnen winzige Maden, die so lange auf der Frucht umherkriechen, bis sie eine geeignete Stelle gefunden haben, in der sie sich in den Apfel bohren. Danach fressen sie sich zum Gehäuse durch.

Die befallenen Früchte fallen ab, und die Raupen verpuppen sich – gern in der Baumrinde oder in Zaunritzen. „In den Gärten ist der Schädlingsbefall in diesem Jahr recht hoch“, bestätigt Udo Jentzsch vom Obstbauverband Sachsen. Das liege am feuchten Frühjahr. „Das war für die Wickler ideal“, sagt er.

Wie gehen die Profis gegen den Schädling vor?

Professionelle Obstbauern intervenieren genau dann mit Pflanzenschutzmitteln, wenn die Maden sich noch auf den Früchten befinden. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie empfiehlt auch für den privaten Gebrauch die biologischen Insektizide Madex 3 oder Granupom, die gespritzt werden.

Beide enthalten ein hochspezifisches Virus, das nur die Apfelwickler befällt, den Darm der Maden schädigt und sie sterben lässt. Beide Mittel gibt es im Gartenfachmarkt. Sie sind ungiftig, schonen Nützlinge und wirken sofort.

Doch private Apfelbaumbesitzer bekommen diese ersten Anzeichen eines Befalls oft gar nicht mit. Das ist besonders fatal, weil sich aus den Maden der ersten Generation die Elterntiere der zweiten entwickeln. Und genau die frisst sich gerade durch die Boskoop-Äpfel von Brigitte Koch.

Kann man die befallenen Äpfel noch verwerten?

Das Problem sind einerseits die Fraßgänge, die mit dem kaffeepulverähnlichen Kot der Raupen gefüllt sind. Die kann man ausschneiden und den Apfel weiterverarbeiten, zum Beispiel zu Mus oder Saft. Schlimmer wird es, wenn Pilzsporen, etwa die der Monilia Fruchtfäule, die winzigen Verletzungen als Eintrittspforte in die Frucht nutzen. Dann wird der Apfel von innen braun und beginnt zu faulen.

Innen ist der Apfel braun und ein vom Gehäuse aus matschig.
Innen ist der Apfel braun und ein vom Gehäuse aus matschig. © Toni Söll

Kann man gegen den aktuellen Befall vorgehen?

Was hilft? „Den einmal befallenen Äpfeln hilft nichts mehr“, sagt Gartenberaterin Katrin Keiner aus Dresden. Aber sie rät, jetzt aktiv zu werden, um die Äpfel des kommenden Jahres zu retten. „Bis Ende Oktober kann man noch Fangstreifen aus Wellpappe an den Baumstämmen anlegen“, sagt sie. Raupen nutzen sie gern als Winterversteck. „Man liest sie ab und vernichtet sie.“ Diese Streifen sollten etwa zehn Zentimeter breit und unten offen sein und werden in einer Stammhöhe von etwa einem halben Meter angebracht.

Haben Sie Fragen zum Saisonabschluss im Garten?

Welche Arbeiten stehen jetzt im Garten noch an? Müssen Beete umgegraben werden oder reicht ein leichtes Grubbern? Ist es ratsam, Stauden komplett zurückzuschneiden, oder ist es für die Pflanzen besser, wenn sie erst im Frühling ausgesäubert werden? Wo muss Laub entsorgt werden – und an welchen Stellen darf es liegenbleiben?

Diese und andere Fragen zum Saisonende im Garten beantworten Ihnen am Donnerstag, dem 13. Oktober, zwischen 14 und 16 Uhr:

Haben Sie Fragen zum Saisonabschluss im Garten?

Katrin Keiner, Gartenberaterin und Gartendoktorin, Dresden,

0351 48642805

Haben Sie Fragen zum Saisonabschluss im Garten?

Wolfgang Friebel, ehemaliger Gartenmeister im Schlosspark Pillnitz und langjähriger SZ-Kolumnist, Pillnitz,

0351 48642806

Haben Sie Fragen zum Saisonabschluss im Garten?

Oder schicken Sie uns bis Donnerstag, den 13. Oktober, 13 Uhr, eine E-Mail:

[email protected]

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Was kann man außerdem vorbeugend machen?

Raupen, die sich bereits in der Baumrinde verkrochen haben, bekommt man los, indem man den Baum mit einer Drahtbürste abkratzt und die lose Rinde verbrennt. Sind die Bäume älter und ihre Stämme rissig – wie der Boskoop in Brigitte Kochs Garten – ist ein Kalkanstrich ratsam.

„Dadurch heizt die Wintersonne den Stamm nicht so stark auf, und er reißt nicht weiter“, sagt Katrin Keiner. Außerdem verschließe Kalk die Risse, halte Maden und Krankheitserreger ab und den Stamm gesund. „Man kann sich den Kalkanstrich selber aus Wasser, Branntkalk und ein bisschen Latex Bindemittel mischen, aber den Anstrich gibt es auch fertig zu kaufen“, sagt Katrin Keiner. Möglich wäre auch, Kräutersude aus Rainfarn oder Ackerschachtelhalm beizumischen. Sie stärken die Bäume zusätzlich.

Warum müssen alle befallenen Früchte entsorgt werden?

Ganz wichtig sei es, alle befallenen Früchte zu entfernen, auch die Fruchtmumien im Baum. Denn darin halten sich Pilzsporen, und auch Schädlinge können darin überwintern. „Ablesen, aufsammeln, entsorgen“, rät Katrin Keiner. Ein Baumschnitt sorgt für mehr Luft in der Krone und erschwert Pilzen das Besiedeln. Auch Mulchen erhält die Gesundheit des Baumes, versorgt ihn mit Nährstoffen und aktiviert die Bodenorganismen.

Welche Apfelsorten sind weniger anfällig?

Manche Apfelsorten heilen sich aber auch selbst, wie Grit Striese vom Pomologenverein Sachsen festgestellt hat. „Das sind vor allem die alten Sorten wie Gelber Bellefleur, Roter Eiserapfel oder der Große Rheinische Bohnapfel.“

An ihren Früchten hat sie über viele Jahre beobachtet, dass sich Schad- oder Druckstellen mit einer Art Trennschicht abkapseln – und die Frucht ringsum weiter reift. „Wer einen neuen Apfelbaum setzen möchte, könnte das in Betracht ziehen“, sagt sie.

Für Brigitte Koch ist das keine Option. Sie liebt ihren Boskoop. „Das ist so ein herrlicher Baum, mindestens 70 Jahre alt und trägt immer noch.“ Wenn nur der lästige Wickler nicht wäre.