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Endlich wieder Haare schneiden

Mandy Krausen und ihr Team von der Görlitzer „Glückssträhne“ dürfen ab 1. März wieder arbeiten. Die Chefin überbrückte die Zeit in einem Impfteam.

Von Gabriela Lachnit
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Friseurmeisterin Mandy Krausen freut sich, dass Friseursalons ab 1. März wieder öffnen dürfen.
Friseurmeisterin Mandy Krausen freut sich, dass Friseursalons ab 1. März wieder öffnen dürfen. © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Am 1. März tauscht Mandy Krausen den Kugelschreiber gegen Kamm und Schere ein: Die Görlitzer Friseurmeisterin arbeitet dann wieder in ihrem Beruf. Seit Januar war die Chefin des Görlitzer Salons "Glückssträhne" bei den Maltesern tätig und in einem mobilen Impfteam für die Dokumentation zuständig. Ende Februar hört sie bei den Maltesern wieder auf. "Ich bin unendlich dankbar für diese Art der Erfahrung in einem guten Team und die Möglichkeit, Geld für meine Familie zu verdienen", sagt sie. Und: "Manchmal muss man Sachen einfach tun."

Friseur und Fußpflege am Start, Kosmetik nicht

Das Licht am Ende des Tunnels leuchtet aber nicht nur für Friseurmeisterin Mandy Krausen und ihr Team. Am 1. März können nach der Corona-Schutzverordnung alle Friseure die Türen ihrer Salons wieder aufschließen. Seit dem 16. Dezember waren Friseurgeschäfte im Lockdown geschlossen. Nun geht es bald wieder los.

„Für meine sieben Mitarbeiterinnen und mich ist das eine große Freude“, sagt Mandy Krausen. Die Kosmetikerin darf zwar noch nicht arbeiten, aber die Friseurinnen und die Fußpflegerin sind wieder am Start. Die Friseurmeisterin rechnet damit, dass in den kommenden Wochen die regulären Öffnungszeiten mit Kundenterminen prall gefüllt sind. Schon vor einem Jahr war das nach der Schließzeit so.

Nicht nach acht Wochen, sondern nach einem Jahr pleite

Doch wer glaubt, dass in den Friseursalons die Verluste schnell ausgeglichen werden, der irrt. Mandy Krausen erklärt: Sind die Haare erst einmal ab, reicht das meist für eine gewisse Zeit, bevor der nächste Schnitt fällig wird. Die Corona-Vorschriften sorgten seit dem Vorjahr dafür, dass für jeden Kunden mehr Zeit gebraucht wurde. Wegen der Abstandsregeln durften nicht so viele Kunden gleichzeitig da sein wie sonst. Anfangs gab es einen Haarschnitt nur nach einer Haarwäsche. Trockenschnitt gab es nicht. Die Aufwendungen wurden größer: mehr Strom- und Wasserverbrauch, vier bis sechs Waschmaschinen mit Handtüchern und Frisierumhängen täglich anstatt zwei, mehr Seife, mehr Geld für Masken, Desinfektionsmittel und Handschuhe. Sehr lobend spricht Mandy Krausen über die Unterstützung, die sie von ihrer Berufsgenossenschaft erfuhr, von der Friseurinnung dagegen kam nicht viel, sagt sie.

Bei der sonst gewohnten Höhe des Umsatzes hatte Mandy Krausen keine Glückssträhne. Auf einen mittleren vierstelligen Betrag beziffert sie die Umsatzeinbußen - jeden Monat seit der Wiedereröffnung im Vorjahr. "Wir waren nicht jetzt nach acht Wochen Stillstand pleite, sondern nach einem Jahr mit zwei Schließungen und Umsatzrückgang, den wir nicht selbst verschuldeten. Die Rücklagen waren nun aufgebraucht."

Im Januar dieses Jahres dann der schockierende Blick auf das Firmenkonto: Es war leer. "Da flattert zum Beispiel eine Telefonrechnung über 66,44 Euro rein und selbst für die ist kein Geld da", erklärt Frau Krausen ihre Besorgnis. Doch Aufgeben ist für die 37-Jährige keine Option. "Ich trage Verantwortung für meine Mitarbeiter. Was wir uns in mehr als zehn Jahren aufgebaut haben, wollen wir nicht aufgeben", sagt sie. Schließlich seien da noch die Kunden, die darauf warten, wieder zu ihrem Friseur zu gehen.

Spendensumme wird versteuert

Deswegen sah sich Mandy Krausen keinen anderen Rat, als die Kunden um Hilfe zu bitten. "Ja, ich war soweit, zu betteln", sagt sie. Über Facebook startete sie einen Spendenaufruf über Paypal Moneypool. Das hatte sie schon einmal mitorganisiert, als die Ranch am See Hilfe brauchte. Der Spendenaufruf fiel nicht auf taube Ohren. Ein mittlerer vierstelliger Betrag kam zusammen. "Ich kriege noch immer Gänsehaut, wenn ich sehe, wie groß die Unterstützung für uns ist", erklärt sie. Zwischen fünf und 150 Euro gaben die Spender. Viele hinterließen auch ein paar aufmunternde Zeilen. Über diese Hilfe freut sich Mandy Krausen sehr, obwohl sie die Summe versteuern muss.

Dass die Unterstützung für die "Glückssträhne" trotz teilweise sehr heftiger Kritik und bewegter Diskussion in sozialen Medien dennoch so groß ausfällt, haben sich die Friseurinnen sicher ein wenig selbst zuzuschreiben - denn sie sind in den vergangenen Jahren immer wieder hilfsbereit und sozial engagiert gewesen. So kochten sie mit bei "17 Tage - 17 Essen" auf dem Görlitzer Weihnachtsmarkt und unterstützten Kinder-Schminkaktionen, darunter beim Theater und im Görlitzer Tierpark. Umso mehr freut sich Mandy Krausen, dass jetzt ihr und ihrem Team in der Not geholfen wurde.

Eine Woche vor dem Start gibt es Termine per Telefon

Ab der kommenden Woche wird das Telefon täglich zwischen 12 und 14 Uhr besetzt sein. Dann gibt es neue Friseurtermine ab dem 1. März. "Wir hatten ja schon mit dem 15. Februar als Öffnungstermin gerechnet", berichtet Frau Krausen, "aber die dafür vergebenen Termine haben wir absagen müssen und neue vereinbart."

In den meisten Friseursalons läuten die Telefone in diesen Tagen nahezu ununterbrochen. Die Kunden wollen einen Termin zum Haare schneiden. In den Görlitzer Salons "Ihr Haarschneider" und "Ihr Haarschneider2" von Kirstin Heinzke und Carolin Schneider gibt es eine Woche vor der Wiederöffnung per Telefon die begehrten Termine. Viola Bittner in Niesky hält das ebenso. Friseurmeisterin Simone Tempel in Markersdorf ruft schon mal ihre Kunden an und vergibt Termine oder sie schaut bei den Nachbarn mit dem Terminkalender vorbei - so ist das eben auf dem Dorf. Bei allen sind die Terminbücher für die März- und Aprilwochen schnell gefüllt. Denn die Kunden warten sehnlichst darauf, endlich einen Haarschnitt oder neue Farbe zu bekommen.

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