SZ + Görlitz
Merken

Volltreffer: Jutzi-Nachfolger in Görlitz starten erfolgreich mit Imbiss und Catering

Aus der Fleischerei Jutzi im Stadtteil Rauschwalde ist jetzt die „Görlitzer Schlemmerei“ geworden. Vieles haben die neuen Inhaber übernommen, aber zwei Dinge sind ganz neu.

Von Ingo Kramer
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Frank Lachmann (links) und Alexander Polentz betreiben die neu eröffnete „Görlitzer Schlemmerei“ in der Reichenbacher Straße 75.
Frank Lachmann (links) und Alexander Polentz betreiben die neu eröffnete „Görlitzer Schlemmerei“ in der Reichenbacher Straße 75. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

Es war ein echter Schnellstart: Am 27. September hatten Petra und Frank Jutzi nach rund 30 Jahren ihre Fleischerei mitsamt Menü- und Partyservice in der Reichenbacher Straße 75 in Görlitz-Rauschwalde letztmals geöffnet, einen Tag später übergaben sie die Schlüssel an die Nachfolger Frank Lachmann und Alexander Polentz. Die beiden boten schon eine Woche später, am 4. Oktober, die ersten eigenen Speisen an, am 9. Oktober folgte die Laden-Wiedereröffnung.

Von außen sieht die neu eröffnete „Görlitzer Schlemmerei“ ganz anders aus als die früher dort ansässige Fleischerei Jutzi.
Von außen sieht die neu eröffnete „Görlitzer Schlemmerei“ ganz anders aus als die früher dort ansässige Fleischerei Jutzi. © Paul Glaser/glaserfotografie.de

„Wir haben neu gestrichen, zwei zusätzliche Tische aufgestellt – und dann ging es auch schon weiter“, sagt Polentz. Das habe vor allem damit zu tun gehabt, dass die Fleischerei Jutzi so viele Stammkunden hatte. Die sollten nicht länger als eine Woche auf das Angebot verzichten müssen. Die beiden Neuen führen alles weiter, was es bei Jutzis gab: den Verkauf von Fleisch- und Wurstwaren, Imbiss, Menüservice und Partyservice. „Jutzis haben die Waren zum Teil selbst hergestellt, zum Teil zugekauft“, sagt Lachmann. Er und Polentz sind keine Fleischer, kaufen deshalb Fleisch und Wurst vollständig zu – bei der gleichen regionalen Großfleischerei, bei der auch Jutzis eingekauft haben. Es ist eine Fleischerei aus dem Landkreis Görlitz. Den Namen wollen sie nicht öffentlich nennen.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Obwohl Lachmann und Polentz alle Standbeine, das Mobiliar und sogar die Telefonnummer von den Vorgängern übernommen haben, sind zwei Dinge ganz neu: der Name und die Rezepte. „Herr Jutzi hat seine Rezepte mitgenommen und wir kochen nach unseren Rezepten“, sagt Polentz. Beim Namen sei es genauso. Das sei aber alles ganz einvernehmlich gelaufen. Die beiden Neuen verlieren kein negatives Wort über die Vorgänger, die Übergabe sei sehr angenehm gewesen: „Wir haben keine Steine in den Weg gelegt bekommen.“

Der Hauptunterschied bei der Küche: „Wir verzichten auf Fertigprodukte und Zusatzstoffe, setzen mehr auf frische Produkte“, so Polentz. Das Essen komme nicht aus dem Frost. Die Kunden wüssten das zu schätzen – obwohl die Preise aufgrund der frischen Produkte angehoben werden mussten. Täglich gibt es zwei Mittagsgerichte, darunter an etwa drei Tagen pro Woche auch ein vegetarisches. Die Preise sind gestiegen auf zwischen knapp fünf und knapp sieben Euro pro Portion.

Idee für den Namen kam im Schlaf

Die Idee für den Namen „Görlitzer Schlemmerei“ hatte Polentz im Schlaf: „Ich bin aufgewacht und da war der Name da.“ Eine Überprüfung im Internet ergab: Schlemmereien gibt es auch anderswo, aber der Name „Görlitzer Schlemmerei“ ist nicht geschützt. Also nahmen sie ihn.

Lachmann und Polentz sind Görlitzer und kennen sich schon lange. Lachmann flüchtete 1989 als 18-Jähriger über die grüne Grenze nach Polen und wurde von dort in die BRD ausgeflogen. Er ging nach Bielefeld, machte eine Ausbildung zum Hotelfachmann und studierte danach Betriebswirtschaft – in der Fachrichtung Hotel und Gaststätten. Der Liebe wegen kehrte er 2008 nach Görlitz zurück. Von 2009 bis 2014 betrieb er die Vierradenmühle, ein Jahr davon parallel auch das „Lolos“ in der Theaterpassage. Von 2015 bis 2022 war der heute 52-Jährige als freier Mitarbeiter für den Pavillon Neugersdorf tätig – als Eventmanager. Er lebte aber weiter in Görlitz.

Bis 2014 Chefkoch in der Vierradenmühle

Der 45-jährige Polentz hingegen ist gelernter Koch, arbeitete bis 2010 im Acanthus und danach in Lachmanns Vierradenmühle. Dort war er bis 2014 Chefkoch. Nach einem Hochwasser strichen Lachmann und Polentz die Segel. Ihre beruflichen Wege trennten sich, aber privat blieben sie in Kontakt. Polentz machte alles Mögliche, arbeitete drei Jahre bei einem Sicherheitsdienst, ging dann zu Edeka auf die Dresdener Straße, zunächst in die Gemüseabteilung, aber bald schon in die Fleischerei: „Das war für mich als Koch eine sehr gute Erfahrung.“ Er produzierte vieles selbst: Konserven, eingekochtes Essen und vieles mehr – insgesamt über 30 Produkte. Das sei gut angekommen: „Die Leute haben das wie wahnsinnig gekauft, gerade die Älteren.“ Irgendwann aber zog er weiter, arbeitete zuletzt als Koch für die Emmerichs-Kantine im Berufsschulzentrum.

Doch nach so vielen Jahren des Arbeitens für andere wollte Polentz irgendwann auch mal sein eigener Herr sein: „Das hatte ich schon lange vor.“ Die Gelegenheit ergab sich, als sein früherer Chef Lachmann in Neugersdorf aufhörte und ebenfalls eine neue Herausforderung suchte. „Im Dezember 2022 haben wir erfahren, dass Jutzis aufhören wollen“, sagt Lachmann. Das sei ein guter Zufall gewesen. Es sei in der heutigen Zeit viel besser, ein voll ausgestattetes Geschäft mitsamt Kundschaft zu übernehmen, als komplett bei null anzufangen. Beide suchten das Gespräch mit Jutzis – und wurden sich einig.

Einige Edeka-Kunden haben Polentz schon in der „Schlemmerei“ entdeckt: „Die freuen sich, dass sie mich jetzt wiedergefunden haben.“ So sei das ein guter Start: „Wir haben die Jutzi-Kunden übernommen und dazu neue Kunden mitgebracht.“ Obwohl Polentz' Bruder Andreas – ebenfalls ein gelernter Koch und früherer Vierradenmühle-Koch – als dritter Mann in der „Schlemmerei“ mitarbeitet, sei die Arbeit kaum zu schaffen: „Wir verkaufen pro Tag etwa 50 bis 100 Mittagessens-Portionen.“ Einen Teil davon kaufen die Kunden vor Ort, der andere Teil wird an Firmen, Behörden, Polizei und Feuerwehr geliefert. Um alles zu packen, braucht das Trio dringend Verstärkung in Form einer Fleischerei-Fachverkäuferin in Teilzeit, später vielleicht sogar in Vollzeit. Im Moment teilen sich die drei Männer in sämtliche Arbeit – selbst in die Auslieferung der Speisen.