Manuel Hannappel eröffnete mit Jaqueline Gebel im September 2020 den Schöpstaler „Gasthof Ziegelei“ neu, startete in die Selbstständigkeit. Das sei super gut angelaufen, erinnert sich der Unternehmer. Sieben Wochen volles Haus. Und dann war Schluss. Corona hatte den Landkreis fest im Griff, die Politik zog mit den Lockdowns die Reißleine. Und Manuel Hannappel, der die Gaststätte an der Fichtenhöhe gepachtet hatte, war schon etwas bange beim Blick in die Zukunft.
Doch der Görlitzer und sein mittlerweile neunköpfiges Team haben die schwierige Zeit hinter sich gelassen, blicken optimistisch nach vorn. Familienfeiern, Jugendweihe, Hochzeiten, runde Geburtstage: Die Ziegelei hat sich vom Geheimtipp zum beliebten Ausflugsziel gemausert. Neben dem großen Saal gibt es seit einer Weile ein Zelt mit Platz für bis zu etwa 60 Gäste.
Und die Kinder freuen sich über die Zebrafinken, Sittiche und andere exotische Vögel in der Voliere. Zusätzlich zur Minigolfanlage plant der Hausherr einen Spielplatz zu bauen. Der Optimismus überwiegt, wenngleich Manuel Hannappel bemerkt, dass die Leute aufgrund der allgemeinen Teuerung ihr Geld für Gaststättenbesuche mehr zusammenhalten.
Probleme der Branche: Fachkräfte, Inflation, Kundenverhalten
Was Manuel Hannappel beschreibt, gilt für die gesamte Gastrobranche. Nach der Corona-Pandemie war die Sorge groß, dass einige der Unternehmen irgendwann das Handtuch werfen. Doch es gibt gute Nachrichten: Im Görlitzer Umland haben die Gasthäuser die wirtschaftlich schwierige Zeit inklusive der Einschränkungen überwunden und blicken nach vorn.
Zwar registrierte die IHK Dresden vor allem im ländlichen ostsächsischen Raum die Schließung von Restaurants, Gasthäusern und vereinzelt auch Hotels. Doch rund um die Neißestadt sind Gaststätten auf dem Land von dieser Entwicklung weniger betroffen. Von 46 Schließungen im Kreisgebiet (ohne die Stadt Görlitz) im Jahr 2022 entfallen sechs auf das Umland. Die Zahlen nennt Frank Großmann von der Görlitzer Geschäftsstelle der IHK Dresden.
So machte beispielsweise das mexikanische Restaurant Thomashof in Borda zu, einem Reichenbacher Ortsteil. „Die Besonderheit im ländlichen Raum ist sicher die, dass ein größerer Teil der Gastronomiebetriebe hier noch echte Familienbetriebe sind, die dadurch viel abfedern können“, so die Einschätzung des IHK-Chefs. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung müsse da anders geführt werden. Dadurch sei die Zahl der Betriebsschließungen auch etwas geringer. Der Anteil dieser Betriebe werde aber definitiv abnehmen.
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Die Gastronomie steht nach Großmann zufolge vor Herausforderungen wie Preissteigerungen, Fachkräftesituation und das durch die Inflation veränderte Konsumverhalten. „Wie alle Unternehmen, ganz besonders in unserer Region, spielt die Demografie und mit ihr im Zusammenhang das Thema Unternehmensnachfolge eine große Rolle. Einen Nachfolger in der Familie zu finden, der die Gastronomie unter möglicherweise gleichen Bedingungen weiterführen kann, wird immer schwieriger“, sagt Frank Großmann.
Der IHK-Geschäftsstellenleiter sagt auch, dass die reine Gastronomie mit regionaler Stammkundschaft ohne touristische Anbindung oder spezielles Konzept eher schwierig werde. Das habe jedoch nicht zwingend mit dem ländlichen Raum zu tun.
Tettaer Familienbetrieb boomt
So oder so: Mit Kreativität, staatlichen Beihilfen – die teils wieder zurückgezahlt werden mussten – und jeder Menge Fleiß haben die Gastronomen auf dem Dorf das Beste aus der Situation gemacht.
Im winzigen Dorf Tetta, das es noch nicht zu einem Wikipedia-Eintrag schaffte, steht neben der Kirche die „Deutsche Eiche“. Die Gaststätte wird als Familienbetrieb geführt. „Alle helfen mit“, sagt Katrin Scholz. Der Ehepartner und die Oma sowieso, ihre Töchter, wenn Not am Mann ist, und aus dem Dorf ein Mitarbeiter auf Minijobbasis. „Wir haben jede Menge zu tun“, sagt die Unternehmerin.
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Auch während der Einschränkungen in der Pandemie und als Essen nur noch außer Haus angeboten werden konnte, hielten viele Gäste mit dem Auto bei ihnen an, wie Frau Scholz berichtet. „Es lief auch in dieser Zeit richtig gut“, erinnert sich die Unternehmerin. Bei Google sind die Rezensionen voll des Lobes. 129 Einträge für das Dorfgasthaus, fast alle mit der Höchstpunktzahl. Katrin Scholz vermutet, dass das „an der Hausmannskost liegt.“ Regionale Kartoffeln vom Bauern, das Fleisch aus Löbau, alles wird frisch zubereitet. Bei der „Deutsche Eiche“ jedenfalls boomt es.
Erste Gastwirte passen die Speisekarte an
Sauerbraten mit Kartoffelklößen und Rotkraut sowie Zunge sind bei Detlef Rich auch nach Corona weiterhin der Renner. Etwa 80 Prozent seiner Gäste sind Stammgäste, viele von ihnen Senioren. Die haben der Gaststätte die Treue gehalten. Von den Corona-Hilfen muss der Chef des Holtendorfer Gerichtskretschams einen Schwung wieder zurückzahlen. Damit habe er jedoch gerechnet, will darüber keinesfalls klagen. „Die Hilfen überbrückten eine schwere Zeit“, schätzt der Gastwirt im Nachhinein ein. Die allgemeine Teuerung dagegen macht ihm etwas Sorgen. Denn während Corona ging, bleibt die Teuerung. Rich hat deshalb seine Preise angepasst und die Speisekarte ein wenig verkleinert.