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Das Erfolgsgeheimnis von Friedersdorf bei Görlitz

Unternehmer, Vereine, Kirche, Initiativen – in Friedersdorf gehen alle zusammen einen Weg. Der führt sie nun auf die Bundesebene des Dorfwettbewerbs.

Von Constanze Junghanß
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Im Friedersdorfer Dorfladen bei Dörte Semmler und ihrem Mitarbeiter Heiko Elwing gibt es selbstgemachte Marmelade vom Seniorenverein.
Im Friedersdorfer Dorfladen bei Dörte Semmler und ihrem Mitarbeiter Heiko Elwing gibt es selbstgemachte Marmelade vom Seniorenverein. © Foto: Constanze Junghanß

Der erste Schneegriesel fällt und legt sich als dünne Schicht über das Plakat am Ortseingang. „Unser Dorf hat Zukunft“ steht darauf. Und „Herzlich willkommen“. Ortseingang Friedersdorf im Wintermodus. Kurz dahinter an der Straße Figuren aus Buchsbaum. Kleine Hingucker. In die Zukunft können die etwa 600 Einwohner tatsächlich optimistisch blicken. 10.000 Euro gibt es für ihren Ort. Die Siegerprämie im sächsischen Landeswettbewerb. Friedersdorf landete vor einer Woche unter 59 beteiligten Dörfern auf Platz 1 vor Rammenau und Marbach.

Kleine Hingucker neben der langgezogenen Dorfstraße: Anwohner haben Buchs zu Figuren verschnitten, zur Freude der Vorbeifahrenden.
Kleine Hingucker neben der langgezogenen Dorfstraße: Anwohner haben Buchs zu Figuren verschnitten, zur Freude der Vorbeifahrenden. © Foto: Constanze Junghanß

Der Optimismus rührt aber weniger von der Siegerprämie her. In Friedersdorf, da halten die Bewohner zusammen. Das ist viel mehr wert, als Geld. Gepunktet hat diese Gemeinschaft jedenfalls auch bei der Jury. Von einem „sehr engagierten und dynamischen Gemeinschaftsleben“ ist da in der Zusammenfassung die Rede.

Ortsvorsteher Wolfgang Hübner kann das tolle Ergebnis immer noch nicht so richtig fassen, wie er sagt. Es ist aber Gewissheit. Im vollen Gemeinschaftshaus stießen die Friedersdorfer am Mittwoch auf ihren Sieg an. Das Ergebnis hat sich gesetzt, die Freude ist riesig.

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Qualifiziert hatte sich der Heimatort von Wolfgang Hübner mit einem zweiten Platz auf Kreisebene. Damit ging es in die nächste Runde. Friedersdorf ist das sachsenweit beste „Zukunftsdorf“. Überzeugt hatte die Jury vor allem das engagierte Gemeinschaftsleben, der Zusammenhalt, das Miteinander. Für Wolfgang Hübner schon fast Selbstverständlichkeiten. Seit Jahren bereits gehen die Friedersdorfer vieles in ihrem Ort gemeinsam an: Das Generationenfoto damals auf dem Hausberg des Dorfes, das in vielen Friedersdorfer Räumen hängt und wiederholt wird. Dann mit den weiteren Kindern und Enkeln. Oder die Pflanzung von Obstbäumen für jedes im Ort geborene Baby, die Feste und Veranstaltungen im Dorfgemeinschaftshaus und mit der Feuerwehr, der vor einiger Zeit gegründete Kinderrat, der unter anderem den Dorfbach sauber machte.

Firmen und Einwohner bringen Geld selbst auf

Eines der jüngeren Projekte ist auch der Sportplatz. 50 Prozent Fördermittel gab es dafür, ein Vereinsheim entsteht, alles wird neu. Die 250.000 Euro Eigenmittel, die dafür benötigt wurden, bezuschusste nicht die Gemeinde Markersdorf, zu der Friedersdorf gehört. „Da gab es keinen Cent“, sagt Wolfgang Hübner. Sondern die Firmen im Ort und die Einwohner brachten als Spenden dieses Geld auf. Ein Platz von und für alle Friedersdorfer. Oder der schicke Holzpavillon mit der Bücherbox vor dem Gemeinschaftshaus: Ein Spendenprojekt eines Friedersdorfer Unternehmens, die Box bestückt mit Büchern von Einwohnern aus der Nachbarschaft.

Ein Pavillon mit Bücherbox vor dem Dorfladen – gebaut dank eines Friedersdorfer Unternehmens.
Ein Pavillon mit Bücherbox vor dem Dorfladen – gebaut dank eines Friedersdorfer Unternehmens. © Foto: Constanze Junghanß

Gegenüber des neuen Häuschens bedient Dörte Semmler die Kundschaft in ihrem Dorfladen. Frischer Kaffee wird aufgebrüht. Die Fassade des Dorfladens wurde kürzlich gestrichen. Auch das mit Unterstützung eines örtlichen Unternehmens. Ein weiteres Unternehmen spendete die Fenster für die Küche. Der Dorfladen als Begegnungsort, für den Austausch bei einem Stück Kuchen: Sein Erhalt ist den Friedersdorfern wichtig. Deshalb bringen sich da auch die Anwohner mit ein. Dörte Semmler hat selbstgemachte Marmelade des Seniorenvereins auf ihrem Tresen stehen. Aus Gartenfrüchten der Friedersdorfer. „So was gibt es wohl nirgendwo“, sagt ein Kunde, der vier Flaschen Bier fürs Wochenende holt.

Görlitzer zog vor 30 Jahren nach Friedersdorf

„Hier im Ort wird wirklich viel gemacht“, bestätigt Michael Grötzbach. Vor 30 Jahren zog er von Görlitz nach Friedersdorf. „Die Vereine, die Feuerwehr, die Kirche und der Ortschaftsrat bringen die Leute hier zusammen“, zählt Dörte Semmlers Kunde auf und lobt diese Form der Gemeinschaft. Selbstverständlich sei die Freude über das Abschneiden beim Wettbewerb groß, sagt er. Das bestätigen Dörte Semmler, ihr Mitarbeiter Heiko Elwing und Wolfgang Hübner. Was nun genau mit den 10.000 Euro Preisgeld passieren soll, darüber will die „Dorfwerkstatt“ zusammen mit den Einwohnern entscheiden.

Die „Dorfwerkstatt“ hatte sich für den Wettbewerb zusammengefunden, eine Gruppe von mittlerweile 25 Leuten, wie Wolfgang Hübner erzählt. Das Team wird weiter arbeiten, freut sich über jeden Einwohner, der Lust hat, die Zukunft mitzugestalten. Denn mit dem Sieg auf Landesebene ist der Wettbewerb nicht beendet. Friedersdorf qualifizierte sich mit seinem 1. Platz für die nächste Stufe: den Bundeswettbewerb.

Da gebe es noch viel zu tun, so Ortsvorsteher Hübner. Ausgelotet werden soll in nächster Zeit, was im Ort bis dahin verbessert werden könnte. Eines stünde auf jeden Fall fest, wie Hübner sagt. „Wir werden uns in die Nachbarorte hinein öffnen und diese mit einbeziehen.“ Gemeint sind damit die anderen Ortsteile der Großgemeinde Markersdorf. Da sei ein Daraufzugehen des Siegerdorfes auf die Nachbarkommunen fest geplant. Und wer weiß – vielleicht zieht so der enge Zusammenhalt der Friedersdorfer weitere Kreise im Umland und bindet andere Orte mit ein.