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Das sagen Görlitzer Promis zu den Kaufhaus-Plänen

Görlitz debattiert über die Gestaltung der Stadtmitte durch Winfried Stöcker. Jetzt schalten sich bekannte Persönlichkeiten in die Diskussion ein.

Von Ingo Kramer
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Die Villa Postplatz 6
ist halb hinter einem Baum versteckt. Winfried Stöcker will sie abreißen, um das Parkhaus zu vergrößern.
Die Villa Postplatz 6 ist halb hinter einem Baum versteckt. Winfried Stöcker will sie abreißen, um das Parkhaus zu vergrößern. © Nikolai Schmidt

Halb Görlitz diskutiert seit Wochen darüber, dass Kaufhaus-Investor Winfried Stöcker die beiden Villen Postplatz 5 und 6 abreißen will, um das Parkhaus City-Center zu vergrößern und eine bessere An- und Belieferung für das neue Einkaufszentrum aus Kaufhaus und City-Center zu schaffen. Doch die Villen stehen unter Denkmalschutz. Stöcker erklärt, wenn er nicht abreißen darf, lässt er das ganze Kaufhaus-Projekt sterben. Das ist Erpressung, sagen die Ex-Bewohner der Villa Postplatz 6. Doch was sagen andere dazu? Wir haben Prominente gefragt.

Klaus Arauner
Klaus Arauner © André Schulze

Klaus Arauner, Theaterintendant: Ich verstehe beide Seiten mit ihren Argumenten. Denkmale zu erhalten ist wichtig, aber das Warenhaus auch. Herr Stöcker findet nicht immer den richtigen Tonfall, aber er begibt sich ins Risiko, ist bereit, etwas zu tun, um das Zentrum zu beleben. Deshalb kann man es nicht einfach abtun. Zum Kaufhaus gehören auch freie Parkplätze für die Kunden, das ist richtig. Allerdings kann ich nicht beurteilen, ob der Abriss der Villen für das Thema Parken wirklich der einzige Weg ist oder ob es andere bauliche Lösungen gibt.

Andrea Behr
Andrea Behr © Nikolai Schmidt

Andrea Behr, Chefin Europastadt GmbH: Das Kaufhausprojekt muss kommen, es würde dem Innenstadthandel einen solchen Schub geben. Wir müssen den Investor – unter Einhaltung der Gesetze – bestmöglich unterstützen, sein Projekt umzusetzen. Zum Parken kenne ich keine Variante B. Wir müssen das maximal Mögliche möglich machen, nicht nur bei Herrn Stöcker, sondern generell bei Ansiedlungen. Der Handel macht gerade eine schwere Zeit durch. Mit einem solchen Highlight-Projekt wie dem Kaufhaus schaffen wir eine Zukunft für den ganzen Innenstadt-Handel.

Siegfried Deinege
Siegfried Deinege © nikolaischmidt.de

Siegfried Deinege, Görlitzer Ex-OB: Wenn man es sachlich für Görlitz sieht, ist das eine einmalige Chance, das Kaufhaus zu beleben. In Kombination mit dem City-Center braucht es eine zugehörige Logistik. Bei der Summe an den Denkmalen, die Görlitz besitzt, haben wir auch die Möglichkeit, Kompromisse zu finden, die in die heutige Zeit passen. Wenn ein Abriss wirklich nötig ist, muss man es tun. Aber man muss die architektonische Frage klären. Ein Neubau muss ins Ensemble passen. Aber das geht. Es gibt Beispiele dafür in Deutschland, wo es funktioniert.

Jens Wesenberg
Jens Wesenberg © Foto: Stadt Görlitz

Jens Wesenberg, Bürgerrat Innenstadt Ost: Im Bürgerrat haben wir noch nicht darüber gesprochen, aber ich persönlich finde die Villen erhaltenswert. Ich weiß nicht, ob der Parkplatzmangel so schlimm ist, wie immer behauptet wird. Das jetzige Parkhaus ist nicht schön, aber alte Häuser abreißen, um weiteren Parkraum zu schaffen, ist nicht zeitgemäß. Zudem sehe ich nicht, dass am Kaufhaus etwas passiert. Seit Jahren gibt es nur Ankündigungen und Bilder in Schaufenstern. Herr Stöcker stellt immer nur Forderungen und Bedingungen auf, ohne dass etwas passiert.

Katrin Bartsch
Katrin Bartsch © Archivfoto: pawel sosnowski/80studio.net

Katrin Bartsch, Chefin Tourismusverein: Ich sehe das, was Herr Stöcker vorschlägt, als alternativlos an – sowohl für die Stadtentwicklung als auch für die touristische Entwicklung. Wichtig ist in meinen Augen das Gesamtprojekt. Und da gehört die Parksituation auch dazu. Ich bin selbst oft auf Parkplatzsuche. Und ich fände es schön, wenn Plätze wie der Obermarkt vom Parkdruck entlastet werden könnten, um mehr Platz für die Außengastronomie zu gewinnen. Ich stehe voll hinter Stöckers Plänen und wünsche mir eine sachliche Beschäftigung mit den Fakten. Die sprechen eindeutig für sein Projekt.

Udo Timmers
Udo Timmers © Archivfoto: Pawel Sosnowski

Udo Timmers, früherer Karstadt-Chef: Wenn sich Herr Stöcker mit den Plänen durchsetzen sollte, fände ich das höchst bedenklich. Man kann ihm nicht alle Wünsche erfüllen. Was er sagt, scheint mir erpresserisch. Das jetzige Parkhaus ist ganz selten voll. Ich denke, Herr Stöcker sucht einen Grund, das Ganze nicht anzugehen, also einen eleganten Weg, aus der Sache rauszukommen. Sein Modehaus am Postplatz läuft ja auch nicht so, wie es sollte. Die beiden Villen gehören zum Stadtbild. In anderen Städten wurde viel abgerissen, jetzt sehen alle gleich aus. Den Fehler sollte man in Görlitz nicht machen.

Michael Schulz
Michael Schulz © Archivfoto: Pawel Sosnowski

Michael Schulz, Firma Immofant: Die zwei Villen müssen auf jeden Fall weichen. Wir müssen den Denkmalschutz transformieren, dürfen nicht immer nur an allem Alten festhalten. Die große Mehrheit der Denkmale in Görlitz muss erhalten bleiben, aber nicht alle. Ich habe selbst 60 Denkmalhäuser in Görlitz saniert und innen modern gestaltet. Wenn das Kaufhaus kommt, werden wir einen enormen Aufschwung im Handel in der Innenstadt erleben. Die Fassaden des neuen Parkhauses sollten aber an den Stil der Umgebung angepasst werden. Das Gebäude sollte nicht hypermodern aussehen.

Birgit Beltle
Birgit Beltle © Nikolai Schmidt

Birgit Beltle, Ideenfluss-Verein: Wenn das Kaufhaus weiter leer steht und das City-Center in seiner jetzigen Qualität bleibt, haben wir in der Innenstadt nichts gewonnen. Doch es könnte ein Weg gefunden werden, um die Villen architektonisch mit einzubinden. Ein Erhalt der Fassaden wäre das Mindeste, noch besser wäre aber ein Kulturstandort, der von der Straße aus öffentlich zugänglich ist. Es sollte etwas Besonderes sein und ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen, das für Herrn Stöcker und für die Stadt einen qualitativen Gewinn darstellt. Fassade und kulturvoller Inhalt sollten kooperieren.

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