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Wie die Polizei auf die Corona-Demos reagiert

Ob B 96 oder Görlitz - Versammlungen gegen Corona-Bestimmungen gibt's jede Woche. Die SZ sprach darüber mit Manfred Weißbach, Chef der Polizeidirektion Görlitz.

Von Matthias Klaus
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Polizeipräsident Manfred Weißbach, hier bei seiner Amtseinführung im Görlitzer Rathaus.
Polizeipräsident Manfred Weißbach, hier bei seiner Amtseinführung im Görlitzer Rathaus. © nikolaischmidt.de

Corona, die zugehörige Schutzverordnung und die Polizei - eine besondere Herausforderung für die Bediensteten. In der Nacht zu Freitag kontrollierten beispielsweise Polizisten die Einhaltung der Ausgangssperre in Görlitz. Innerhalb von vier Stunden trafen sie sieben Personen im Alter zwischen 22 und 37 Jahren einzeln oder paarweise in der Innenstadt, heißt es von der Polizeidirektion.

Alle hatten keine triftigen Gründe für ihren nächtlichen Aufenthalt in der Öffentlichkeit. Der 37-Jährige versteckte sich an der Reichertstraße hinter einer Hecke. Dort fanden die Beamten außerdem ein Tütchen, in dem sich wahrscheinlich Cannabis befand. Das ergab dann eine Anzeige im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Weiterhin erhielten alle Angetroffenen Anzeigen wegen des Verstoßes gegen die Corona-Schutz-Verordnung.

Ein ähnliches Bild im Oberland: Am Donnerstagabend kontrollierte die Polizei einen 35-Jährigen an der Sachsenstraße in Ebersbach, in den frühen Morgenstunden vier Personen im Alter zwischen 20 und 37 Jahren. Alle konnten keinen triftigen Grund für ihren nächtlichen Spaziergang nennen. Zudem verstießen die Letzteren gegen die Kontaktbeschränkungen. Es folgten entsprechende Anzeigen, so die Polizei.

3.379 Verstöße gegen die Corona-Maßnahmen sind von den Beamten der Polizeidirektion Görlitz seit Auftreten der Pandemie und der damit einhergehenden staatlichen Regularien festgestellt worden. Die Polizisten fertigten 2.755 Ordnungswidrigkeitenanzeigen an und leiteten 624 Strafverfahren ein. Wo sind die Corona-Skeptiker-Hotspots, wie geht die Polizei damit um? Die SZ sprach darüber mit Manfred Weißbach, Leiter der Polizeidirektion Görlitz.

Herr Weißbach, jede Woche versammeln sich die Corona-Skeptiker im Landkreis. Wo sehen Sie die Schwerpunkte?

Einer ist die B 96. An der versammeln sich Menschen vom Oberland bis nach Hoyerswerda. Da kamen in der Vergangenheit schon mal bis zu 1.000 Leute zusammen, zuletzt waren es 260. Neugersdorf ist einer der weiteren Schwerpunkte und Görlitz.

Gibt es aus polizeilicher Sicht Unterschiede zwischen den Versammlungen?

Ja. Die Versammlungen an der B 96 sind nicht angemeldet. Es wird für uns schwierig, einen Verantwortlichen herauszufiltern. Meistens läuft es auf eine Anzeige gegen Unbekannt hinaus. In Görlitz ist das anders, dort sind die Versammlungen angemeldet, es läuft aus unserer Sicht alles korrekt. Hier wird sich auf zwei Versammlungen konzentriert. Anders ist es in Neugersdorf. Es gibt unterschiedliche Zeiten, an denen die Versammlungen stattfinden, mal montags, mal dienstags, mal mittwochs und an unterschiedlichen Orten. Die Teilnehmer verabreden sich spontan über das Internet.

Wie hoch ist der personelle Aufwand für die Polizei, um eine der Versammlungen abzusichern?

Das ist unterschiedlich. Manchmal reichen zwei bis drei Beamte. Aber wir hatten auch schon Fälle, da wurden drei Einsatzzüge der Bereitschaftspolizei benötigt. Das sind dann 100 Bedienstete. Aber so oder so: Es ist noch keine Versammlung aus dem Ruder gelaufen.

Fehlen die Kollegen dann nicht anderswo? Oder anders: Gehen die Corona-Versammlungen zu Lasten der allgemeinen Sicherheit?

Der Aufwand ist manchmal nicht unerheblich, das stimmt. Aber wegen des Lockdowns ist zum Beispiel die Zahl anderer Straftaten zurückgegangen. Auch deshalb können wir die Versammlungen absichern, ohne andere Bereiche zu vernachlässigen.

Die Versammlungen gibt es nun schon sehr lange. Hat sich der Kontakt der Polizei zu den Teilnehmern im Laufe der Zeit verändert?

Während der ersten Welle im Frühjahr vergangenen Jahres haben wir vor allem mit den Leuten geredet, sie gebeten, doch bitte einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, den Mindestabstand einzuhalten. Mit der zweiten Welle arbeiten wir verstärkt mit Bußgeldern. Die Zahl ist erheblich gestiegen, auch um die Ernsthaftigkeit der Pandemie zu verdeutlichen.

Wie reagieren denn die Versammlungsteilnehmer auf die Polizeipräsenz?

Es gibt wenig Anfeindungen, wenn dann nur verbal. Wir werden als Polizei schon mal angepöbelt, ob wir nichts Besseres zu tun hätten, als die Maskenpflicht zu kontrollieren. Aber körperliche Auseinandersetzungen gab es noch nicht.

Die Leute sind mit fortdauerndem Lockdown nicht gereizter geworden?

Nein, das haben wir so nicht festgestellt.

Die Beamten laufen bei ihren Einsätzen ja selbst Gefahr, sich mit Corona zu infizieren.

Ja, das ist richtig. Aber wir sind bisher gut durch die Pandemie gekommen. Wir haben von Beginn an in der Polizeidirektion restriktive Hygienevorschriften. Derzeit sind neun Kollegen an Corona erkrankt, von insgesamt 1.500.

Wie gehen die Kolleginnen und Kollegen mit den Versammlungen um, wie erleben sie diese?

Wir werden ja häufig mit Versammlungen aller Art und mit Demonstrationen konfrontiert. Wir setzen Recht und Gesetz durch. Uns liegt daran, mit den Menschen im Gespräch zu bleiben. Dimensionen wie bei Corona-Versammlungen in Großstädten werden wir hier nicht haben. Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Ordnungsämtern funktioniert sehr gut.

Die Nachbarländer Polen und Tschechien melden hohe Infektionszahlen. Kontrolliert die Polizei jetzt im Grenzgebiet häufiger?

Derzeit gibt es an der tschechischen Grenze verstärkte Kontrollen. Das Land gilt als Hochinzidenzgebiet. Die Reisenden halten sich an die Regeln, so unser Eindruck. Während einer Kontrolle haben wir 60 Pkw angehalten, es gab nur einen Verstoß gegen die Regeln.

Ist die Polizei auch an der polnischen Grenze aktiv? Polen gilt als Risikogebiet.

Ja. Aber natürlich gibt es keine regelmäßigen Grenzkontrollen. Wir hatten auch schon Fälle, bei denen ohne triftigen Grund eingereist werden sollte und bei denen dann die Fahrer wieder umgedreht sind.

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