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Wie es jetzt für die Kleingärtner weitergeht

Der Görlitzer Stadtrat hat den Verkauf der Anlagen an Kommwohnen beschlossen. Langfristig bleiben nicht alle Gärten.

Von Ingo Kramer
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Kommwohnen-Geschäftsführer Arne Myckert steht vor den Mietergärten an der Jonas-Cohn-Straße in Weinhübel. Bald übernimmt sein Unternehmen auch die städtischen Kleingartenanlagen.
Kommwohnen-Geschäftsführer Arne Myckert steht vor den Mietergärten an der Jonas-Cohn-Straße in Weinhübel. Bald übernimmt sein Unternehmen auch die städtischen Kleingartenanlagen. © Pawel Sosnowski

Die Worte von Frank Reimann dürften viele Stadträte am Donnerstagabend überrascht haben: Der oberste Görlitzer Kleingärtner sprach sich für eine Reduzierung der Kleingärten in der Stadt aus.

Hintergrund: „Wir haben zehn Prozent Leerstand. Das ist eine große finanzielle Belastung für die anderen Gärten“, erklärte der Vorsitzende und Geschäftsführer des Niederschlesischen Kleingärtnerverbandes den versammelten Räten. Der Bevölkerungsrückgang seit 1990 sei mit einem „zu geringen Abbau der Kleingartenanlagen“ einhergegangen. Deshalb warb Reimann dafür, dass die bisher städtischen Anlagen an die städtische Tochtergesellschaft Kommwohnen verkauft werden. Kommwohnen könne leere Parzellen einer anderen Nutzung zuführen, beispielsweise als Standort für neue Einfamilienhäuser.

Frank Reimann ist Vorsitzender und Geschäftsführer des Niederschlesischen Kleingärtnerverbandes.
Frank Reimann ist Vorsitzender und Geschäftsführer des Niederschlesischen Kleingärtnerverbandes. © Foto: privat

Darüber hinaus gebe es auch viele Kleingärten, die zu nahe an Flussläufen stehen und deshalb rückgebaut werden müssten. Zudem könne Kommwohnen auf nicht mehr benötigten Parzellen Blühwiesen für Bienen anlegen oder auch Streuobstwiesen als Ersatz für Baumfällungen an anderen Stellen im Stadtgebiet.

Zuvor hatte auch Bürgermeister Michael Wieler für den Verkauf geworben. Allerdings aus einem anderen Grund: Die Stadt braucht Geld für einen Ersatzneubau für die marode Kita in der Arndtstraße. Bereits im vergangenen Jahr bewilligte der Landkreis 2,4 Millionen Euro Fördergelder für den Bau auf dem Gelände der einstigen Schwimmhalle auf der Fichtestraße.

Kita kostet knapp 5,2 Millionen Euro

Doch wie bei fast allen Bauprojekten sind die einst geschätzten Kosten durch die Planung völlig überholt worden. Der Bau, wo künftig 40 Krippen- und 80 Kindergartenkinder betreut werden, wird nach heutigem Stand knapp 5,2 Millionen Euro kosten. Die Fördergelder können sich aber nicht erhöhen, denn der Freistaat fördert jeden Platz mit einem festen Betrag, egal, wie sich die Kosten entwickeln. Also muss die Stadt irgendwoher Geld nehmen. So entstand die Idee, die Kleingartenanlagen an Kommwohnen zu verkaufen.

Nach den Appellen von Reimann und Wieler stimmten alle anwesenden Räte für den Deal. „Ich bin selbst Kleingärtner“, erklärte CDU-Stadtrat Matthias Urban: „Mich stimmen die Aussagen froh, dass sich erst einmal nichts ändert für die Kleingärten.“ Tatsächlich hatte Kommwohnen-Chef Arne Myckert zuvor erklärt, dass sein Unternehmen in alle bestehenden Vereinbarungen eintrete. Von seinen Mietern wisse er, dass viele Menschen das Bedürfnis haben, sich eine kleine Oase zu schaffen. Kommwohnen habe in den vergangenen Jahren zahlreiche Mietergärten angelegt.

Es gibt keinen langfristigen Plan

Wieler erklärte, dass die Stadt bisher 20 Prozent der Kleingarten-Mieteinnahmen den Kleingärtnern überlassen habe, um die leeren Gärten bewirtschaften zu können. „Ich gehe davon aus, dass Kommwohnen das genauso macht“, sagt Wieler. Es gebe auch keinen langfristigen Plan, welche Sparte zurückgebaut werden soll.

Ändert sich also für die Kleingärtner wirklich nichts? Erst einmal nicht, bekräftigen alle Beteiligten. Langfristig allerdings, indem nicht mehr benötigte Gärten als Einfamilienhausstandorte genutzt werden können. Aber nicht einfach so: Nach Aussage von Reimann soll ein Beirat gegründet werden. „Eine Umnutzung soll nicht ohne Zustimmung des Beirates möglich sein.“ Wer in diesem Beirat sitzt, steht indes noch nicht fest. Wieler warb dafür, dass sich auch Stadträte dort einbringen sollten.

OB soll mit Kommwohnen verhandeln

Wie viel Geld die Stadt durch den Verkauf erhält, steht noch nicht fest. Stattdessen heißt es im Stadtratsbeschluss, der OB werde beauftragt, mit Kommwohnen über einen Verkauf der städtischen Anlagen zu verhandeln. Allerdings ist schon klar, dass die Stadt deutlich mehr Geld erhält, als sie für den Kita-Neubau braucht. Trotzdem komme es nicht infrage, nur einen Teil der Kleingärten zu verkaufen, sagt Wieler: „Die sollten alle in einer Hand bleiben.“

OB Octavian Ursu (CDU) ergänzt, dass die Stadt auch für andere Baustellen dringend Eigenmittel benötigt, etwa für die anstehenden Schulsanierungen in Königshufen und den Feuerwehr-Neubau an der Cottbuser Straße. Der Kita-Ersatzneubau wird auch von Kleingärten umgeben sein. Und er wird sich ins Bild einfügen. „Ein größerer Teil des Daches ist als Gründach geplant“, erklärt Wieler. Der bündnisgrüne Stadtrat Joachim Schulze forderte zudem eine Prüfung, ob Solaranlagen auf den restlichen Flachdächern errichtet werden können. Wieler will die Görlitzer Stadtwerke fragen, ob sie daran Interesse haben.

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