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"Ich habe über 30.000 Kindern das Schwimmen beigebracht"

Theo Schnappaufs zweites Wohnzimmer ist die Schwimmhalle. Jetzt wird der Kamenzer 80 - und trainiert noch immer Kinder und Jugendliche.

Von Ina Förster
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Theo Schnappauf in seinem Element: Der Kamenzer hat Tausenden Kindern das Schwimmen beigebracht und selbst an vielen Wettkämpfen teilgenommen. Auch mit 80 ist er noch aktiv.
Theo Schnappauf in seinem Element: Der Kamenzer hat Tausenden Kindern das Schwimmen beigebracht und selbst an vielen Wettkämpfen teilgenommen. Auch mit 80 ist er noch aktiv. © Matthias Schumann

Kamenz. Ein Tag ohne Wasser? Fast nicht auszudenken für Theo Schnappauf. Seitdem er laufen kann, schwimmt er auch. Das haben ihm seine Geschwister erzählt. Wenn die Schwimmhalle im Sommer geschlossen ist, geht es halt an den Teufelsberg, einen Steinbruch gleich um die Ecke. Der Kamenzer ist mit Sicherheit deshalb so fit. Am 25. Juni feiert er seinen 80. Geburtstag.

Sicherlich: Die Schultern machen ein bisschen Probleme. Das liegt zum Teil auch an einem sehr bewegten Schwimm-Leben zwischen hartem Training, unzähligen Wettkämpfen, Schulschwimmen und Einsatz beim Wasserrettungsdienst. "Mein Lieblingsstil ist Kraulen", verrät Theo Schnappauf. Kein Wunder, war er doch zeit seines Lebens aktiver Langstreckenschwimmer. 18,5 Kilometer am Stück war die längste Freistrecke, die er absolvierte. Und 15.000 Meter im Becken waren keine Seltenheit...

Sonntags lieber zum Schwimmen als in die Kirche

Doch zurück zum Anfang: Theo Schnappauf stammt aus Leipzig. Als vorletztes von neun Geschwistern wurde er 1942 dort geboren. Ein bisschen hört man ihm den Dialekt immer noch an, obwohl er schon 1966 erst ins Vogtland und zwei Jahre später nach Kamenz zog.

Der jugendliche Theo war schon früh "mit allen Wassern gewaschen", ging mit seinen Kumpels am liebsten Sonntagmorgen ins Stadtbad schwimmen, wenn der Rest der Familie in der Kirche saß. Ein kleiner Rebell sei er gewesen, dem das nasse Element näher war als das Beten, sagt er schmunzelnd.

Bei "Motor Gohlis Nord" machte er seine ersten Wettkampf-Erfahrungen. "Wir hatten traumhafte Bedingungen in Leipzig, es gab ein Schwimmstadion, dazu das Ost- und Westbad. Wir sind auch im glasklaren Elster-Saale-Kanal geschwommen", erinnert sich Theo Schnappauf. Schnell erkannten die Trainer seine Begabung.

Früher auch im Modernen Fünfkampf erfolgreich

Parallel dazu war er bei der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) im Kleinkaliber- und Luftgewehrschießen aktiv. Und erfolgreich. Deutscher Meister war er damals sogar. Nebenbei trainierte er Modernen Fünfkampf in einer Sektion der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig. "Dafür musste man reiten, schwimmen, schießen, laufen und fechten können", sagt er. "Eigentlich musste ich nur noch das Letztere erlernen. Alles andere hatte ich drauf", sagt er lachend.

Ja, Theo Schnappauf war ein Tausendsassa, was den Sport anbelangt. Auch Judoka war er zeitweise. Doch das Training für den Fünfkampf zehrte an den Kräften. Der gelernte Dekorationsmaler musste ja zwischendurch auch arbeiten. "Ich bin täglich fünf Kilometer zur Arbeit und fünf zurück gelaufen. Und nach Feierabend gab's dann zwei Trainingseinheiten. Das hält man nicht lange aus."

Die ganze Familie zog beim Schwimmsport mit

Dafür hatte er ab 1962 eine andere Leidenschaft: Er lernte seine Edeltraud kennen und heiratete sie zwei Jahre später. Das Ehepaar hat eine Tochter und zwei Söhne. Hinzu kamen im Lauf der Zeit neun Enkel und zehn Urenkel. Die Familie war immer Theo Schnappaufs Ruhepol, aber auch Ansporn.

"Alle meine Kinder waren aktiv im Schwimmsport und haben Erfolge eingefahren. Da hat der Papa sich gefreut", sagt er. Seine Frau liebte den Schwimmsport ebenfalls, war auch Rettungsschwimmerin. "Die Schwimmhalle war unser zweites Wohnzimmer, wenn wir uns sehen wollten, dann mussten wir dahin", erzählt Edeltraud Schnappauf lachend.

Schon seit 63 Jahren Übungsleiter

Und wie ihr Mann den eigenen Kindern das Schwimmen beibrachte, so tat er es auch bei über 30.000 anderen Mädchen und Jungen. "Ich habe das mal grob überschlagen, das kommt hin", sagt der Bernbrucher. Bereits in Elsterberg im Vogtland, wo das Paar zwei Jahre lang lebte, bildete er obendrein Mitstreiter für den Wasserrettungsdienst aus. Mittlerweile war der damals 24-Jährige staatlich geprüfter Schwimmmeister.

Zeit seines Lebens ging es Theo Schnappauf immer darum, junge Menschen im Schwimmsport voranzubringen. Oder ihnen wenigstens das Schwimmen beizubringen. Als sein Schwager Günther Ladig, der Sportlehrer war, ihn 1968 nach Kamenz holte, startete er sofort im ehemaligen Stadtbad durch. Nebenbei nahm er ein Fernstudium auf und wurde Sportlehrer. "Allein im kleinen Lehrschwimmbecken im Keller der Lessingschule habe wir unzählige Kinder ausgebildet. Das hatte gerade mal vier mal elf Meter Größe", sagt er.

Theo Schnappauf in seinem Arbeitszimmer, in dem Hunderte Medaillen von nationalen und internationalen Wettkämpfen hängen.
Theo Schnappauf in seinem Arbeitszimmer, in dem Hunderte Medaillen von nationalen und internationalen Wettkämpfen hängen. © Ina Förster

1972 bis 2007 war Theo Schnappauf für fast alle Kamenzer Schulen als Lehrer tätig. Dass es den Schwimmsportunterricht überhaupt gab, hatte die Stadt ihm und seinem Schwager zu verdanken. "Wir haben uns mit dem Schulschwimmzentrum in der Schwimmhalle durchgesetzt", sagt Theo Schnappauf stolz.

Und nebenbei trainierte er den Nachwuchs. Erst bei Einheit Kamenz, später bei der Armeesportvereinigung Vorwärts (ASV). Nach der Wende hob er mit Giso Müller die lokale Triathlon-Staffel mit aus der Taufe, führte lange Zeit den Ostsächsischen Schwimmsportverein Kamenz an. Bis 1990 war er Vorsitzender der Wasserrettungswacht.

"Ich war 63 Jahre lang Übungsleiter. Noch heute trainiere ich die Elf- bis 14-Jährigen", sagt er stolz. In seinem Arbeitszimmer sind Hunderte Medaillen und 40 Pokale von nationalen und internationalen Wettkämpfen zu bewundern.

Was er sich noch wünscht? "Gesundheit für mich und meine Familie. Und dass die Menschen miteinander reden und sich verstehen." Und ab und zu darf es noch ein Wettkampf bei den Masters sein. "Ich hatte über Corona acht Kilo zugenommen, da muss ich unbedingt angreifen", sagt er und lacht.