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Viele Bewerbungen statt Lehrlingsflaute: Womit dieser Salon in Kamenz punktet

Während viele Unternehmen händeringend Lehrlinge suchen, gehen bei der Firma Foerder Beauty & Hair aus Kamenz pro Jahr etwa 20 Bewerbungen ein. Das sind ihre Geheimnisse dafür.

Von Ina Förster
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Foerder Beauty & Hair hat keine Nachwuchssorgen: Die Auszubildenden Lea Meltke, Zoe Hirsch und Shanice Herrmann (v.l.) können sich hier entfalten - auch an Model Kerstin Richter. Auch Coloristin Monique Krahl (r.) fühlt sich wohl im Team.
Foerder Beauty & Hair hat keine Nachwuchssorgen: Die Auszubildenden Lea Meltke, Zoe Hirsch und Shanice Herrmann (v.l.) können sich hier entfalten - auch an Model Kerstin Richter. Auch Coloristin Monique Krahl (r.) fühlt sich wohl im Team. © Matthias Schumann

Kamenz. Vormittag, 9.30 Uhr. Im Salon Foerder Beauty & Hair in Kamenz sind um diese Uhrzeit schon alle Stühle mit Kunden besetzt. Das Terminbuch ist voll. Und das Team arbeitet konzentriert. Darunter auch drei Auszubildende. Der Kamenzer Friseursalon hat seit Jahren keine Nachwuchssorgen. Anderswo sieht es schlechter aus in der Branche.

Die Ausbildung im Friseurhandwerk ist seit Jahren deutschlandweit rückläufig. "Laut Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung bis zum Stichtag 30. September 2022 begannen nur 6.675 junge Menschen eine Friseurausbildung. Das entspricht einem Rückgang von vier Prozent", so Maria Kulak, Pressesprecherin des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks. Sachsenweit waren es konkret 101 Lehrlinge weniger als im Vorjahr. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor.

"Hinzu kommt, dass derzeit nur noch elf Prozent aller Friseurbetriebe ausbilden. Die Nachwuchsproblematik bleibt also die größte Herausforderung für die Zukunft der Branche", sagt die Sprecherin.

Termine im Salon können online gebucht werden

Doch bei Foerder Beauty & Hair in Kamenz gehen jährlich etwa 20 Ausbildungsbewerbungen ein, berichtet Thomas Wockatz. Zweimal pro Woche schaut er im Salon vorbei, seit die Foerder Beauty Hair GmbH & Co. KG 2028 den Kamenzer Friseursalon übernahm. An deren Spitze stehen die Brüder Thomas Wockatz und Sandro Wockatz. Mit ihrer in Kamenz ansässigen Firma "Meisterwechsel" haben sie fünf Firmen in der Oberlausitz in die nächste Generation geführt. Ins Tagesgeschäft reden sie nicht rein, sondern haben dafür fähige Mitarbeiterinnen eingesetzt.

Die aktuellen Foerder-Azubis Lea Meltke, Zoe Hirsch und Shanice Herrmann kommen aus Bischofswerda, Kamenz und Großdubrau. Zwei von ihnen besuchen die staatliche Ausbildungsstätte in Görlitz, eine hat sich für eine selbst bezahlte Privatschule in Berlin entschieden. Sie wird am Ende einen Abschluss als Hair-Beauty-Artist in der Tasche haben. Auch für solche unterschiedliche Wege ist das Kamenzer Unternehmen offen.

"Von der Tradition zur Moderne", laute das Firmen-Credo. Das bedeute vor allem, Handwerk von damals und Digitalisierung von heute zu verbinden. Trainings- und Lernvideos online zu nutzen, sei beispielsweise normal. Ebenso der Service, das Kundinnen und Kunden Termine online buchen können.

Zum Team von Foerder Beauty & Hair gehören auch drei Meisterinnen und drei Auszubildende. Chef Thomas Wockatz redet nicht ins Tagesgeschäft rein, sondern verlässt sich auf seine Mitarbeiterinnen in Kamenz.
Zum Team von Foerder Beauty & Hair gehören auch drei Meisterinnen und drei Auszubildende. Chef Thomas Wockatz redet nicht ins Tagesgeschäft rein, sondern verlässt sich auf seine Mitarbeiterinnen in Kamenz. © PR/Anne Hasselbach

Die Arbeitsatmosphäre begeistert vor allem junge Mitarbeiter. Monique Krahl, die für Marketing und Soziale Medien verantwortlich ist, bestätigt das. Erst vor Kurzem wechselte sie von einem anderen Arbeitgeber in den Kamenzer Salon. Die zertifizierte Coloristin sagt: "Ich durfte kreativ und im Unternehmen aufgabenübergreifend wachsen. Diese besondere Konstellation in der Geschäftsleitung bringt uns allen viele Freiheiten, fordert aber auch eigene Verantwortung", so die 34-Jährige. "Wir schneiden nicht einfach nur Haare ab, sondern können - wenn wir möchten - unsere Stärken in so vielen Bereichen entdecken und nutzen."

Die Zahlen sprechen für das Konzept: Wo andere in der Branche händeringend nach Fachleuten suchen, gibt es bei Foerders kein Problem. "Wir haben aktuell sogar einen leichten Mitarbeiterüberschuss. Insgesamt gehören 15 Frauen zum Team, darunter zwei Meisterinnen. Eine Dritte schloss gerade ihre Meisterschule ab, die sie im Erziehungsjahr absolvierte", so Thomas Wockatz.

Ausbildungsvergütung beginnt bei 700 Euro

Potenzielle Auszubildende durchlaufen drei Stufen: Kennenlernen, erstes Probearbeiten, zweites Probearbeiten mit Eltern-Gespräch. "Wir sehen uns selbst als Familie, da ist dieser Kontakt wichtig", so der Chef.

"Ich habe mich hier beworben, weil es ein angesagter und moderner Salon ist", so Shanice Herrmann. Die anderen Auszubildenden empfinden das ebenso.

Der vermeintlich schlecht bezahlte Beruf der Friseurin sei nach wie vor beliebt - gerade durch Influencer in sozialen Medien, die das Thema Beauty stark bedienen, so Wockatz. Man stelle sich regelmäßig in Schulen oder auf Berufemärkten vor. Auch eine gute Bezahlung helfe gegen Nachwuchssorgen. Azubis steigen ab 700 Euro Ausbildungsvergütung ein.

Sonnabend-Öffnungszeiten wurden abgeschafft

Monique Krahl bringt es auf den Punkt: "Individuell zu sein, ist jungen Leuten heute wichtig. Die Verwirklichung im Job steht ganz oben als Motivation." Doch es gibt weitere Prioritäten. "Es gab eine Mitarbeiterumfrage. Wir wollten wissen, was wichtig ist", berichtet Thomas Wockatz. Die häufigste Antwort: freie Zeit für sich und die Familie. Deshalb wurden bei Foerder Beauty & Hair 2023 die Sonnabend-Öffnungszeiten abgeschafft. Trotz anfänglicher Skepsis habe sich die Idee durchgesetzt.

Obwohl sich der Friseurberuf nach wie vor großer Beliebtheit erfreue, sei die kontinuierliche Modernisierung des Berufsbilds mit neuen Karrieremöglichkeiten unumgänglich, um künftig wieder mehr Nachwuchs für die Branche gewinnen zu können, sagt Verbandssprecherin Maria Kulak. Die Foerders aus Kamenz sind in dieser Hinsicht Vorreiter.